Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.Sie ließ ein Eisen machen bald, Einst sprach er: Gieb mir her die Ell. Da bracht sie ihm Lissabonisch Oehl; Mehr sagt er: Dieses Kleid zertrenn, Und sie verstand, das Kleid verbrenn. Alsbald warf sie dasselb ins Feuer, Das kam den Schneider gar sehr theuer; Er hieß sie bringen ander Tuch Zum Kleid, sie aber bracht ein Buch. Er hieß sie früher aufzustehn, Zur Predigt in die Kirch zu gehn; Die Kinder überbringen hin, Zur Schule was zu lernen drinn. Die Kinder in die Kirch sie führte, Sie aber in der Schul studierte; Einst folgt er ihr nach auf dem Fuß, Und sah was, das ihm bracht Verdruß. Als sie zu Hause wieder kam, Geschwind er die Flachshechel nahm; Schlug ihr damit den Kopf und Leib, O weh! was thust du, sprach das Weib. Er sprach: Ich muß mich nur bemühen, Den Flachs fein durch die Hechel ziehen: Sie ließ ein Eiſen machen bald, Einſt ſprach er: Gieb mir her die Ell. Da bracht ſie ihm Liſſaboniſch Oehl; Mehr ſagt er: Dieſes Kleid zertrenn, Und ſie verſtand, das Kleid verbrenn. Alsbald warf ſie daſſelb ins Feuer, Das kam den Schneider gar ſehr theuer; Er hieß ſie bringen ander Tuch Zum Kleid, ſie aber bracht ein Buch. Er hieß ſie fruͤher aufzuſtehn, Zur Predigt in die Kirch zu gehn; Die Kinder uͤberbringen hin, Zur Schule was zu lernen drinn. Die Kinder in die Kirch ſie fuͤhrte, Sie aber in der Schul ſtudierte; Einſt folgt er ihr nach auf dem Fuß, Und ſah was, das ihm bracht Verdruß. Als ſie zu Hauſe wieder kam, Geſchwind er die Flachshechel nahm; Schlug ihr damit den Kopf und Leib, O weh! was thuſt du, ſprach das Weib. Er ſprach: Ich muß mich nur bemuͤhen, Den Flachs fein durch die Hechel ziehen: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <pb facs="#f0106" n="96"/> <l>Sie ließ ein Eiſen machen bald,</l><lb/> <l>Der Schmied brachts hin, da war es kalt.</l><lb/> <l>Er ſprach: Ich hab zuvor genug Eiſen,</l><lb/> <l>Ich hab kein neues machen heißen;</l><lb/> <l>Mein Weib mich nimmer recht verſteht,</l><lb/> <l>Mit allem ſie den Krebsgang geht.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Einſt ſprach er: Gieb mir her die Ell.</l><lb/> <l>Da bracht ſie ihm Liſſaboniſch Oehl;</l><lb/> <l>Mehr ſagt er: Dieſes Kleid zertrenn,</l><lb/> <l>Und ſie verſtand, das Kleid verbrenn.</l><lb/> <l>Alsbald warf ſie daſſelb ins Feuer,</l><lb/> <l>Das kam den Schneider gar ſehr theuer;</l><lb/> <l>Er hieß ſie bringen ander Tuch</l><lb/> <l>Zum Kleid, ſie aber bracht ein Buch.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Er hieß ſie fruͤher aufzuſtehn,</l><lb/> <l>Zur Predigt in die Kirch zu gehn;</l><lb/> <l>Die Kinder uͤberbringen hin,</l><lb/> <l>Zur Schule was zu lernen drinn.</l><lb/> <l>Die Kinder in die Kirch ſie fuͤhrte,</l><lb/> <l>Sie aber in der Schul ſtudierte;</l><lb/> <l>Einſt folgt er ihr nach auf dem Fuß,</l><lb/> <l>Und ſah was, das ihm bracht Verdruß.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Als ſie zu Hauſe wieder kam,</l><lb/> <l>Geſchwind er die Flachshechel nahm;</l><lb/> <l>Schlug ihr damit den Kopf und Leib,</l><lb/> <l>O weh! was thuſt du, ſprach das Weib.</l><lb/> <l>Er ſprach: Ich muß mich nur bemuͤhen,</l><lb/> <l>Den Flachs fein durch die Hechel ziehen:</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0106]
Sie ließ ein Eiſen machen bald,
Der Schmied brachts hin, da war es kalt.
Er ſprach: Ich hab zuvor genug Eiſen,
Ich hab kein neues machen heißen;
Mein Weib mich nimmer recht verſteht,
Mit allem ſie den Krebsgang geht.
Einſt ſprach er: Gieb mir her die Ell.
Da bracht ſie ihm Liſſaboniſch Oehl;
Mehr ſagt er: Dieſes Kleid zertrenn,
Und ſie verſtand, das Kleid verbrenn.
Alsbald warf ſie daſſelb ins Feuer,
Das kam den Schneider gar ſehr theuer;
Er hieß ſie bringen ander Tuch
Zum Kleid, ſie aber bracht ein Buch.
Er hieß ſie fruͤher aufzuſtehn,
Zur Predigt in die Kirch zu gehn;
Die Kinder uͤberbringen hin,
Zur Schule was zu lernen drinn.
Die Kinder in die Kirch ſie fuͤhrte,
Sie aber in der Schul ſtudierte;
Einſt folgt er ihr nach auf dem Fuß,
Und ſah was, das ihm bracht Verdruß.
Als ſie zu Hauſe wieder kam,
Geſchwind er die Flachshechel nahm;
Schlug ihr damit den Kopf und Leib,
O weh! was thuſt du, ſprach das Weib.
Er ſprach: Ich muß mich nur bemuͤhen,
Den Flachs fein durch die Hechel ziehen:
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