und den Dank nicht versagen, die sie so reichlich um uns verdienen, aber beiden wollen wir auch den Zutritt verweigern, wo sie nicht hingehören, sondern nur störend sein würden, nehmlich zwischen das erfreulichste Ver- trauen Deiner Liebe und meiner warmen Aufnahme der- selben. -- Wenn ich auch Deine Antagonistin in der Weltweisheit, in einer nur zufälligen Correspondence Amie nenne, so greife ich damit keineswegs in die Rechte ein, die Du mit erobernder Eigenmacht schon an Dich gerissen hast. Ich bekenne Dir indessen, daß es mir geht, wie dem Primas: du bist mir ein liebes, freund- liches Kind, das ich nicht verlieren möchte, und durch welches ein großer Theil des ersprießlichsten Se- gens mir zufließt. Du bist mir ein freundliches Licht, das den Abend meines Lebens behaglich erleuchtet, und da gebe ich Dir, um doch zu Stande zu kommen mit allen Klagen, zum letzten Schluß beikommendes Räthsel; an dem magst Du Dich zufrieden rathen.
Goethe.
Cha-
und den Dank nicht verſagen, die ſie ſo reichlich um uns verdienen, aber beiden wollen wir auch den Zutritt verweigern, wo ſie nicht hingehören, ſondern nur ſtörend ſein würden, nehmlich zwiſchen das erfreulichſte Ver- trauen Deiner Liebe und meiner warmen Aufnahme der- ſelben. — Wenn ich auch Deine Antagoniſtin in der Weltweisheit, in einer nur zufälligen Correspondence Amie nenne, ſo greife ich damit keineswegs in die Rechte ein, die Du mit erobernder Eigenmacht ſchon an Dich geriſſen haſt. Ich bekenne Dir indeſſen, daß es mir geht, wie dem Primas: du biſt mir ein liebes, freund- liches Kind, das ich nicht verlieren möchte, und durch welches ein großer Theil des erſprießlichſten Se- gens mir zufließt. Du biſt mir ein freundliches Licht, das den Abend meines Lebens behaglich erleuchtet, und da gebe ich Dir, um doch zu Stande zu kommen mit allen Klagen, zum letzten Schluß beikommendes Räthſel; an dem magſt Du Dich zufrieden rathen.
Goethe.
Cha-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0368"n="336"/>
und den Dank nicht verſagen, die ſie ſo reichlich um<lb/>
uns verdienen, aber beiden wollen wir auch den Zutritt<lb/>
verweigern, wo ſie nicht hingehören, ſondern nur ſtörend<lb/>ſein würden, nehmlich zwiſchen das erfreulichſte Ver-<lb/>
trauen Deiner Liebe und meiner warmen Aufnahme der-<lb/>ſelben. — Wenn ich auch Deine Antagoniſtin in der<lb/>
Weltweisheit, in einer nur zufälligen Correspondence<lb/><hirendition="#aq">Amie</hi> nenne, ſo greife ich damit keineswegs in die Rechte<lb/>
ein, die Du mit erobernder Eigenmacht ſchon an Dich<lb/>
geriſſen haſt. Ich bekenne Dir indeſſen, daß es mir<lb/>
geht, wie dem Primas: du biſt mir ein liebes, freund-<lb/>
liches Kind, das ich nicht verlieren möchte, und<lb/>
durch welches ein großer Theil des erſprießlichſten Se-<lb/>
gens mir zufließt. Du biſt mir ein freundliches <hirendition="#g">Licht</hi>,<lb/>
das den <hirendition="#g">Abend</hi> meines Lebens behaglich erleuchtet, und<lb/>
da gebe ich Dir, um doch zu Stande zu kommen mit<lb/>
allen Klagen, zum letzten Schluß beikommendes Räthſel;<lb/>
an dem magſt Du Dich zufrieden rathen.</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Goethe.</hi></salute></closer></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Cha-</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[336/0368]
und den Dank nicht verſagen, die ſie ſo reichlich um
uns verdienen, aber beiden wollen wir auch den Zutritt
verweigern, wo ſie nicht hingehören, ſondern nur ſtörend
ſein würden, nehmlich zwiſchen das erfreulichſte Ver-
trauen Deiner Liebe und meiner warmen Aufnahme der-
ſelben. — Wenn ich auch Deine Antagoniſtin in der
Weltweisheit, in einer nur zufälligen Correspondence
Amie nenne, ſo greife ich damit keineswegs in die Rechte
ein, die Du mit erobernder Eigenmacht ſchon an Dich
geriſſen haſt. Ich bekenne Dir indeſſen, daß es mir
geht, wie dem Primas: du biſt mir ein liebes, freund-
liches Kind, das ich nicht verlieren möchte, und
durch welches ein großer Theil des erſprießlichſten Se-
gens mir zufließt. Du biſt mir ein freundliches Licht,
das den Abend meines Lebens behaglich erleuchtet, und
da gebe ich Dir, um doch zu Stande zu kommen mit
allen Klagen, zum letzten Schluß beikommendes Räthſel;
an dem magſt Du Dich zufrieden rathen.
Goethe.
Cha-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/368>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.