Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Diese Dirne hat beflecket
Ihr geschenktes, schön geschmücktes jungfräuliches Eh-
renkleid;
Und mit Schmach und Hohn bedecket,
Die dem Lamme auf die Hochzeit ist zum Weibe zu-
bereit.
Stolze Dirne nicht verweile,
Die da auf den vielen, vielen, vielen grossen Wassern
sitzt;
Und mit Angeln und am Seile
Ganze Völker zu sich ziehet, und in schnöder Brunst
erhitzt.
Zion siehet auf den Straßen
Die entblößten und geschminkten stolzen Töchter Ba-
bels an;
Wie sie sich beschauen lassen,
König, Priester, hoch und niedrig haben ihre Lust
daran.
Auf dem Lande, in den Städten
Hat die Dirne mit dem Becher, alle Heyden toll ge-
macht;
Sie stolzieren in den Ketten,
Haben sie als Schicksalsgöttin, sich als Götzen hoch
geacht.
Zions Schöpfer schaut vom Himmel
Auf die vollen, tollen Heyden und sein heilig Herz
entbrennt;
3. Band. 14.
Dieſe Dirne hat beflecket
Ihr geſchenktes, ſchoͤn geſchmuͤcktes jungfraͤuliches Eh-
renkleid;
Und mit Schmach und Hohn bedecket,
Die dem Lamme auf die Hochzeit iſt zum Weibe zu-
bereit.
Stolze Dirne nicht verweile,
Die da auf den vielen, vielen, vielen groſſen Waſſern
ſitzt;
Und mit Angeln und am Seile
Ganze Voͤlker zu ſich ziehet, und in ſchnoͤder Brunſt
erhitzt.
Zion ſiehet auf den Straßen
Die entbloͤßten und geſchminkten ſtolzen Toͤchter Ba-
bels an;
Wie ſie ſich beſchauen laſſen,
Koͤnig, Prieſter, hoch und niedrig haben ihre Luſt
daran.
Auf dem Lande, in den Staͤdten
Hat die Dirne mit dem Becher, alle Heyden toll ge-
macht;
Sie ſtolzieren in den Ketten,
Haben ſie als Schickſalsgoͤttin, ſich als Goͤtzen hoch
geacht.
Zions Schoͤpfer ſchaut vom Himmel
Auf die vollen, tollen Heyden und ſein heilig Herz
entbrennt;
3. Band. 14.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0219" n="209"/>
            <lg n="2">
              <l>Die&#x017F;e Dirne hat beflecket</l><lb/>
              <l>Ihr ge&#x017F;chenktes, &#x017F;cho&#x0364;n ge&#x017F;chmu&#x0364;cktes jungfra&#x0364;uliches Eh-</l><lb/>
              <l>renkleid;</l><lb/>
              <l>Und mit Schmach und Hohn bedecket,</l><lb/>
              <l>Die dem Lamme auf die Hochzeit i&#x017F;t zum Weibe zu-</l><lb/>
              <l>bereit.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Stolze Dirne nicht verweile,</l><lb/>
              <l>Die da auf den vielen, vielen, vielen gro&#x017F;&#x017F;en Wa&#x017F;&#x017F;ern</l><lb/>
              <l>&#x017F;itzt;</l><lb/>
              <l>Und mit Angeln und am Seile</l><lb/>
              <l>Ganze Vo&#x0364;lker zu &#x017F;ich ziehet, und in &#x017F;chno&#x0364;der Brun&#x017F;t</l><lb/>
              <l>erhitzt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Zion &#x017F;iehet auf den Straßen</l><lb/>
              <l>Die entblo&#x0364;ßten und ge&#x017F;chminkten &#x017F;tolzen To&#x0364;chter Ba-</l><lb/>
              <l>bels an;</l><lb/>
              <l>Wie &#x017F;ie &#x017F;ich be&#x017F;chauen la&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Ko&#x0364;nig, Prie&#x017F;ter, hoch und niedrig haben ihre Lu&#x017F;t</l><lb/>
              <l>daran.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Auf dem Lande, in den Sta&#x0364;dten</l><lb/>
              <l>Hat die Dirne mit dem Becher, alle Heyden toll ge-</l><lb/>
              <l>macht;</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;tolzieren in den Ketten,</l><lb/>
              <l>Haben &#x017F;ie als Schick&#x017F;alsgo&#x0364;ttin, &#x017F;ich als Go&#x0364;tzen hoch</l><lb/>
              <l>geacht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Zions Scho&#x0364;pfer &#x017F;chaut vom Himmel</l><lb/>
              <l>Auf die vollen, tollen Heyden und &#x017F;ein heilig Herz</l><lb/>
              <l>entbrennt;</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">3. <hi rendition="#g">Band</hi>. 14.</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0219] Dieſe Dirne hat beflecket Ihr geſchenktes, ſchoͤn geſchmuͤcktes jungfraͤuliches Eh- renkleid; Und mit Schmach und Hohn bedecket, Die dem Lamme auf die Hochzeit iſt zum Weibe zu- bereit. Stolze Dirne nicht verweile, Die da auf den vielen, vielen, vielen groſſen Waſſern ſitzt; Und mit Angeln und am Seile Ganze Voͤlker zu ſich ziehet, und in ſchnoͤder Brunſt erhitzt. Zion ſiehet auf den Straßen Die entbloͤßten und geſchminkten ſtolzen Toͤchter Ba- bels an; Wie ſie ſich beſchauen laſſen, Koͤnig, Prieſter, hoch und niedrig haben ihre Luſt daran. Auf dem Lande, in den Staͤdten Hat die Dirne mit dem Becher, alle Heyden toll ge- macht; Sie ſtolzieren in den Ketten, Haben ſie als Schickſalsgoͤttin, ſich als Goͤtzen hoch geacht. Zions Schoͤpfer ſchaut vom Himmel Auf die vollen, tollen Heyden und ſein heilig Herz entbrennt; 3. Band. 14.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/219
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/219>, abgerufen am 18.05.2024.