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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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die er mit Sophie gewandert ist, da hat er mir sehr
schönes, rührendes von ihr erzählt, es ist seine Freude
meiner Ähnlichkeit mit ihr nach zu spühren; er nannte
mich gleich Du, weil er die Sophie auch so genannt
hatte, manchmal wenn ich lachte wurde er blaß weil
die Ähnlichkeit mit Sophie ihn frappierte. Wie muß
diese Schwester liebenswürdig gewesen sein da sie jetzt
noch im Herzen der Freunde so tiefe Spuren der Weh-
muth ließ. Bänder, Tassen, Locken, Blumen, Handschuhe,
die zierlichsten Billette, Briefe, alle diese Andenken lie-
gen in einem kleinen Cabinet umher zerstreut, er berührt
sie gern und liest die Briefe oft, die freilich schöner sind
als alles was ich je in meinem Leben gelesen habe; ohne
heftige Leidenschaft deutet jeder Ausdruck auf innige
Freundlichkeit, nichts entgeht ihr, jeder Reitz der Natur
dient ihrem Geist. O was ist Geist für ein wunderba-
rer Künstler, wär ich doch im Stande Dir von dieser
geliebten Schwester einen Begriff zu geben, ja wär ich
selbst im Stande ihre Liebenswürdigkeit zu fassen, alle
Menschen die ich hier sehe, sprechen mir von ihr als wenn
man sie erst vor kurzer Zeit verloren hätte, und Herber-
stein meinte, sie sei seine letzte und erste einzig wahre
Liebe, dies alles bewegt mich, giebt mir eine Stimmung
für's Vergangne und Zukünftige, dämpft mein Feuer

die er mit Sophie gewandert iſt, da hat er mir ſehr
ſchönes, rührendes von ihr erzählt, es iſt ſeine Freude
meiner Ähnlichkeit mit ihr nach zu ſpühren; er nannte
mich gleich Du, weil er die Sophie auch ſo genannt
hatte, manchmal wenn ich lachte wurde er blaß weil
die Ähnlichkeit mit Sophie ihn frappierte. Wie muß
dieſe Schweſter liebenswürdig geweſen ſein da ſie jetzt
noch im Herzen der Freunde ſo tiefe Spuren der Weh-
muth ließ. Bänder, Taſſen, Locken, Blumen, Handſchuhe,
die zierlichſten Billette, Briefe, alle dieſe Andenken lie-
gen in einem kleinen Cabinet umher zerſtreut, er berührt
ſie gern und lieſt die Briefe oft, die freilich ſchöner ſind
als alles was ich je in meinem Leben geleſen habe; ohne
heftige Leidenſchaft deutet jeder Ausdruck auf innige
Freundlichkeit, nichts entgeht ihr, jeder Reitz der Natur
dient ihrem Geiſt. O was iſt Geiſt für ein wunderba-
rer Künſtler, wär ich doch im Stande Dir von dieſer
geliebten Schweſter einen Begriff zu geben, ja wär ich
ſelbſt im Stande ihre Liebenswürdigkeit zu faſſen, alle
Menſchen die ich hier ſehe, ſprechen mir von ihr als wenn
man ſie erſt vor kurzer Zeit verloren hätte, und Herber-
ſtein meinte, ſie ſei ſeine letzte und erſte einzig wahre
Liebe, dies alles bewegt mich, giebt mir eine Stimmung
für's Vergangne und Zukünftige, dämpft mein Feuer

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[178/0188] die er mit Sophie gewandert iſt, da hat er mir ſehr ſchönes, rührendes von ihr erzählt, es iſt ſeine Freude meiner Ähnlichkeit mit ihr nach zu ſpühren; er nannte mich gleich Du, weil er die Sophie auch ſo genannt hatte, manchmal wenn ich lachte wurde er blaß weil die Ähnlichkeit mit Sophie ihn frappierte. Wie muß dieſe Schweſter liebenswürdig geweſen ſein da ſie jetzt noch im Herzen der Freunde ſo tiefe Spuren der Weh- muth ließ. Bänder, Taſſen, Locken, Blumen, Handſchuhe, die zierlichſten Billette, Briefe, alle dieſe Andenken lie- gen in einem kleinen Cabinet umher zerſtreut, er berührt ſie gern und lieſt die Briefe oft, die freilich ſchöner ſind als alles was ich je in meinem Leben geleſen habe; ohne heftige Leidenſchaft deutet jeder Ausdruck auf innige Freundlichkeit, nichts entgeht ihr, jeder Reitz der Natur dient ihrem Geiſt. O was iſt Geiſt für ein wunderba- rer Künſtler, wär ich doch im Stande Dir von dieſer geliebten Schweſter einen Begriff zu geben, ja wär ich ſelbſt im Stande ihre Liebenswürdigkeit zu faſſen, alle Menſchen die ich hier ſehe, ſprechen mir von ihr als wenn man ſie erſt vor kurzer Zeit verloren hätte, und Herber- ſtein meinte, ſie ſei ſeine letzte und erſte einzig wahre Liebe, dies alles bewegt mich, giebt mir eine Stimmung für's Vergangne und Zukünftige, dämpft mein Feuer

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/188>, abgerufen am 21.11.2024.