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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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Er thät dem Annely winken,
O Annelin, liebstes Annelin mein,
Hilf mir den Wein austrinken.

Und da der Wein austrunken war,
Da kam ein grober Bauer dar,
Er bracht dem Müller Säcke,
Der Müller dacht in seinem Sinn,
Hätt Korn ich drein gemessen.
Der Müller in die Mühle trat,
Er wünscht den Säcken guten Tag,
Thät in die Lauten schlagen,
Und welcher Sack nit tanzen will,
Den nimmt er bei dem Kragen.
Das Bäurlein in die Mühle trat,
Er wünscht dem Müller guten Tag,
Darzu ein guten Morgen,
Dank hab, Dank hab du grober Baur,
Was willstu bei mir holen.
Das Bauerlein in die Mühle schreit,
Müller hast mir das Mehl bereit?
Du hast mirs halber gestolen,
Du lügst, du lügst du grober Bauer,
Ist mir in der Mühl verstoben.
Das Bäurlein aus der Mühle trat,
Das Annelein ihm die Wahrheit sagt,
Du hast der Kleie vergessen,
Ach nein, ach nein, liebs Annelin,
Des Müllers Schwein han's gessen.

Er thaͤt dem Annely winken,
O Annelin, liebſtes Annelin mein,
Hilf mir den Wein austrinken.

Und da der Wein austrunken war,
Da kam ein grober Bauer dar,
Er bracht dem Muͤller Saͤcke,
Der Muͤller dacht in ſeinem Sinn,
Haͤtt Korn ich drein gemeſſen.
Der Muͤller in die Muͤhle trat,
Er wuͤnſcht den Saͤcken guten Tag,
Thaͤt in die Lauten ſchlagen,
Und welcher Sack nit tanzen will,
Den nimmt er bei dem Kragen.
Das Baͤurlein in die Muͤhle trat,
Er wuͤnſcht dem Muͤller guten Tag,
Darzu ein guten Morgen,
Dank hab, Dank hab du grober Baur,
Was willſtu bei mir holen.
Das Bauerlein in die Muͤhle ſchreit,
Muͤller haſt mir das Mehl bereit?
Du haſt mirs halber geſtolen,
Du luͤgſt, du luͤgſt du grober Bauer,
Iſt mir in der Muͤhl verſtoben.
Das Baͤurlein aus der Muͤhle trat,
Das Annelein ihm die Wahrheit ſagt,
Du haſt der Kleie vergeſſen,
Ach nein, ach nein, liebs Annelin,
Des Muͤllers Schwein han's geſſen.

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[394/0406] Er thaͤt dem Annely winken, O Annelin, liebſtes Annelin mein, Hilf mir den Wein austrinken. Und da der Wein austrunken war, Da kam ein grober Bauer dar, Er bracht dem Muͤller Saͤcke, Der Muͤller dacht in ſeinem Sinn, Haͤtt Korn ich drein gemeſſen. Der Muͤller in die Muͤhle trat, Er wuͤnſcht den Saͤcken guten Tag, Thaͤt in die Lauten ſchlagen, Und welcher Sack nit tanzen will, Den nimmt er bei dem Kragen. Das Baͤurlein in die Muͤhle trat, Er wuͤnſcht dem Muͤller guten Tag, Darzu ein guten Morgen, Dank hab, Dank hab du grober Baur, Was willſtu bei mir holen. Das Bauerlein in die Muͤhle ſchreit, Muͤller haſt mir das Mehl bereit? Du haſt mirs halber geſtolen, Du luͤgſt, du luͤgſt du grober Bauer, Iſt mir in der Muͤhl verſtoben. Das Baͤurlein aus der Muͤhle trat, Das Annelein ihm die Wahrheit ſagt, Du haſt der Kleie vergeſſen, Ach nein, ach nein, liebs Annelin, Des Muͤllers Schwein han's geſſen.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/406>, abgerufen am 22.11.2024.