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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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Indessen geht man an schönen Tagen hier weit spa-
zieren mit einer liebenwürdigen Gesellschaft die sich an
Savigny's menschenfreundlicher Natur eben so erquickt
wie an seinem Geist. Salvoti ein junger Italiener,
den Savigny sehr auszeichnet, hat schöne Augen, ich
sehe ihn aber doch lieber vor mir hergehen als in's Ge-
sicht, denn er trägt einen grünen Mantel dem er einen
vortrefflichen Faltenwurf giebt, Schönheit giebt jeder
Bewegung Geist; er hat das Heimweh und obschon er
alle Tage seinen vaterländischen Wein durch den baieri-
schen Flußsand filtrirt um sich zu gewöhnen, so wird er
täglich blasser, schlanker, interessanter, und bald wird
er seine Heimath aufsuchen müssen um ihr seine heim-
liche Liebe einzugestehen; so wunderliche Grillen hat
Natur, zärtlich, aber nicht überall dieselbe, demselben.

Ringseis der Arzt der mir den Intermaxilarknochen
sehr schön preparirt hat, um mir zu zeigen wie Goethe
Recht hat, und viele freundliche Leute sind unsre Be-
gleiter, man sucht die steilsten Berge und die beschwer-
lichsten Wege, man übt sich auf's kommende Frühjahr,
wo man eine Reise in die Schweitz und Tyrol vor hat;
wer weiß wie's dann dort aussehen wird, dann werden
die armen Tyroler schon seufzen gelernt haben.

Heute Nacht hab ich von Dir geträumt, was konnte

Indeſſen geht man an ſchönen Tagen hier weit ſpa-
zieren mit einer liebenwürdigen Geſellſchaft die ſich an
Savigny's menſchenfreundlicher Natur eben ſo erquickt
wie an ſeinem Geiſt. Salvoti ein junger Italiener,
den Savigny ſehr auszeichnet, hat ſchöne Augen, ich
ſehe ihn aber doch lieber vor mir hergehen als in's Ge-
ſicht, denn er trägt einen grünen Mantel dem er einen
vortrefflichen Faltenwurf giebt, Schönheit giebt jeder
Bewegung Geiſt; er hat das Heimweh und obſchon er
alle Tage ſeinen vaterländiſchen Wein durch den baieri-
ſchen Flußſand filtrirt um ſich zu gewöhnen, ſo wird er
täglich blaſſer, ſchlanker, intereſſanter, und bald wird
er ſeine Heimath aufſuchen müſſen um ihr ſeine heim-
liche Liebe einzugeſtehen; ſo wunderliche Grillen hat
Natur, zärtlich, aber nicht überall dieſelbe, demſelben.

Ringseis der Arzt der mir den Intermaxilarknochen
ſehr ſchön preparirt hat, um mir zu zeigen wie Goethe
Recht hat, und viele freundliche Leute ſind unſre Be-
gleiter, man ſucht die ſteilſten Berge und die beſchwer-
lichſten Wege, man übt ſich auf's kommende Frühjahr,
wo man eine Reiſe in die Schweitz und Tyrol vor hat;
wer weiß wie's dann dort ausſehen wird, dann werden
die armen Tyroler ſchon ſeufzen gelernt haben.

Heute Nacht hab ich von Dir geträumt, was konnte

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[122/0132] Indeſſen geht man an ſchönen Tagen hier weit ſpa- zieren mit einer liebenwürdigen Geſellſchaft die ſich an Savigny's menſchenfreundlicher Natur eben ſo erquickt wie an ſeinem Geiſt. Salvoti ein junger Italiener, den Savigny ſehr auszeichnet, hat ſchöne Augen, ich ſehe ihn aber doch lieber vor mir hergehen als in's Ge- ſicht, denn er trägt einen grünen Mantel dem er einen vortrefflichen Faltenwurf giebt, Schönheit giebt jeder Bewegung Geiſt; er hat das Heimweh und obſchon er alle Tage ſeinen vaterländiſchen Wein durch den baieri- ſchen Flußſand filtrirt um ſich zu gewöhnen, ſo wird er täglich blaſſer, ſchlanker, intereſſanter, und bald wird er ſeine Heimath aufſuchen müſſen um ihr ſeine heim- liche Liebe einzugeſtehen; ſo wunderliche Grillen hat Natur, zärtlich, aber nicht überall dieſelbe, demſelben. Ringseis der Arzt der mir den Intermaxilarknochen ſehr ſchön preparirt hat, um mir zu zeigen wie Goethe Recht hat, und viele freundliche Leute ſind unſre Be- gleiter, man ſucht die ſteilſten Berge und die beſchwer- lichſten Wege, man übt ſich auf's kommende Frühjahr, wo man eine Reiſe in die Schweitz und Tyrol vor hat; wer weiß wie's dann dort ausſehen wird, dann werden die armen Tyroler ſchon ſeufzen gelernt haben. Heute Nacht hab ich von Dir geträumt, was konnte

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/132>, abgerufen am 21.11.2024.