Klagred des Gott Bachus, daß der Wein edel worden ist. 1545.
Bachus.
Ich bin der Gott Bachus genannt, Den guten Schluckern wohlbekannt, Die dienten mir ein lange Zeit; Die Fürsten, Herrn und Edelleut, Dazu Mönche und auch Pfaffen, Haben mit mir viel zu schaffen. Allweg hat man mit mir groß Freud, Man brauchet mich auch gegen Leid. Durch mich hat mancher viel gewagt, So er sonst war so gar verzagt, Ich thäts als frey mit Hülf und Rath, Des Weines war da früh und spat, Man sang, man sprang, man rang dazu, Durch mich hat man kein Rast noch Ruh Mit Geigen, Pfeifen, Saitenspiel, Kein Schimpf noch Scherz war mir zu viel. Ich richt auch etwan zu Unrug, Daß einer den andern weicher schlug; Und aber jetzt, zu dieser Frist, Ein ander Rüstung worden ist. Seither der Wein ist edel worden, Will er nicht mehr in gemeinen Orden, Gesellt sich stets zu großen Herren, Die allweg ohne Trauren zehren. Vor Zeiten war man wohlgemuth, Ob es schon allweg nicht war gut,
Klagred des Gott Bachus, daß der Wein edel worden iſt. 1545.
Bachus.
Ich bin der Gott Bachus genannt, Den guten Schluckern wohlbekannt, Die dienten mir ein lange Zeit; Die Fuͤrſten, Herrn und Edelleut, Dazu Moͤnche und auch Pfaffen, Haben mit mir viel zu ſchaffen. Allweg hat man mit mir groß Freud, Man brauchet mich auch gegen Leid. Durch mich hat mancher viel gewagt, So er ſonſt war ſo gar verzagt, Ich thaͤts als frey mit Huͤlf und Rath, Des Weines war da fruͤh und ſpat, Man ſang, man ſprang, man rang dazu, Durch mich hat man kein Raſt noch Ruh Mit Geigen, Pfeifen, Saitenſpiel, Kein Schimpf noch Scherz war mir zu viel. Ich richt auch etwan zu Unrug, Daß einer den andern weicher ſchlug; Und aber jetzt, zu dieſer Friſt, Ein ander Ruͤſtung worden iſt. Seither der Wein iſt edel worden, Will er nicht mehr in gemeinen Orden, Geſellt ſich ſtets zu großen Herren, Die allweg ohne Trauren zehren. Vor Zeiten war man wohlgemuth, Ob es ſchon allweg nicht war gut,
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Klagred des Gott Bachus, daß der Wein
edel worden iſt. 1545.
Bachus.
Ich bin der Gott Bachus genannt,
Den guten Schluckern wohlbekannt,
Die dienten mir ein lange Zeit;
Die Fuͤrſten, Herrn und Edelleut,
Dazu Moͤnche und auch Pfaffen,
Haben mit mir viel zu ſchaffen.
Allweg hat man mit mir groß Freud,
Man brauchet mich auch gegen Leid.
Durch mich hat mancher viel gewagt,
So er ſonſt war ſo gar verzagt,
Ich thaͤts als frey mit Huͤlf und Rath,
Des Weines war da fruͤh und ſpat,
Man ſang, man ſprang, man rang dazu,
Durch mich hat man kein Raſt noch Ruh
Mit Geigen, Pfeifen, Saitenſpiel,
Kein Schimpf noch Scherz war mir zu viel.
Ich richt auch etwan zu Unrug,
Daß einer den andern weicher ſchlug;
Und aber jetzt, zu dieſer Friſt,
Ein ander Ruͤſtung worden iſt.
Seither der Wein iſt edel worden,
Will er nicht mehr in gemeinen Orden,
Geſellt ſich ſtets zu großen Herren,
Die allweg ohne Trauren zehren.
Vor Zeiten war man wohlgemuth,
Ob es ſchon allweg nicht war gut,
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/52>, abgerufen am 16.02.2025.
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