Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124.

Bild:
<< vorherige Seite

fachere Farbenstrahlen und Drehungen,
durch welche er am Geburttage des Königs
die Marseiller überraschen wollte. Es sah
nun leerer in seinem Kopfe als auf dem
Balle aus. Aber in der Freude des Gelin¬
gens, wie er schon alles strahlen, sausen,
prasseln, dann wieder alles in stiller Größe
leuchten sah, hatte er immer mehr Oliven¬
äste ins Feuer geschoben und nicht bemerkt,
daß sein hölzernes Bein Feuer gefangen
hatte und schon um ein Drittheil abgebrannt
war. Erst jetzt, als er aufspringen wollte,
weil der große Schluß, das Aufsteigen von
tausend Raketen seine Einbildungskraft be¬
flügelte und entflammte, bemerkte er, in¬
dem er auf seinen Polsterstuhl zurück sank,
daß sein hölzernes Bein verkürzt sey und daß
der Rest auch noch in besorglichen Flammen
stehe. In der Noth, nicht gleich aufkommen
zu können, rückte er seinen Stuhl wie einen
Piekschlitten mit dem flammenden Beine bis
in die Mitte des Zimmers, rief seinen Die¬
ner und dann nach Wasser. Mit eifrigem Be¬
mühen sprang ihm in diesem Augenblicke

fachere Farbenſtrahlen und Drehungen,
durch welche er am Geburttage des Königs
die Marſeiller überraſchen wollte. Es ſah
nun leerer in ſeinem Kopfe als auf dem
Balle aus. Aber in der Freude des Gelin¬
gens, wie er ſchon alles ſtrahlen, ſauſen,
praſſeln, dann wieder alles in ſtiller Größe
leuchten ſah, hatte er immer mehr Oliven¬
äſte ins Feuer geſchoben und nicht bemerkt,
daß ſein hölzernes Bein Feuer gefangen
hatte und ſchon um ein Drittheil abgebrannt
war. Erſt jetzt, als er aufſpringen wollte,
weil der große Schluß, das Aufſteigen von
tauſend Raketen ſeine Einbildungskraft be¬
flügelte und entflammte, bemerkte er, in¬
dem er auf ſeinen Polſterſtuhl zurück ſank,
daß ſein hölzernes Bein verkürzt ſey und daß
der Reſt auch noch in beſorglichen Flammen
ſtehe. In der Noth, nicht gleich aufkommen
zu können, rückte er ſeinen Stuhl wie einen
Piekſchlitten mit dem flammenden Beine bis
in die Mitte des Zimmers, rief ſeinen Die¬
ner und dann nach Waſſer. Mit eifrigem Be¬
mühen ſprang ihm in dieſem Augenblicke

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0009" n="77"/>
fachere Farben&#x017F;trahlen und Drehungen,<lb/>
durch welche er am Geburttage des Königs<lb/>
die Mar&#x017F;eiller überra&#x017F;chen wollte. Es &#x017F;ah<lb/>
nun leerer in &#x017F;einem Kopfe als auf dem<lb/>
Balle aus. Aber in der Freude des Gelin¬<lb/>
gens, wie er &#x017F;chon alles &#x017F;trahlen, &#x017F;au&#x017F;en,<lb/>
pra&#x017F;&#x017F;eln, dann wieder alles in &#x017F;tiller Größe<lb/>
leuchten &#x017F;ah, hatte er immer mehr Oliven¬<lb/>
ä&#x017F;te ins Feuer ge&#x017F;choben und nicht bemerkt,<lb/>
daß &#x017F;ein hölzernes Bein Feuer gefangen<lb/>
hatte und &#x017F;chon um ein Drittheil abgebrannt<lb/>
war. Er&#x017F;t jetzt, als er auf&#x017F;pringen wollte,<lb/>
weil der große Schluß, das Auf&#x017F;teigen von<lb/>
tau&#x017F;end Raketen &#x017F;eine Einbildungskraft be¬<lb/>
flügelte und entflammte, bemerkte er, in¬<lb/>
dem er auf &#x017F;einen Pol&#x017F;ter&#x017F;tuhl zurück &#x017F;ank,<lb/>
daß &#x017F;ein hölzernes Bein verkürzt &#x017F;ey und daß<lb/>
der Re&#x017F;t auch noch in be&#x017F;orglichen Flammen<lb/>
&#x017F;tehe. In der Noth, nicht gleich aufkommen<lb/>
zu können, rückte er &#x017F;einen Stuhl wie einen<lb/>
Piek&#x017F;chlitten mit dem flammenden Beine bis<lb/>
in die Mitte des Zimmers, rief &#x017F;einen Die¬<lb/>
ner und dann nach Wa&#x017F;&#x017F;er. Mit eifrigem Be¬<lb/>
mühen &#x017F;prang ihm in die&#x017F;em Augenblicke<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0009] fachere Farbenſtrahlen und Drehungen, durch welche er am Geburttage des Königs die Marſeiller überraſchen wollte. Es ſah nun leerer in ſeinem Kopfe als auf dem Balle aus. Aber in der Freude des Gelin¬ gens, wie er ſchon alles ſtrahlen, ſauſen, praſſeln, dann wieder alles in ſtiller Größe leuchten ſah, hatte er immer mehr Oliven¬ äſte ins Feuer geſchoben und nicht bemerkt, daß ſein hölzernes Bein Feuer gefangen hatte und ſchon um ein Drittheil abgebrannt war. Erſt jetzt, als er aufſpringen wollte, weil der große Schluß, das Aufſteigen von tauſend Raketen ſeine Einbildungskraft be¬ flügelte und entflammte, bemerkte er, in¬ dem er auf ſeinen Polſterſtuhl zurück ſank, daß ſein hölzernes Bein verkürzt ſey und daß der Reſt auch noch in beſorglichen Flammen ſtehe. In der Noth, nicht gleich aufkommen zu können, rückte er ſeinen Stuhl wie einen Piekſchlitten mit dem flammenden Beine bis in die Mitte des Zimmers, rief ſeinen Die¬ ner und dann nach Waſſer. Mit eifrigem Be¬ mühen ſprang ihm in dieſem Augenblicke

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Achim von Arnims Erzählung „Der tolle Invalide au… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/9
Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124, hier S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/9>, abgerufen am 03.12.2024.