Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.die, so mich am meisten drücken, und endlich jene, an Erstens: sage ich Dir zu oft, daß ich Dich liebe, ja Zweitens: beneide ich alle deine Freunde, die Ge- Drittens: gönne ich Dir keine Lust, weil ich nicht Viertens: vernachlässige ich alle Menschen um dei- Fünftens: hab ich eine große Neigung die Welt zu die, ſo mich am meiſten drücken, und endlich jene, an Erſtens: ſage ich Dir zu oft, daß ich Dich liebe, ja Zweitens: beneide ich alle deine Freunde, die Ge- Drittens: gönne ich Dir keine Luſt, weil ich nicht Viertens: vernachläſſige ich alle Menſchen um dei- Fünftens: hab ich eine große Neigung die Welt zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0169" n="159"/> die, ſo mich am meiſten drücken, und endlich jene, an<lb/> denen ich ſogar Freude habe.</p><lb/> <p>Erſtens: ſage ich Dir zu oft, daß ich Dich liebe, ja<lb/> ich weiß gar nichts anders, wenn ich's hin- und her-<lb/> wende, es kömmt ſonſt nichts heraus.</p><lb/> <p>Zweitens: beneide ich alle deine Freunde, die Ge-<lb/> ſpielen deiner Jugend und die Sonne, die in dein Zim-<lb/> mer ſcheint, und deine Diener, vorab deinen Gärtner,<lb/> der unter deinem Commando Spargelbeete anlegt.</p><lb/> <p>Drittens: gönne ich Dir keine Luſt, weil <hi rendition="#g">ich</hi> nicht<lb/> dabei bin, wenn einer Dich geſehen hat, von deiner Hei-<lb/> terkeit und Anmuth ſpricht, das iſt mir eben kein be-<lb/> ſonder Vergnügen; wenn er aber ſagt, Du ſeiſt ernſt,<lb/> kalt und zurückhaltend ꝛc. geweſen, das iſt mir recht lieb.</p><lb/> <p>Viertens: vernachläſſige ich alle Menſchen um dei-<lb/> netwillen, es gilt mir keiner etwas, aus ihrer Liebe<lb/> mache ich mir gar nichts; ja, wer mich lobt, der miß-<lb/> fällt mir, das iſt Eiferſucht auf mich und Dich und<lb/> eben kein Beweis von einem großen Herzen, und iſt<lb/> eine elende Natur, die auf einer Seite ausdürrt, wenn<lb/> ſie auf der andern blühen will.</p><lb/> <p>Fünftens: hab ich eine große Neigung die Welt zu<lb/> verachten, beſonders in denen, ſo Dich loben, alles was<lb/> gutes über Dich geſagt wird, kann ich nicht hören, nur<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [159/0169]
die, ſo mich am meiſten drücken, und endlich jene, an
denen ich ſogar Freude habe.
Erſtens: ſage ich Dir zu oft, daß ich Dich liebe, ja
ich weiß gar nichts anders, wenn ich's hin- und her-
wende, es kömmt ſonſt nichts heraus.
Zweitens: beneide ich alle deine Freunde, die Ge-
ſpielen deiner Jugend und die Sonne, die in dein Zim-
mer ſcheint, und deine Diener, vorab deinen Gärtner,
der unter deinem Commando Spargelbeete anlegt.
Drittens: gönne ich Dir keine Luſt, weil ich nicht
dabei bin, wenn einer Dich geſehen hat, von deiner Hei-
terkeit und Anmuth ſpricht, das iſt mir eben kein be-
ſonder Vergnügen; wenn er aber ſagt, Du ſeiſt ernſt,
kalt und zurückhaltend ꝛc. geweſen, das iſt mir recht lieb.
Viertens: vernachläſſige ich alle Menſchen um dei-
netwillen, es gilt mir keiner etwas, aus ihrer Liebe
mache ich mir gar nichts; ja, wer mich lobt, der miß-
fällt mir, das iſt Eiferſucht auf mich und Dich und
eben kein Beweis von einem großen Herzen, und iſt
eine elende Natur, die auf einer Seite ausdürrt, wenn
ſie auf der andern blühen will.
Fünftens: hab ich eine große Neigung die Welt zu
verachten, beſonders in denen, ſo Dich loben, alles was
gutes über Dich geſagt wird, kann ich nicht hören, nur
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