Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

"Komm' raus, du Hübsche, du Feine,
"Komm nur ein wenig raus."

"Was soll ich aber draussen thun?
"Hab ich ein kurzes Haar!
"Mein Haar ist abgeschnitten,
"Es ist vergangen ein Jahr."
Der Graf entsezt sich in der Still,
Saß da auf einem Stein',
Er weint die hellen Thränen,
Konnt sich nicht wieder freun.
Mit ihren schneeweissen Händelein
Gräbt sie dem Grafen ein Grab,
Aus ihren schwarzbraunen Aeugelein!
Sie ihm das Weihwasser gab.
So muß es allen Junggesellen gehn,
Die trachten nach großem Gut!
Sie hätten als gern schöne Weiber,
Sind aber nicht reich genug.


Rewelge.

Mündlich.

"Des Morgens zwischen dreyn und vieren
"Da müssen wir Soldaten marschieren
"Das Gäßlein auf und ab;

„Komm' raus, du Huͤbſche, du Feine,
„Komm nur ein wenig raus.“

„Was ſoll ich aber drauſſen thun?
„Hab ich ein kurzes Haar!
„Mein Haar iſt abgeſchnitten,
„Es iſt vergangen ein Jahr.“
Der Graf entſezt ſich in der Still,
Saß da auf einem Stein',
Er weint die hellen Thraͤnen,
Konnt ſich nicht wieder freun.
Mit ihren ſchneeweiſſen Haͤndelein
Graͤbt ſie dem Grafen ein Grab,
Aus ihren ſchwarzbraunen Aeugelein!
Sie ihm das Weihwaſſer gab.
So muß es allen Junggeſellen gehn,
Die trachten nach großem Gut!
Sie haͤtten als gern ſchoͤne Weiber,
Sind aber nicht reich genug.


Rewelge.

Muͤndlich.

Des Morgens zwiſchen dreyn und vieren
„Da muͤſſen wir Soldaten marſchieren
„Das Gaͤßlein auf und ab;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="11">
              <pb facs="#f0081" n="72"/>
              <l>&#x201E;Komm' raus, du Hu&#x0364;b&#x017F;che, du Feine,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Komm nur ein wenig raus.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l>&#x201E;Was &#x017F;oll ich aber drau&#x017F;&#x017F;en thun?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Hab ich ein kurzes Haar!</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mein Haar i&#x017F;t abge&#x017F;chnitten,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Es i&#x017F;t vergangen ein Jahr.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="13">
              <l>Der Graf ent&#x017F;ezt &#x017F;ich in der Still,</l><lb/>
              <l>Saß da auf einem Stein',</l><lb/>
              <l>Er weint die hellen Thra&#x0364;nen,</l><lb/>
              <l>Konnt &#x017F;ich nicht wieder freun.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="14">
              <l>Mit ihren &#x017F;chneewei&#x017F;&#x017F;en Ha&#x0364;ndelein</l><lb/>
              <l>Gra&#x0364;bt &#x017F;ie dem Grafen ein Grab,</l><lb/>
              <l>Aus ihren &#x017F;chwarzbraunen Aeugelein!</l><lb/>
              <l>Sie ihm das Weihwa&#x017F;&#x017F;er gab.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="15">
              <l>So muß es allen Jungge&#x017F;ellen gehn,</l><lb/>
              <l>Die trachten nach großem Gut!</l><lb/>
              <l>Sie ha&#x0364;tten als gern &#x017F;cho&#x0364;ne Weiber,</l><lb/>
              <l>Sind aber nicht reich genug.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Rewelge</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">Mu&#x0364;ndlich.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>&#x201E;<hi rendition="#in">D</hi>es Morgens zwi&#x017F;chen dreyn und vieren</l><lb/>
              <l>&#x201E;Da mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir Soldaten mar&#x017F;chieren</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das Ga&#x0364;ßlein auf und ab;</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0081] „Komm' raus, du Huͤbſche, du Feine, „Komm nur ein wenig raus.“ „Was ſoll ich aber drauſſen thun? „Hab ich ein kurzes Haar! „Mein Haar iſt abgeſchnitten, „Es iſt vergangen ein Jahr.“ Der Graf entſezt ſich in der Still, Saß da auf einem Stein', Er weint die hellen Thraͤnen, Konnt ſich nicht wieder freun. Mit ihren ſchneeweiſſen Haͤndelein Graͤbt ſie dem Grafen ein Grab, Aus ihren ſchwarzbraunen Aeugelein! Sie ihm das Weihwaſſer gab. So muß es allen Junggeſellen gehn, Die trachten nach großem Gut! Sie haͤtten als gern ſchoͤne Weiber, Sind aber nicht reich genug. Rewelge. Muͤndlich. „Des Morgens zwiſchen dreyn und vieren „Da muͤſſen wir Soldaten marſchieren „Das Gaͤßlein auf und ab;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/81
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/81>, abgerufen am 21.11.2024.