und großer Pracht, ein wahrer Familienschatz, verhüllte ihren Busen, und so stand sie mit weißen Glacee-Hand- schuhen, in der einen Hand einen künstlichen Fächer, mit dem sie die Luft in Bewegung setzte, die andre, welche entblößt war ganz beringt mit blitzenden Stei- nen, dann und wann aus einer goldnen Tabatiere mit einer Miniatüre von Dir, wo Du mit hängenden Locken gepudert, nachdenklich den Kopf auf die Hand stützest, eine Prise nehmend. Die Gesellschaft der vornehmen äl- teren Damen bildete einen Halbkreis in dem Schlafzim- mer des Moritz Bethmann; auf Purpurrothem Teppich in der Mitte ein weißes Feld, worauf ein Leoparde, -- sah die Gesellschaft so stattlich aus, daß sie wohl im- poniren konnte. An den Wänden standen schöne schlanke Indische Gewächse, und das Zimmer war mit matten Glaskugeln erleuchtet, dem Halbkreis gegenüber stand das Bett auf einer zwei Stufen erhabenen Estrade auch mit einem purpurnen Teppich verhüllt, an beiden Sei- ten Kandelaber. Ich sagte zur Mutter: die Fr. Stael wird meinen, sie wird hier vor Gericht des Minnehofs zitirt, denn dort das Bett sieht aus wie der verhüllte Thron der Venus. Man meinte, da dürfte es manches zu verantworten geben. Endlich kam die Langerwar- tete durch eine Reihe von erleuchteten Zimmern, beglei-
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und großer Pracht, ein wahrer Familienſchatz, verhüllte ihren Buſen, und ſo ſtand ſie mit weißen Glacée-Hand- ſchuhen, in der einen Hand einen künſtlichen Fächer, mit dem ſie die Luft in Bewegung ſetzte, die andre, welche entblößt war ganz beringt mit blitzenden Stei- nen, dann und wann aus einer goldnen Tabatiere mit einer Miniatüre von Dir, wo Du mit hängenden Locken gepudert, nachdenklich den Kopf auf die Hand ſtützeſt, eine Priſe nehmend. Die Geſellſchaft der vornehmen äl- teren Damen bildete einen Halbkreis in dem Schlafzim- mer des Moritz Bethmann; auf Purpurrothem Teppich in der Mitte ein weißes Feld, worauf ein Leoparde, — ſah die Geſellſchaft ſo ſtattlich aus, daß ſie wohl im- poniren konnte. An den Wänden ſtanden ſchöne ſchlanke Indiſche Gewächſe, und das Zimmer war mit matten Glaskugeln erleuchtet, dem Halbkreis gegenüber ſtand das Bett auf einer zwei Stufen erhabenen Eſtrade auch mit einem purpurnen Teppich verhüllt, an beiden Sei- ten Kandelaber. Ich ſagte zur Mutter: die Fr. Staël wird meinen, ſie wird hier vor Gericht des Minnehofs zitirt, denn dort das Bett ſieht aus wie der verhüllte Thron der Venus. Man meinte, da dürfte es manches zu verantworten geben. Endlich kam die Langerwar- tete durch eine Reihe von erleuchteten Zimmern, beglei-
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und großer Pracht, ein wahrer Familienſchatz, verhüllte
ihren Buſen, und ſo ſtand ſie mit weißen Glacée-Hand-
ſchuhen, in der einen Hand einen künſtlichen Fächer,
mit dem ſie die Luft in Bewegung ſetzte, die andre,
welche entblößt war ganz beringt mit blitzenden Stei-
nen, dann und wann aus einer goldnen Tabatiere mit
einer Miniatüre von Dir, wo Du mit hängenden Locken
gepudert, nachdenklich den Kopf auf die Hand ſtützeſt,
eine Priſe nehmend. Die Geſellſchaft der vornehmen äl-
teren Damen bildete einen Halbkreis in dem Schlafzim-
mer des Moritz Bethmann; auf Purpurrothem Teppich
in der Mitte ein weißes Feld, worauf ein Leoparde, —
ſah die Geſellſchaft ſo ſtattlich aus, daß ſie wohl im-
poniren konnte. An den Wänden ſtanden ſchöne ſchlanke
Indiſche Gewächſe, und das Zimmer war mit matten
Glaskugeln erleuchtet, dem Halbkreis gegenüber ſtand
das Bett auf einer zwei Stufen erhabenen Eſtrade auch
mit einem purpurnen Teppich verhüllt, an beiden Sei-
ten Kandelaber. Ich ſagte zur Mutter: die Fr. Staël
wird meinen, ſie wird hier vor Gericht des Minnehofs
zitirt, denn dort das Bett ſieht aus wie der verhüllte
Thron der Venus. Man meinte, da dürfte es manches
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/347>, abgerufen am 22.11.2024.
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