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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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seine Einsamkeit; nach beschwerlicher Tageslast, aus
hülfreicher Leidenschaft lief er oft noch Abends spät mei-
lenweite Strecken, um die gefangnen Tyroler zu begeg-
nen und ihnen Geld zuzustecken, oder er begleitete mich
auf den Schneckenthurm, wo man die fernen Alpen se-
hen kann, da haben wir überlegt, wenn wir Nebel und
röthlichen Schein am Himmel bemerkten, ob's Feuer sein
könnte, da hab ich ihm auch oft meine Pläne mitge-
theilt, daß ich hinüber möchte zu den Tyrolern, da ha-
ben wir auf der Karte einen Weg ausstudiert, und ich
sah es ihm auf dem Gesicht geschrieben, daß er nur
meiner Befehle harre.

So war's, da in Augsburg die pestartigen Laza-
rethe sich häuften und in kurzer Zeit die Ärzte mit den
Kranken wegrafften; mein junger Eisbrecher wanderte
hin, um Last und Gefahr einem alten Lehrer abzuneh-
men, der Familienvater war, er ging mit schwerer Ahn-
dung, ich gab ihm ein Sacktuch, alten Wein und das
Versprechen zu schreiben zum Abschied. Da wurde denn
überlegt und all des Guten gedacht, was sich während
dieser kurzen Bekanntschaft ereignet hatte, und da wurde
überdacht, daß meine Worte über Dich, mein liebendes
Wissen von Dir und der Mutter ein heiliger Schatz sei,
der nicht verloren gehen solle, in der äußern Schaale

ſeine Einſamkeit; nach beſchwerlicher Tageslaſt, aus
hülfreicher Leidenſchaft lief er oft noch Abends ſpät mei-
lenweite Strecken, um die gefangnen Tyroler zu begeg-
nen und ihnen Geld zuzuſtecken, oder er begleitete mich
auf den Schneckenthurm, wo man die fernen Alpen ſe-
hen kann, da haben wir überlegt, wenn wir Nebel und
röthlichen Schein am Himmel bemerkten, ob's Feuer ſein
könnte, da hab ich ihm auch oft meine Pläne mitge-
theilt, daß ich hinüber möchte zu den Tyrolern, da ha-
ben wir auf der Karte einen Weg ausſtudiert, und ich
ſah es ihm auf dem Geſicht geſchrieben, daß er nur
meiner Befehle harre.

So war's, da in Augsburg die peſtartigen Laza-
rethe ſich häuften und in kurzer Zeit die Ärzte mit den
Kranken wegrafften; mein junger Eisbrecher wanderte
hin, um Laſt und Gefahr einem alten Lehrer abzuneh-
men, der Familienvater war, er ging mit ſchwerer Ahn-
dung, ich gab ihm ein Sacktuch, alten Wein und das
Verſprechen zu ſchreiben zum Abſchied. Da wurde denn
überlegt und all des Guten gedacht, was ſich während
dieſer kurzen Bekanntſchaft ereignet hatte, und da wurde
überdacht, daß meine Worte über Dich, mein liebendes
Wiſſen von Dir und der Mutter ein heiliger Schatz ſei,
der nicht verloren gehen ſolle, in der äußern Schaale

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[239/0249] ſeine Einſamkeit; nach beſchwerlicher Tageslaſt, aus hülfreicher Leidenſchaft lief er oft noch Abends ſpät mei- lenweite Strecken, um die gefangnen Tyroler zu begeg- nen und ihnen Geld zuzuſtecken, oder er begleitete mich auf den Schneckenthurm, wo man die fernen Alpen ſe- hen kann, da haben wir überlegt, wenn wir Nebel und röthlichen Schein am Himmel bemerkten, ob's Feuer ſein könnte, da hab ich ihm auch oft meine Pläne mitge- theilt, daß ich hinüber möchte zu den Tyrolern, da ha- ben wir auf der Karte einen Weg ausſtudiert, und ich ſah es ihm auf dem Geſicht geſchrieben, daß er nur meiner Befehle harre. So war's, da in Augsburg die peſtartigen Laza- rethe ſich häuften und in kurzer Zeit die Ärzte mit den Kranken wegrafften; mein junger Eisbrecher wanderte hin, um Laſt und Gefahr einem alten Lehrer abzuneh- men, der Familienvater war, er ging mit ſchwerer Ahn- dung, ich gab ihm ein Sacktuch, alten Wein und das Verſprechen zu ſchreiben zum Abſchied. Da wurde denn überlegt und all des Guten gedacht, was ſich während dieſer kurzen Bekanntſchaft ereignet hatte, und da wurde überdacht, daß meine Worte über Dich, mein liebendes Wiſſen von Dir und der Mutter ein heiliger Schatz ſei, der nicht verloren gehen ſolle, in der äußern Schaale

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/249>, abgerufen am 24.11.2024.