Dich als ihren erwählten Planeten umtanzen. Der hu- moristische Freund, der mit Dir die Umgegend recognos- cirt, scheint wohl nur durch die Atmosphäre der heißen Junitage dem Schlaf zu unterliegen, während er träu- mend das anmuthige Bild deiner kleinen Person recog- noscirt, da mag es ihm denn freilich nicht beikommen, daß Du ihn unterdessen dahin versetzen möchtest, wo dein heroischer Geist selber weilt.
Was Du mir von Jacobi erzählst, hat mich sehr ergötzt, seine jugendlichen Eigenheiten spiegeln sich voll- kommen darin; es ist eine geraume Zeit her, daß ich mich nicht persönlich mit ihm berührt habe, die artige Schilderung deiner Erlebnisse mit ihm auf der Seefahrt, die dein Muthwille ausheckte, haben mir ähnliche heitere Tage unseres Umgangs wieder zurückgerufen. Zu loben bist Du, daß Du keiner authentischen Gewalt bedarfst, um den Achtungswerthen ohne Vorurtheil zu huldigen. So ist gewiß Jacobi unter allen strebenden und philo- sophirenden Geistern der Zeit derjenige, der am wenig- sten mit seiner Empfindung und ursprünglichen Natur in Widerspruch gerieth, und daher sein sittliches Gefühl unverletzt bewahrte, dem wir als Prädikat höherer Gei- ster unsere Achtung nicht versagen möchten. Wolltest
Dich als ihren erwählten Planeten umtanzen. Der hu- moriſtiſche Freund, der mit Dir die Umgegend recognos- cirt, ſcheint wohl nur durch die Atmoſphäre der heißen Junitage dem Schlaf zu unterliegen, während er träu- mend das anmuthige Bild deiner kleinen Perſon recog- noscirt, da mag es ihm denn freilich nicht beikommen, daß Du ihn unterdeſſen dahin verſetzen möchteſt, wo dein heroiſcher Geiſt ſelber weilt.
Was Du mir von Jacobi erzählſt, hat mich ſehr ergötzt, ſeine jugendlichen Eigenheiten ſpiegeln ſich voll- kommen darin; es iſt eine geraume Zeit her, daß ich mich nicht perſönlich mit ihm berührt habe, die artige Schilderung deiner Erlebniſſe mit ihm auf der Seefahrt, die dein Muthwille ausheckte, haben mir ähnliche heitere Tage unſeres Umgangs wieder zurückgerufen. Zu loben biſt Du, daß Du keiner authentiſchen Gewalt bedarfſt, um den Achtungswerthen ohne Vorurtheil zu huldigen. So iſt gewiß Jacobi unter allen ſtrebenden und philo- ſophirenden Geiſtern der Zeit derjenige, der am wenig- ſten mit ſeiner Empfindung und urſprünglichen Natur in Widerſpruch gerieth, und daher ſein ſittliches Gefühl unverletzt bewahrte, dem wir als Prädikat höherer Gei- ſter unſere Achtung nicht verſagen möchten. Wollteſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0098"n="88"/>
Dich als ihren erwählten Planeten umtanzen. Der hu-<lb/>
moriſtiſche Freund, der mit Dir die Umgegend recognos-<lb/>
cirt, ſcheint wohl nur durch die Atmoſphäre der heißen<lb/>
Junitage dem Schlaf zu unterliegen, während er träu-<lb/>
mend das anmuthige Bild deiner kleinen Perſon recog-<lb/>
noscirt, da mag es ihm denn freilich nicht beikommen,<lb/>
daß Du ihn unterdeſſen dahin verſetzen möchteſt, wo<lb/>
dein heroiſcher Geiſt ſelber weilt.</p><lb/><p>Was Du mir von Jacobi erzählſt, hat mich ſehr<lb/>
ergötzt, ſeine jugendlichen Eigenheiten ſpiegeln ſich voll-<lb/>
kommen darin; es iſt eine geraume Zeit her, daß ich<lb/>
mich nicht perſönlich mit ihm berührt habe, die artige<lb/>
Schilderung deiner Erlebniſſe mit ihm auf der Seefahrt,<lb/>
die dein Muthwille ausheckte, haben mir ähnliche heitere<lb/>
Tage unſeres Umgangs wieder zurückgerufen. Zu loben<lb/>
biſt Du, daß Du keiner authentiſchen Gewalt bedarfſt,<lb/>
um den Achtungswerthen ohne Vorurtheil zu huldigen.<lb/>
So iſt gewiß Jacobi unter allen ſtrebenden und philo-<lb/>ſophirenden Geiſtern der Zeit derjenige, der am wenig-<lb/>ſten mit ſeiner Empfindung und urſprünglichen Natur<lb/>
in Widerſpruch gerieth, und daher ſein ſittliches Gefühl<lb/>
unverletzt bewahrte, dem wir als Prädikat höherer Gei-<lb/>ſter unſere Achtung nicht verſagen möchten. Wollteſt<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[88/0098]
Dich als ihren erwählten Planeten umtanzen. Der hu-
moriſtiſche Freund, der mit Dir die Umgegend recognos-
cirt, ſcheint wohl nur durch die Atmoſphäre der heißen
Junitage dem Schlaf zu unterliegen, während er träu-
mend das anmuthige Bild deiner kleinen Perſon recog-
noscirt, da mag es ihm denn freilich nicht beikommen,
daß Du ihn unterdeſſen dahin verſetzen möchteſt, wo
dein heroiſcher Geiſt ſelber weilt.
Was Du mir von Jacobi erzählſt, hat mich ſehr
ergötzt, ſeine jugendlichen Eigenheiten ſpiegeln ſich voll-
kommen darin; es iſt eine geraume Zeit her, daß ich
mich nicht perſönlich mit ihm berührt habe, die artige
Schilderung deiner Erlebniſſe mit ihm auf der Seefahrt,
die dein Muthwille ausheckte, haben mir ähnliche heitere
Tage unſeres Umgangs wieder zurückgerufen. Zu loben
biſt Du, daß Du keiner authentiſchen Gewalt bedarfſt,
um den Achtungswerthen ohne Vorurtheil zu huldigen.
So iſt gewiß Jacobi unter allen ſtrebenden und philo-
ſophirenden Geiſtern der Zeit derjenige, der am wenig-
ſten mit ſeiner Empfindung und urſprünglichen Natur
in Widerſpruch gerieth, und daher ſein ſittliches Gefühl
unverletzt bewahrte, dem wir als Prädikat höherer Gei-
ſter unſere Achtung nicht verſagen möchten. Wollteſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/98>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.