hannisbeeren reif sind, der speculirende Geist des Bru- ders will sich in einem trefflichen Goose-beery vine ver- suchen, ich helfe keltern. Gestern Abend im Mondlicht haben wir Traubenleese gehalten, da flogen unzählige Nachtfalter mir um den Kopf; wir haben eine ganze Welt träumerischer Geschöpfe aufgestört bei dieser nächt- lichen Ernte, sie waren ganz irre geworden. Wie ich in mein Zimmer kam fand ich unzählige die das Licht umschwärmten, sie dauerten mich, ich wollte ihnen wie- der hinaus helfen, ich hielt lange das Licht vor's Fen- ster, und hab die halbe Nacht mit zugebracht, es hat mich keine Mühe verdrossen. Goethe habe doch auch Geduld mit mir wenn ich Dich umschwärme, und von den Strahlen deines Glanzes mich nicht trennen will, da möchtest Du mir wohl auch gern nach Hause leuchten.
Bettine.
Dienstag.
Heute Morgen hat der Christian der auch Arznei- wissenschaft treibt eine zahme Wachtel kurirt die in mei- nen Zimmer herumläuft, und krank war, er versuchte ihr einen Tropfen Opium einzuflößen, unversehens trat er auf sie daß sie ganz platt und todt da lag. Er faßte
hannisbeeren reif ſind, der ſpeculirende Geiſt des Bru- ders will ſich in einem trefflichen Goose-beery vine ver- ſuchen, ich helfe keltern. Geſtern Abend im Mondlicht haben wir Traubenleeſe gehalten, da flogen unzählige Nachtfalter mir um den Kopf; wir haben eine ganze Welt träumeriſcher Geſchöpfe aufgeſtört bei dieſer nächt- lichen Ernte, ſie waren ganz irre geworden. Wie ich in mein Zimmer kam fand ich unzählige die das Licht umſchwärmten, ſie dauerten mich, ich wollte ihnen wie- der hinaus helfen, ich hielt lange das Licht vor's Fen- ſter, und hab die halbe Nacht mit zugebracht, es hat mich keine Mühe verdroſſen. Goethe habe doch auch Geduld mit mir wenn ich Dich umſchwärme, und von den Strahlen deines Glanzes mich nicht trennen will, da möchteſt Du mir wohl auch gern nach Hauſe leuchten.
Bettine.
Dienſtag.
Heute Morgen hat der Chriſtian der auch Arznei- wiſſenſchaft treibt eine zahme Wachtel kurirt die in mei- nen Zimmer herumläuft, und krank war, er verſuchte ihr einen Tropfen Opium einzuflößen, unverſehens trat er auf ſie daß ſie ganz platt und todt da lag. Er faßte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0234"n="224"/>
hannisbeeren reif ſind, der ſpeculirende Geiſt des Bru-<lb/>
ders will ſich in einem trefflichen <hirendition="#aq">Goose-beery vine</hi> ver-<lb/>ſuchen, ich helfe keltern. Geſtern Abend im Mondlicht<lb/>
haben wir Traubenleeſe gehalten, da flogen unzählige<lb/>
Nachtfalter mir um den Kopf; wir haben eine ganze<lb/>
Welt träumeriſcher Geſchöpfe aufgeſtört bei dieſer nächt-<lb/>
lichen Ernte, ſie waren ganz irre geworden. Wie ich<lb/>
in mein Zimmer kam fand ich unzählige die das Licht<lb/>
umſchwärmten, ſie dauerten mich, ich wollte ihnen wie-<lb/>
der hinaus helfen, ich hielt lange das Licht vor's Fen-<lb/>ſter, und hab die halbe Nacht mit zugebracht, es hat<lb/>
mich keine Mühe verdroſſen. Goethe habe doch auch<lb/>
Geduld mit mir wenn ich Dich umſchwärme, und von<lb/>
den Strahlen deines Glanzes mich nicht trennen will,<lb/>
da möchteſt Du mir wohl auch gern nach Hauſe leuchten.</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Bettine.</hi></salute></closer></div><lb/><divn="2"><dateline><hirendition="#et">Dienſtag.</hi></dateline><lb/><p>Heute Morgen hat der Chriſtian der auch Arznei-<lb/>
wiſſenſchaft treibt eine zahme Wachtel kurirt die in mei-<lb/>
nen Zimmer herumläuft, und krank war, er verſuchte<lb/>
ihr einen Tropfen Opium einzuflößen, unverſehens trat<lb/>
er auf ſie daß ſie ganz platt und todt da lag. Er faßte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[224/0234]
hannisbeeren reif ſind, der ſpeculirende Geiſt des Bru-
ders will ſich in einem trefflichen Goose-beery vine ver-
ſuchen, ich helfe keltern. Geſtern Abend im Mondlicht
haben wir Traubenleeſe gehalten, da flogen unzählige
Nachtfalter mir um den Kopf; wir haben eine ganze
Welt träumeriſcher Geſchöpfe aufgeſtört bei dieſer nächt-
lichen Ernte, ſie waren ganz irre geworden. Wie ich
in mein Zimmer kam fand ich unzählige die das Licht
umſchwärmten, ſie dauerten mich, ich wollte ihnen wie-
der hinaus helfen, ich hielt lange das Licht vor's Fen-
ſter, und hab die halbe Nacht mit zugebracht, es hat
mich keine Mühe verdroſſen. Goethe habe doch auch
Geduld mit mir wenn ich Dich umſchwärme, und von
den Strahlen deines Glanzes mich nicht trennen will,
da möchteſt Du mir wohl auch gern nach Hauſe leuchten.
Bettine.
Dienſtag.
Heute Morgen hat der Chriſtian der auch Arznei-
wiſſenſchaft treibt eine zahme Wachtel kurirt die in mei-
nen Zimmer herumläuft, und krank war, er verſuchte
ihr einen Tropfen Opium einzuflößen, unverſehens trat
er auf ſie daß ſie ganz platt und todt da lag. Er faßte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/234>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.