Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Lenore.

(Bürger hörte dieses Lied Nachts in einem Nebenzimmer.)

Es stehn die Stern am Himmel,
Es scheint der Mond so hell,
Die Todten reiten schnell:
Mach auf mein Schatz dein Fenster,
Laß mich zu dir hinein,
Kann nicht lang bey dir seyn;
Der Hahn der thät schon krähen,
Er singt uns an den Tag,
Nicht lang mehr bleiben mag.
Weit bin ich her geritten,
Zweihundert Meilen weit,
Muß ich noch reiten heut;
Herzallerliebste meine!
Komm setz dich auf mein Pferd,
Der Weg ist reitens werth:
Dort drin im Ungerlande
Hab ich ein kleines Haus,
Da geht mein Weg hinaus.
Auf einer grünen Haide,
Da ist mein Haus gebaut,
Für mich und meine Braut.
Laß mich nicht lang mehr warten,
Komm Schatz zu mir herauf,
Weil fort geht unser Lauf.

Lenore.

(Buͤrger hoͤrte dieſes Lied Nachts in einem Nebenzimmer.)

Es ſtehn die Stern am Himmel,
Es ſcheint der Mond ſo hell,
Die Todten reiten ſchnell:
Mach auf mein Schatz dein Fenſter,
Laß mich zu dir hinein,
Kann nicht lang bey dir ſeyn;
Der Hahn der thaͤt ſchon kraͤhen,
Er ſingt uns an den Tag,
Nicht lang mehr bleiben mag.
Weit bin ich her geritten,
Zweihundert Meilen weit,
Muß ich noch reiten heut;
Herzallerliebſte meine!
Komm ſetz dich auf mein Pferd,
Der Weg iſt reitens werth:
Dort drin im Ungerlande
Hab ich ein kleines Haus,
Da geht mein Weg hinaus.
Auf einer gruͤnen Haide,
Da iſt mein Haus gebaut,
Fuͤr mich und meine Braut.
Laß mich nicht lang mehr warten,
Komm Schatz zu mir herauf,
Weil fort geht unſer Lauf.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0031" n="19"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Lenore</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">(Bu&#x0364;rger ho&#x0364;rte die&#x017F;es Lied Nachts in einem Nebenzimmer.)</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>s &#x017F;tehn die Stern am Himmel,</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;cheint der Mond &#x017F;o hell,</l><lb/>
              <l>Die Todten reiten &#x017F;chnell:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Mach auf mein Schatz dein Fen&#x017F;ter,</l><lb/>
              <l>Laß mich zu dir hinein,</l><lb/>
              <l>Kann nicht lang bey dir &#x017F;eyn;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Der Hahn der tha&#x0364;t &#x017F;chon kra&#x0364;hen,</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;ingt uns an den Tag,</l><lb/>
              <l>Nicht lang mehr bleiben mag.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Weit bin ich her geritten,</l><lb/>
              <l>Zweihundert Meilen weit,</l><lb/>
              <l>Muß ich noch reiten heut;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Herzallerlieb&#x017F;te meine!</l><lb/>
              <l>Komm &#x017F;etz dich auf mein Pferd,</l><lb/>
              <l>Der Weg i&#x017F;t reitens werth:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Dort drin im Ungerlande</l><lb/>
              <l>Hab ich ein kleines Haus,</l><lb/>
              <l>Da geht mein Weg hinaus.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Auf einer gru&#x0364;nen Haide,</l><lb/>
              <l>Da i&#x017F;t mein Haus gebaut,</l><lb/>
              <l>Fu&#x0364;r mich und meine Braut.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Laß mich nicht lang mehr warten,</l><lb/>
              <l>Komm Schatz zu mir herauf,</l><lb/>
              <l>Weil fort geht un&#x017F;er Lauf.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0031] Lenore. (Buͤrger hoͤrte dieſes Lied Nachts in einem Nebenzimmer.) Es ſtehn die Stern am Himmel, Es ſcheint der Mond ſo hell, Die Todten reiten ſchnell: Mach auf mein Schatz dein Fenſter, Laß mich zu dir hinein, Kann nicht lang bey dir ſeyn; Der Hahn der thaͤt ſchon kraͤhen, Er ſingt uns an den Tag, Nicht lang mehr bleiben mag. Weit bin ich her geritten, Zweihundert Meilen weit, Muß ich noch reiten heut; Herzallerliebſte meine! Komm ſetz dich auf mein Pferd, Der Weg iſt reitens werth: Dort drin im Ungerlande Hab ich ein kleines Haus, Da geht mein Weg hinaus. Auf einer gruͤnen Haide, Da iſt mein Haus gebaut, Fuͤr mich und meine Braut. Laß mich nicht lang mehr warten, Komm Schatz zu mir herauf, Weil fort geht unſer Lauf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/31
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/31>, abgerufen am 03.12.2024.