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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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hannisbeeren reif sind, der speculirende Geist des Bru-
ders will sich in einem trefflichen Goose-beery vine ver-
suchen, ich helfe keltern. Gestern Abend im Mondlicht
haben wir Traubenleese gehalten, da flogen unzählige
Nachtfalter mir um den Kopf; wir haben eine ganze
Welt träumerischer Geschöpfe aufgestört bei dieser nächt-
lichen Ernte, sie waren ganz irre geworden. Wie ich
in mein Zimmer kam fand ich unzählige die das Licht
umschwärmten, sie dauerten mich, ich wollte ihnen wie-
der hinaus helfen, ich hielt lange das Licht vor's Fen-
ster, und hab die halbe Nacht mit zugebracht, es hat
mich keine Mühe verdrossen. Goethe habe doch auch
Geduld mit mir wenn ich Dich umschwärme, und von
den Strahlen deines Glanzes mich nicht trennen will,
da möchtest Du mir wohl auch gern nach Hause leuchten.

Bettine.

Heute Morgen hat der Christian der auch Arznei-
wissenschaft treibt eine zahme Wachtel kurirt die in mei-
nen Zimmer herumläuft, und krank war, er versuchte
ihr einen Tropfen Opium einzuflößen, unversehens trat
er auf sie daß sie ganz platt und todt da lag. Er faßte

hannisbeeren reif ſind, der ſpeculirende Geiſt des Bru-
ders will ſich in einem trefflichen Goose-beery vine ver-
ſuchen, ich helfe keltern. Geſtern Abend im Mondlicht
haben wir Traubenleeſe gehalten, da flogen unzählige
Nachtfalter mir um den Kopf; wir haben eine ganze
Welt träumeriſcher Geſchöpfe aufgeſtört bei dieſer nächt-
lichen Ernte, ſie waren ganz irre geworden. Wie ich
in mein Zimmer kam fand ich unzählige die das Licht
umſchwärmten, ſie dauerten mich, ich wollte ihnen wie-
der hinaus helfen, ich hielt lange das Licht vor's Fen-
ſter, und hab die halbe Nacht mit zugebracht, es hat
mich keine Mühe verdroſſen. Goethe habe doch auch
Geduld mit mir wenn ich Dich umſchwärme, und von
den Strahlen deines Glanzes mich nicht trennen will,
da möchteſt Du mir wohl auch gern nach Hauſe leuchten.

Bettine.

Heute Morgen hat der Chriſtian der auch Arznei-
wiſſenſchaft treibt eine zahme Wachtel kurirt die in mei-
nen Zimmer herumläuft, und krank war, er verſuchte
ihr einen Tropfen Opium einzuflößen, unverſehens trat
er auf ſie daß ſie ganz platt und todt da lag. Er faßte

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[224/0234] hannisbeeren reif ſind, der ſpeculirende Geiſt des Bru- ders will ſich in einem trefflichen Goose-beery vine ver- ſuchen, ich helfe keltern. Geſtern Abend im Mondlicht haben wir Traubenleeſe gehalten, da flogen unzählige Nachtfalter mir um den Kopf; wir haben eine ganze Welt träumeriſcher Geſchöpfe aufgeſtört bei dieſer nächt- lichen Ernte, ſie waren ganz irre geworden. Wie ich in mein Zimmer kam fand ich unzählige die das Licht umſchwärmten, ſie dauerten mich, ich wollte ihnen wie- der hinaus helfen, ich hielt lange das Licht vor's Fen- ſter, und hab die halbe Nacht mit zugebracht, es hat mich keine Mühe verdroſſen. Goethe habe doch auch Geduld mit mir wenn ich Dich umſchwärme, und von den Strahlen deines Glanzes mich nicht trennen will, da möchteſt Du mir wohl auch gern nach Hauſe leuchten. Bettine. Dienſtag. Heute Morgen hat der Chriſtian der auch Arznei- wiſſenſchaft treibt eine zahme Wachtel kurirt die in mei- nen Zimmer herumläuft, und krank war, er verſuchte ihr einen Tropfen Opium einzuflößen, unverſehens trat er auf ſie daß ſie ganz platt und todt da lag. Er faßte

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/234>, abgerufen am 24.11.2024.