Wann er dann in die Kirche geht, auf ein Fuß kniet er nieder, Er macht kein Kreuz, spricht kein Gebet, er gafft nur hin und wieder, Er dreht sein Bart zusammen hart, streicht die Razzen- schnauz zur Seiten, Gar weit von hinn mit feinem Sinn thut er spazieren reiten.
Sein Red' ist lauter Phantasie, viel schwätzen und viel lügen, Er lügt daher ohn alle Scheu, bis sich die Balken biegen, Erzählet frei, wie daß er sey in fremdem Land' ge- wesen, Er könn viel Sprach, kann allem nach ja kaum ein Buch- stab lesen.
Er lügt daher manch Ritterthat, die er nit hat be- gangen, Wie er belagert jene Stadt und jenen Kriegsmann g'fangen, In einem Streich hab er zugleich zwei Kürassier er- schlagen, Kein todten Hund hat er verwundt, er thet daran ver- zagen.
Wann er dann auf die Fechtschul geht, sich da zu exerziren, Und einer ihm entgegen steht, die Wehr thut presen- tiren,
Wann er dann in die Kirche geht, auf ein Fuß kniet er nieder, Er macht kein Kreuz, ſpricht kein Gebet, er gafft nur hin und wieder, Er dreht ſein Bart zuſammen hart, ſtreicht die Razzen- ſchnauz zur Seiten, Gar weit von hinn mit feinem Sinn thut er ſpazieren reiten.
Sein Red' iſt lauter Phantaſie, viel ſchwaͤtzen und viel luͤgen, Er luͤgt daher ohn alle Scheu, bis ſich die Balken biegen, Erzaͤhlet frei, wie daß er ſey in fremdem Land' ge- weſen, Er koͤnn viel Sprach, kann allem nach ja kaum ein Buch- ſtab leſen.
Er luͤgt daher manch Ritterthat, die er nit hat be- gangen, Wie er belagert jene Stadt und jenen Kriegsmann g'fangen, In einem Streich hab er zugleich zwei Kuͤraſſier er- ſchlagen, Kein todten Hund hat er verwundt, er thet daran ver- zagen.
Wann er dann auf die Fechtſchul geht, ſich da zu exerziren, Und einer ihm entgegen ſteht, die Wehr thut preſen- tiren,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0100"n="88"/><lgn="21"><l>Wann er dann in die Kirche geht, auf ein Fuß kniet er</l><lb/><l>nieder,</l><lb/><l>Er macht kein Kreuz, ſpricht kein Gebet, er gafft nur hin</l><lb/><l>und wieder,</l><lb/><l>Er dreht ſein Bart zuſammen hart, ſtreicht die Razzen-</l><lb/><l>ſchnauz zur Seiten,</l><lb/><l>Gar weit von hinn mit feinem Sinn thut er ſpazieren</l><lb/><l>reiten.</l></lg><lb/><lgn="22"><l>Sein Red' iſt lauter Phantaſie, viel ſchwaͤtzen und viel</l><lb/><l>luͤgen,</l><lb/><l>Er luͤgt daher ohn alle Scheu, bis ſich die Balken</l><lb/><l>biegen,</l><lb/><l>Erzaͤhlet frei, wie daß er ſey in fremdem Land' ge-</l><lb/><l>weſen,</l><lb/><l>Er koͤnn viel Sprach, kann allem nach ja kaum ein Buch-</l><lb/><l>ſtab leſen.</l></lg><lb/><lgn="23"><l>Er luͤgt daher manch Ritterthat, die er nit hat be-</l><lb/><l>gangen,</l><lb/><l>Wie er belagert jene Stadt und jenen Kriegsmann</l><lb/><l>g'fangen,</l><lb/><l>In einem Streich hab er zugleich zwei Kuͤraſſier er-</l><lb/><l>ſchlagen,</l><lb/><l>Kein todten Hund hat er verwundt, er thet daran ver-</l><lb/><l>zagen.</l></lg><lb/><lgn="24"><l>Wann er dann auf die Fechtſchul geht, ſich da zu</l><lb/><l>exerziren,</l><lb/><l>Und einer ihm entgegen ſteht, die Wehr thut preſen-</l><lb/><l>tiren,</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[88/0100]
Wann er dann in die Kirche geht, auf ein Fuß kniet er
nieder,
Er macht kein Kreuz, ſpricht kein Gebet, er gafft nur hin
und wieder,
Er dreht ſein Bart zuſammen hart, ſtreicht die Razzen-
ſchnauz zur Seiten,
Gar weit von hinn mit feinem Sinn thut er ſpazieren
reiten.
Sein Red' iſt lauter Phantaſie, viel ſchwaͤtzen und viel
luͤgen,
Er luͤgt daher ohn alle Scheu, bis ſich die Balken
biegen,
Erzaͤhlet frei, wie daß er ſey in fremdem Land' ge-
weſen,
Er koͤnn viel Sprach, kann allem nach ja kaum ein Buch-
ſtab leſen.
Er luͤgt daher manch Ritterthat, die er nit hat be-
gangen,
Wie er belagert jene Stadt und jenen Kriegsmann
g'fangen,
In einem Streich hab er zugleich zwei Kuͤraſſier er-
ſchlagen,
Kein todten Hund hat er verwundt, er thet daran ver-
zagen.
Wann er dann auf die Fechtſchul geht, ſich da zu
exerziren,
Und einer ihm entgegen ſteht, die Wehr thut preſen-
tiren,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/100>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.