Und was will ich denn? -- erzählen, wie die herr- liche Freundlichkeit, mit der Sie mir entgegen kamen, jetzt in meinem Herzen wuchert? -- alles andre Leben mit Gewalt erstickt? -- wie ich immer muß hinverlan- gen, wo mir's zum ersten Mal wohl war? -- Das hilft alles nichts; die Worte Ihrer Mutter! -- ich bin weit entfernt, Ansprüche an das zu machen, was Ihre Güte mir zudenkt, -- aber diese haben mich geblendet; und ich mußte zum wenigsten den Wunsch befriedigen, daß Sie wissen möchten, wie mächtig mich die Liebe in jedem Augenblick zu Ihnen hinwendet.
Auch darf ich mich nicht scheuen, einem Gefühl mich hinzugeben, das sich aus meinem Herzen hervor- drängt, wie die junge Saat im Frühling; -- es mußte so sein, und der Saame war in mich gelegt; es ist nicht mein vorsätzlicher Wille, wenn ich oft aus dem augenblicklichen Gespräch zu Ihren Füßen getragen bin; dann setze ich mich an die Erde und lege den Kopf auf Ihren Schoos, oder ich drücke Ihre Hand an meinen Mund, oder ich stehe an Ihrer Seite und umfasse Ihren Hals; und es währt lange, bis ich eine Stellung finde, in der ich beharre. Dann plaudre ich, wie es mir be- hagt; die Antwort aber, die ich mir in Ihrem Namen gebe, spreche ich mit Bedacht aus: Mein Kind! mein
Und was will ich denn? — erzählen, wie die herr- liche Freundlichkeit, mit der Sie mir entgegen kamen, jetzt in meinem Herzen wuchert? — alles andre Leben mit Gewalt erſtickt? — wie ich immer muß hinverlan- gen, wo mir's zum erſten Mal wohl war? — Das hilft alles nichts; die Worte Ihrer Mutter! — ich bin weit entfernt, Anſprüche an das zu machen, was Ihre Güte mir zudenkt, — aber dieſe haben mich geblendet; und ich mußte zum wenigſten den Wunſch befriedigen, daß Sie wiſſen möchten, wie mächtig mich die Liebe in jedem Augenblick zu Ihnen hinwendet.
Auch darf ich mich nicht ſcheuen, einem Gefühl mich hinzugeben, das ſich aus meinem Herzen hervor- drängt, wie die junge Saat im Frühling; — es mußte ſo ſein, und der Saame war in mich gelegt; es iſt nicht mein vorſätzlicher Wille, wenn ich oft aus dem augenblicklichen Geſpräch zu Ihren Füßen getragen bin; dann ſetze ich mich an die Erde und lege den Kopf auf Ihren Schoos, oder ich drücke Ihre Hand an meinen Mund, oder ich ſtehe an Ihrer Seite und umfaſſe Ihren Hals; und es währt lange, bis ich eine Stellung finde, in der ich beharre. Dann plaudre ich, wie es mir be- hagt; die Antwort aber, die ich mir in Ihrem Namen gebe, ſpreche ich mit Bedacht aus: Mein Kind! mein
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Und was will ich denn? — erzählen, wie die herr-
liche Freundlichkeit, mit der Sie mir entgegen kamen,
jetzt in meinem Herzen wuchert? — alles andre Leben
mit Gewalt erſtickt? — wie ich immer muß hinverlan-
gen, wo mir's zum erſten Mal wohl war? — Das
hilft alles nichts; die Worte Ihrer Mutter! — ich bin
weit entfernt, Anſprüche an das zu machen, was Ihre
Güte mir zudenkt, — aber dieſe haben mich geblendet;
und ich mußte zum wenigſten den Wunſch befriedigen,
daß Sie wiſſen möchten, wie mächtig mich die Liebe in
jedem Augenblick zu Ihnen hinwendet.
Auch darf ich mich nicht ſcheuen, einem Gefühl
mich hinzugeben, das ſich aus meinem Herzen hervor-
drängt, wie die junge Saat im Frühling; — es mußte
ſo ſein, und der Saame war in mich gelegt; es iſt
nicht mein vorſätzlicher Wille, wenn ich oft aus dem
augenblicklichen Geſpräch zu Ihren Füßen getragen bin;
dann ſetze ich mich an die Erde und lege den Kopf auf
Ihren Schoos, oder ich drücke Ihre Hand an meinen
Mund, oder ich ſtehe an Ihrer Seite und umfaſſe Ihren
Hals; und es währt lange, bis ich eine Stellung finde,
in der ich beharre. Dann plaudre ich, wie es mir be-
hagt; die Antwort aber, die ich mir in Ihrem Namen
gebe, ſpreche ich mit Bedacht aus: Mein Kind! mein
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/148>, abgerufen am 21.11.2024.
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