Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

mir einige Pericopen gesendet hast. Fahre fort von Zeit
zu Zeit wie es Dir der Geist eingiebt.

Und nun lebe wohl und habe nochmals Dank für
die warme Glanzweste. Meine Frau grüßt und dankt
zum schönsten. Riemer hat wohl schon selbst geschrieben.
Jena, wo ich mich vierzehn Tage hinbegeben.


G.
An Goethe.

Also ist mein lieber Freund allein! -- das freut
mich, daß Du allein bist, denke meiner! -- lege die
Hand an die Stirne und denke meiner, daß ich auch
allein bin. In beiliegenden Blättern der Beweis, daß
meine Einsamkeit mit Dir erfüllt ist, ja wie sollte ich
anders zu solchen Anschauungen kommen als indem ich
mich in Deine Gegenwart denke.

Ich habe eine kalte Nacht verwacht um meinen
Gedanken nachzugehen, weil Du so freundlich alles zu
wissen verlangst, ich hab doch nicht alles aufschreiben
können weil diese Gedanken zu flüchtig sind. Ach ja
Goethe, wenn ich alles aufschreiben wollte wie wunder-

II. 13

mir einige Pericopen geſendet haſt. Fahre fort von Zeit
zu Zeit wie es Dir der Geiſt eingiebt.

Und nun lebe wohl und habe nochmals Dank für
die warme Glanzweſte. Meine Frau grüßt und dankt
zum ſchönſten. Riemer hat wohl ſchon ſelbſt geſchrieben.
Jena, wo ich mich vierzehn Tage hinbegeben.


G.
An Goethe.

Alſo iſt mein lieber Freund allein! — das freut
mich, daß Du allein biſt, denke meiner! — lege die
Hand an die Stirne und denke meiner, daß ich auch
allein bin. In beiliegenden Blättern der Beweis, daß
meine Einſamkeit mit Dir erfüllt iſt, ja wie ſollte ich
anders zu ſolchen Anſchauungen kommen als indem ich
mich in Deine Gegenwart denke.

Ich habe eine kalte Nacht verwacht um meinen
Gedanken nachzugehen, weil Du ſo freundlich alles zu
wiſſen verlangſt, ich hab doch nicht alles aufſchreiben
können weil dieſe Gedanken zu flüchtig ſind. Ach ja
Goethe, wenn ich alles aufſchreiben wollte wie wunder-

II. 13
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0299" n="289"/>
mir einige Pericopen ge&#x017F;endet ha&#x017F;t. Fahre fort von Zeit<lb/>
zu Zeit wie es Dir der Gei&#x017F;t eingiebt.</p><lb/>
          <p>Und nun lebe wohl und habe nochmals Dank für<lb/>
die warme Glanzwe&#x017F;te. Meine Frau grüßt und dankt<lb/>
zum &#x017F;chön&#x017F;ten. Riemer hat wohl &#x017F;chon &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chrieben.<lb/><hi rendition="#g">Jena</hi>, wo ich mich vierzehn Tage hinbegeben.</p><lb/>
          <closer>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 11. Januar 1811.</hi> </dateline><lb/>
            <salute> <hi rendition="#et">G.</hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <opener>
            <salute>An Goethe.</salute>
          </opener><lb/>
          <p>Al&#x017F;o i&#x017F;t mein lieber Freund allein! &#x2014; das freut<lb/>
mich, daß Du allein bi&#x017F;t, denke meiner! &#x2014; lege die<lb/>
Hand an die Stirne und denke meiner, daß ich auch<lb/>
allein bin. In beiliegenden Blättern der Beweis, daß<lb/>
meine Ein&#x017F;amkeit mit Dir erfüllt i&#x017F;t, ja wie &#x017F;ollte ich<lb/>
anders zu &#x017F;olchen An&#x017F;chauungen kommen als indem ich<lb/>
mich in Deine Gegenwart denke.</p><lb/>
          <p>Ich habe eine kalte Nacht verwacht um meinen<lb/>
Gedanken nachzugehen, weil Du &#x017F;o freundlich alles zu<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en verlang&#x017F;t, ich hab doch nicht alles auf&#x017F;chreiben<lb/>
können weil die&#x017F;e Gedanken zu flüchtig &#x017F;ind. Ach ja<lb/>
Goethe, wenn ich alles auf&#x017F;chreiben wollte wie wunder-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> 13</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0299] mir einige Pericopen geſendet haſt. Fahre fort von Zeit zu Zeit wie es Dir der Geiſt eingiebt. Und nun lebe wohl und habe nochmals Dank für die warme Glanzweſte. Meine Frau grüßt und dankt zum ſchönſten. Riemer hat wohl ſchon ſelbſt geſchrieben. Jena, wo ich mich vierzehn Tage hinbegeben. Den 11. Januar 1811. G. An Goethe. Alſo iſt mein lieber Freund allein! — das freut mich, daß Du allein biſt, denke meiner! — lege die Hand an die Stirne und denke meiner, daß ich auch allein bin. In beiliegenden Blättern der Beweis, daß meine Einſamkeit mit Dir erfüllt iſt, ja wie ſollte ich anders zu ſolchen Anſchauungen kommen als indem ich mich in Deine Gegenwart denke. Ich habe eine kalte Nacht verwacht um meinen Gedanken nachzugehen, weil Du ſo freundlich alles zu wiſſen verlangſt, ich hab doch nicht alles aufſchreiben können weil dieſe Gedanken zu flüchtig ſind. Ach ja Goethe, wenn ich alles aufſchreiben wollte wie wunder- II. 13

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/299
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/299>, abgerufen am 22.11.2024.