Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

in Ihre Augen schließen; schnell würde ich Vergebung
der Kühnheit herauslesen, und diese noch mit einsiegeln;
ich würde dann nicht ängstlich sein über das kindische
Geschwätz, das mir doch so ernst ist. Da wird es hin-
getragen in rascher Eile viele Meilen; der Postillion
schmettert mit vollem Enthusiasmus seine Ankunft in
die Lüfte, als wolle er frohlockend fragen: was bring'
ich! -- und nun bricht Goethe seinen Brief auf, und
findet das unmündige Stammeln eines unbedeutenden
Kindes. Soll ich noch Verzeihung fordern? -- O, Sie
wissen wohl, wie übermächtig, wie voll süßen Gefühls
das Herz oft ist, und die kindische Lippe kann das
Wort nicht treffen, den Ton kaum, der es wiederklin-
gen macht.

Bettine Brentano.

in Ihre Augen ſchließen; ſchnell würde ich Vergebung
der Kühnheit herausleſen, und dieſe noch mit einſiegeln;
ich würde dann nicht ängſtlich ſein über das kindiſche
Geſchwätz, das mir doch ſo ernſt iſt. Da wird es hin-
getragen in raſcher Eile viele Meilen; der Poſtillion
ſchmettert mit vollem Enthuſiasmus ſeine Ankunft in
die Lüfte, als wolle er frohlockend fragen: was bring'
ich! — und nun bricht Goethe ſeinen Brief auf, und
findet das unmündige Stammeln eines unbedeutenden
Kindes. Soll ich noch Verzeihung fordern? — O, Sie
wiſſen wohl, wie übermächtig, wie voll ſüßen Gefühls
das Herz oft iſt, und die kindiſche Lippe kann das
Wort nicht treffen, den Ton kaum, der es wiederklin-
gen macht.

Bettine Brentano.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0150" n="118"/>
in Ihre Augen &#x017F;chließen; &#x017F;chnell würde ich Vergebung<lb/>
der Kühnheit herausle&#x017F;en, und die&#x017F;e noch mit ein&#x017F;iegeln;<lb/>
ich würde dann nicht äng&#x017F;tlich &#x017F;ein über das kindi&#x017F;che<lb/>
Ge&#x017F;chwätz, das mir doch &#x017F;o ern&#x017F;t i&#x017F;t. Da wird es hin-<lb/>
getragen in ra&#x017F;cher Eile viele Meilen; der Po&#x017F;tillion<lb/>
&#x017F;chmettert mit vollem Enthu&#x017F;iasmus &#x017F;eine Ankunft in<lb/>
die Lüfte, als wolle er frohlockend fragen: was bring'<lb/>
ich! &#x2014; und nun bricht Goethe &#x017F;einen Brief auf, und<lb/>
findet das unmündige Stammeln eines unbedeutenden<lb/>
Kindes. Soll ich noch Verzeihung fordern? &#x2014; O, Sie<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en wohl, wie übermächtig, wie voll &#x017F;üßen Gefühls<lb/>
das Herz oft i&#x017F;t, und die kindi&#x017F;che Lippe kann das<lb/>
Wort nicht treffen, den Ton kaum, der es wiederklin-<lb/>
gen macht.</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Bettine Brentano.</hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0150] in Ihre Augen ſchließen; ſchnell würde ich Vergebung der Kühnheit herausleſen, und dieſe noch mit einſiegeln; ich würde dann nicht ängſtlich ſein über das kindiſche Geſchwätz, das mir doch ſo ernſt iſt. Da wird es hin- getragen in raſcher Eile viele Meilen; der Poſtillion ſchmettert mit vollem Enthuſiasmus ſeine Ankunft in die Lüfte, als wolle er frohlockend fragen: was bring' ich! — und nun bricht Goethe ſeinen Brief auf, und findet das unmündige Stammeln eines unbedeutenden Kindes. Soll ich noch Verzeihung fordern? — O, Sie wiſſen wohl, wie übermächtig, wie voll ſüßen Gefühls das Herz oft iſt, und die kindiſche Lippe kann das Wort nicht treffen, den Ton kaum, der es wiederklin- gen macht. Bettine Brentano.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/150
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/150>, abgerufen am 21.11.2024.