Des Tags wohl zwanzig Meilen, Bis zu dem tiefen Thurm.
"Gott grüß Euch ihr Gefangnen mein, "Ich wünsch Euch guten Tag! "Ich hab für Euch gebeten, "Ich kann Euch nicht erretten, "Es hilft nicht Gut noch Geld."
Was hat sie unter ihrem Schürzelein? Ein Hemdlein war schneeweiß, "Das nimm du Allerliebster mein, "Es soll von mir dein Brauthemd sein, "Darin lieg du im Tod."
Was zog er von dem Finger sein? Ein Ringlein, war von Gold, "Das nimm du Hübsche, du Feine, "Du Allerliebste meine, "Das soll dein Trauring sein."
"Was soll ich mit dem Ringlein thun, "Wenn ichs nicht tragen kan?" "Leg es in Kisten und Kasten, "Und laß es ruhen und rasten "Bis an den jüngsten Tag."
"Und wenn ich über Kisten und Kasten komm, "Und sehe das Ringlein an, "Da darfs ichs nicht anstecken,
4.
Des Tags wohl zwanzig Meilen, Bis zu dem tiefen Thurm.
„Gott gruͤß Euch ihr Gefangnen mein, „Ich wuͤnſch Euch guten Tag! „Ich hab fuͤr Euch gebeten, „Ich kann Euch nicht erretten, „Es hilft nicht Gut noch Geld.“
Was hat ſie unter ihrem Schuͤrzelein? Ein Hemdlein war ſchneeweiß, „Das nimm du Allerliebſter mein, „Es ſoll von mir dein Brauthemd ſein, „Darin lieg du im Tod.“
Was zog er von dem Finger ſein? Ein Ringlein, war von Gold, „Das nimm du Huͤbſche, du Feine, „Du Allerliebſte meine, „Das ſoll dein Trauring ſein.“
„Was ſoll ich mit dem Ringlein thun, „Wenn ichs nicht tragen kan?“ „Leg es in Kiſten und Kaſten, „Und laß es ruhen und raſten „Bis an den juͤngſten Tag.“
„Und wenn ich uͤber Kiſten und Kaſten komm, „Und ſehe das Ringlein an, „Da darfs ichs nicht anſtecken,
4.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="5"><pbfacs="#f0058"n="49"/><l>Des Tags wohl zwanzig Meilen,</l><lb/><l>Bis zu dem tiefen Thurm.</l></lg><lb/><lgn="6"><l>„Gott gruͤß Euch ihr Gefangnen mein,</l><lb/><l>„Ich wuͤnſch Euch guten Tag!</l><lb/><l>„Ich hab fuͤr Euch gebeten,</l><lb/><l>„Ich kann Euch nicht erretten,</l><lb/><l>„Es hilft nicht Gut noch Geld.“</l></lg><lb/><lgn="7"><l>Was hat ſie unter ihrem Schuͤrzelein?</l><lb/><l>Ein Hemdlein war ſchneeweiß,</l><lb/><l>„Das nimm du Allerliebſter mein,</l><lb/><l>„Es ſoll von mir dein Brauthemd ſein,</l><lb/><l>„Darin lieg du im Tod.“</l></lg><lb/><lgn="8"><l>Was zog er von dem Finger ſein?</l><lb/><l>Ein Ringlein, war von Gold,</l><lb/><l>„Das nimm du Huͤbſche, du Feine,</l><lb/><l>„Du Allerliebſte meine,</l><lb/><l>„Das ſoll dein Trauring ſein.“</l></lg><lb/><lgn="9"><l>„Was ſoll ich mit dem Ringlein thun,</l><lb/><l>„Wenn ichs nicht tragen kan?“</l><lb/><l>„Leg es in Kiſten und Kaſten,</l><lb/><l>„Und laß es ruhen und raſten</l><lb/><l>„Bis an den juͤngſten Tag.“</l></lg><lb/><lgn="10"><l>„Und wenn ich uͤber Kiſten und Kaſten komm,</l><lb/><l>„Und ſehe das Ringlein an,</l><lb/><l>„Da darfs ichs nicht anſtecken,</l><lb/><fwplace="bottom"type="sig">4.</fw><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[49/0058]
Des Tags wohl zwanzig Meilen,
Bis zu dem tiefen Thurm.
„Gott gruͤß Euch ihr Gefangnen mein,
„Ich wuͤnſch Euch guten Tag!
„Ich hab fuͤr Euch gebeten,
„Ich kann Euch nicht erretten,
„Es hilft nicht Gut noch Geld.“
Was hat ſie unter ihrem Schuͤrzelein?
Ein Hemdlein war ſchneeweiß,
„Das nimm du Allerliebſter mein,
„Es ſoll von mir dein Brauthemd ſein,
„Darin lieg du im Tod.“
Was zog er von dem Finger ſein?
Ein Ringlein, war von Gold,
„Das nimm du Huͤbſche, du Feine,
„Du Allerliebſte meine,
„Das ſoll dein Trauring ſein.“
„Was ſoll ich mit dem Ringlein thun,
„Wenn ichs nicht tragen kan?“
„Leg es in Kiſten und Kaſten,
„Und laß es ruhen und raſten
„Bis an den juͤngſten Tag.“
„Und wenn ich uͤber Kiſten und Kaſten komm,
„Und ſehe das Ringlein an,
„Da darfs ichs nicht anſtecken,
4.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/58>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.