Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Berggesell.

(1500-50)

Wär ich ein wilder Falke.
So wollt ich mich schwingen auf,
Ich wollt mich nieder lassen,
Für eins Reichen Bürgers Haus.
Darinn ist ein Mägdelein,
Madlena ist sie genannt,
So hab ich alle meine Tag
Kein schöners brauns Mägdlein erkannt.
An einem Montag es geschah,
An einem Montag früh,
Da sah man die schöne Madlena,
Zu dem Obern Thor ausgehn.
Da fragten sie die Zarten:
Madlena, wo willt du hin?
In meines Vaters Garten,
Da ich nächten gewesen bin.
Und da sie in den Garten kam,
Wohl in den Garten einlief,
Da lag ein schöner junger G'sell,
Unter einer Linden und schlief.
Steh auf junger Geselle,
Steh auf, denn es ist Zeit,
Ich hör die Schlüssel klingen,
Mein Mütterlein ist nicht weit.

Der Berggeſell.

(1500–50)

Waͤr ich ein wilder Falke.
So wollt ich mich ſchwingen auf,
Ich wollt mich nieder laſſen,
Fuͤr eins Reichen Buͤrgers Haus.
Darinn iſt ein Maͤgdelein,
Madlena iſt ſie genannt,
So hab ich alle meine Tag
Kein ſchoͤners brauns Maͤgdlein erkannt.
An einem Montag es geſchah,
An einem Montag fruͤh,
Da ſah man die ſchoͤne Madlena,
Zu dem Obern Thor ausgehn.
Da fragten ſie die Zarten:
Madlena, wo willt du hin?
In meines Vaters Garten,
Da ich naͤchten geweſen bin.
Und da ſie in den Garten kam,
Wohl in den Garten einlief,
Da lag ein ſchoͤner junger G'ſell,
Unter einer Linden und ſchlief.
Steh auf junger Geſelle,
Steh auf, denn es iſt Zeit,
Ich hoͤr die Schluͤſſel klingen,
Mein Muͤtterlein iſt nicht weit.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0035" n="25"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Der Bergge&#x017F;ell</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">(1500&#x2013;50)</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>a&#x0364;r ich ein wilder Falke.</l><lb/>
              <l>So wollt ich mich &#x017F;chwingen auf,</l><lb/>
              <l>Ich wollt mich nieder la&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Fu&#x0364;r eins Reichen Bu&#x0364;rgers Haus.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Darinn i&#x017F;t ein Ma&#x0364;gdelein,</l><lb/>
              <l>Madlena i&#x017F;t &#x017F;ie genannt,</l><lb/>
              <l>So hab ich alle meine Tag</l><lb/>
              <l>Kein &#x017F;cho&#x0364;ners brauns Ma&#x0364;gdlein erkannt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>An einem Montag es ge&#x017F;chah,</l><lb/>
              <l>An einem Montag fru&#x0364;h,</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;ah man die &#x017F;cho&#x0364;ne Madlena,</l><lb/>
              <l>Zu dem Obern Thor ausgehn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Da fragten &#x017F;ie die Zarten:</l><lb/>
              <l>Madlena, wo willt <choice><sic>dn</sic><corr>du</corr></choice> hin?</l><lb/>
              <l>In meines Vaters Garten,</l><lb/>
              <l>Da ich na&#x0364;chten gewe&#x017F;en bin.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Und da &#x017F;ie in den Garten kam,</l><lb/>
              <l>Wohl in den Garten einlief,</l><lb/>
              <l>Da lag ein &#x017F;cho&#x0364;ner junger G'&#x017F;ell,</l><lb/>
              <l>Unter einer Linden und &#x017F;chlief.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Steh auf junger Ge&#x017F;elle,</l><lb/>
              <l>Steh auf, denn es i&#x017F;t Zeit,</l><lb/>
              <l>Ich ho&#x0364;r die Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el klingen,</l><lb/>
              <l>Mein Mu&#x0364;tterlein i&#x017F;t nicht weit.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0035] Der Berggeſell. (1500–50) Waͤr ich ein wilder Falke. So wollt ich mich ſchwingen auf, Ich wollt mich nieder laſſen, Fuͤr eins Reichen Buͤrgers Haus. Darinn iſt ein Maͤgdelein, Madlena iſt ſie genannt, So hab ich alle meine Tag Kein ſchoͤners brauns Maͤgdlein erkannt. An einem Montag es geſchah, An einem Montag fruͤh, Da ſah man die ſchoͤne Madlena, Zu dem Obern Thor ausgehn. Da fragten ſie die Zarten: Madlena, wo willt du hin? In meines Vaters Garten, Da ich naͤchten geweſen bin. Und da ſie in den Garten kam, Wohl in den Garten einlief, Da lag ein ſchoͤner junger G'ſell, Unter einer Linden und ſchlief. Steh auf junger Geſelle, Steh auf, denn es iſt Zeit, Ich hoͤr die Schluͤſſel klingen, Mein Muͤtterlein iſt nicht weit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/35
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/35>, abgerufen am 22.12.2024.