Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Was zog er aus seiner Tasche mit Fleiß,
Ein Aepfelein das war roth und weiß,
Er legts auf ihren weis rothen Mund,
Schön Schätzl, bist krank, werd wieder gesund.
Er wollt sie legen in seinen Arm,
Sie war nicht kalt, sie war nicht warm;
Sie thut ihm in seinen Arm verscheiden,
Sie thut eine reine Jungfrau bleiben.
Was zog er aus der Tasche sein,
Von Seide war es ein Tüchlein fein;
Er trocknet damit sein Auge und Händ,
Ach Gott wann nimmt mein Trauren ein End.
Er ließ sich machen ein schwarzes Kleid,
Er trugs wegen seiner Traurigkeit,
Wohl sieben Jahr und noch viel mehr,
Sein Trauren das nahm kein Ende mehr.


Spinnerlied.

(Mündlich.)

Spinn, Mägdlein, spinn!
So wachsen dir die Sinn,
Wachsen dir gelbe Haar,
Kommen dir die kluge Jahr!
Ehr, Mägdlein, ehr
Die alte Spinnkunst sehr;
Adam hackt und Eva spann,
Zeigen uns die Tugend-Bahn.

Was zog er aus ſeiner Taſche mit Fleiß,
Ein Aepfelein das war roth und weiß,
Er legts auf ihren weis rothen Mund,
Schoͤn Schaͤtzl, biſt krank, werd wieder geſund.
Er wollt ſie legen in ſeinen Arm,
Sie war nicht kalt, ſie war nicht warm;
Sie thut ihm in ſeinen Arm verſcheiden,
Sie thut eine reine Jungfrau bleiben.
Was zog er aus der Taſche ſein,
Von Seide war es ein Tuͤchlein fein;
Er trocknet damit ſein Auge und Haͤnd,
Ach Gott wann nimmt mein Trauren ein End.
Er ließ ſich machen ein ſchwarzes Kleid,
Er trugs wegen ſeiner Traurigkeit,
Wohl ſieben Jahr und noch viel mehr,
Sein Trauren das nahm kein Ende mehr.


Spinnerlied.

(Muͤndlich.)

Spinn, Maͤgdlein, ſpinn!
So wachſen dir die Sinn,
Wachſen dir gelbe Haar,
Kommen dir die kluge Jahr!
Ehr, Maͤgdlein, ehr
Die alte Spinnkunſt ſehr;
Adam hackt und Eva ſpann,
Zeigen uns die Tugend-Bahn.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0046" n="36"/>
            <lg n="9">
              <l>Was zog er aus &#x017F;einer Ta&#x017F;che mit Fleiß,</l><lb/>
              <l>Ein Aepfelein das war roth und weiß,</l><lb/>
              <l>Er legts auf ihren weis rothen Mund,</l><lb/>
              <l>Scho&#x0364;n Scha&#x0364;tzl, bi&#x017F;t krank, werd wieder ge&#x017F;und.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Er wollt &#x017F;ie legen in &#x017F;einen Arm,</l><lb/>
              <l>Sie war nicht kalt, &#x017F;ie war nicht warm;</l><lb/>
              <l>Sie thut ihm in &#x017F;einen Arm ver&#x017F;cheiden,</l><lb/>
              <l>Sie thut eine reine Jungfrau bleiben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>Was zog er aus der Ta&#x017F;che &#x017F;ein,</l><lb/>
              <l>Von Seide war es ein Tu&#x0364;chlein fein;</l><lb/>
              <l>Er trocknet damit &#x017F;ein Auge und Ha&#x0364;nd,</l><lb/>
              <l>Ach Gott wann nimmt mein Trauren ein End.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l>Er ließ &#x017F;ich machen ein &#x017F;chwarzes Kleid,</l><lb/>
              <l>Er trugs wegen &#x017F;einer Traurigkeit,</l><lb/>
              <l>Wohl &#x017F;ieben Jahr und noch viel mehr,</l><lb/>
              <l>Sein Trauren das nahm kein Ende mehr.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Spinnerlied</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">(Mu&#x0364;ndlich.)</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">S</hi>pinn, Ma&#x0364;gdlein, &#x017F;pinn!</l><lb/>
              <l>So wach&#x017F;en dir die Sinn,</l><lb/>
              <l>Wach&#x017F;en dir gelbe Haar,</l><lb/>
              <l>Kommen dir die kluge Jahr!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ehr, Ma&#x0364;gdlein, ehr</l><lb/>
              <l>Die alte Spinnkun&#x017F;t &#x017F;ehr;</l><lb/>
              <l>Adam hackt und Eva &#x017F;pann,</l><lb/>
              <l>Zeigen uns die Tugend-Bahn.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0046] Was zog er aus ſeiner Taſche mit Fleiß, Ein Aepfelein das war roth und weiß, Er legts auf ihren weis rothen Mund, Schoͤn Schaͤtzl, biſt krank, werd wieder geſund. Er wollt ſie legen in ſeinen Arm, Sie war nicht kalt, ſie war nicht warm; Sie thut ihm in ſeinen Arm verſcheiden, Sie thut eine reine Jungfrau bleiben. Was zog er aus der Taſche ſein, Von Seide war es ein Tuͤchlein fein; Er trocknet damit ſein Auge und Haͤnd, Ach Gott wann nimmt mein Trauren ein End. Er ließ ſich machen ein ſchwarzes Kleid, Er trugs wegen ſeiner Traurigkeit, Wohl ſieben Jahr und noch viel mehr, Sein Trauren das nahm kein Ende mehr. Spinnerlied. (Muͤndlich.) Spinn, Maͤgdlein, ſpinn! So wachſen dir die Sinn, Wachſen dir gelbe Haar, Kommen dir die kluge Jahr! Ehr, Maͤgdlein, ehr Die alte Spinnkunſt ſehr; Adam hackt und Eva ſpann, Zeigen uns die Tugend-Bahn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/46
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/46>, abgerufen am 22.12.2024.