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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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gung. Alle Ansprüche, aller Reiz, alle Leidenschaft soll
befriedigt werden, aber nur durch das Göttliche, und
so nicht der Sklave der Leidenschaft, sondern unserer
höheren Natur werden.

Wenn ich mich über mich selbst stelle und über
mein Thun und Treiben, dann kommen mir gleich Ge-
danken von denen empfinde ich sie haben eine bestimmte
Beziehung auf eine bestimmte Erscheinung in mir, wie
gewiß auch bei den verschiednen Epochen in dem Pflan-
zenleben die Nahrung eine verschiedne geistige Richtung
annimmt, daß zum Beispiel beim Blühen der Nahrungs-
stoff, der doch aus denselben Elementen besteht, eine in
sich selbst erhöhte geistige Verwandlung vornimmt,
denn er äußert sich ja nicht mehr blos vegetirend in
dem Leben der Pflanze, sondern duftend wissend in ih-
rem Geist. Gedanken dieser Art beglücken mich, wenn
ich Frieden mit mir schließe und den Schlaf gleichsam
annehme als Versöhnung mit mir selbst; so gestern
Abend fühlte ich vor dem Einschlafen, als ob mich mein
Inneres in Liebe aufgenommen habe, und da schlief ich
die Ruhe bis tief in meine Seele hinein, und wachte
von Zeit zu Zeit auf, und hatte Gedanken. Ich schrieb
sie, ohne sie weiter zu spinnen, oder ihren Gehalt zu
wägen, ja selbst manche, ohne sie ganz zu verstehen,

gung. Alle Anſprüche, aller Reiz, alle Leidenſchaft ſoll
befriedigt werden, aber nur durch das Göttliche, und
ſo nicht der Sklave der Leidenſchaft, ſondern unſerer
höheren Natur werden.

Wenn ich mich über mich ſelbſt ſtelle und über
mein Thun und Treiben, dann kommen mir gleich Ge-
danken von denen empfinde ich ſie haben eine beſtimmte
Beziehung auf eine beſtimmte Erſcheinung in mir, wie
gewiß auch bei den verſchiednen Epochen in dem Pflan-
zenleben die Nahrung eine verſchiedne geiſtige Richtung
annimmt, daß zum Beiſpiel beim Blühen der Nahrungs-
ſtoff, der doch aus denſelben Elementen beſteht, eine in
ſich ſelbſt erhöhte geiſtige Verwandlung vornimmt,
denn er äußert ſich ja nicht mehr blos vegetirend in
dem Leben der Pflanze, ſondern duftend wiſſend in ih-
rem Geiſt. Gedanken dieſer Art beglücken mich, wenn
ich Frieden mit mir ſchließe und den Schlaf gleichſam
annehme als Verſöhnung mit mir ſelbſt; ſo geſtern
Abend fühlte ich vor dem Einſchlafen, als ob mich mein
Inneres in Liebe aufgenommen habe, und da ſchlief ich
die Ruhe bis tief in meine Seele hinein, und wachte
von Zeit zu Zeit auf, und hatte Gedanken. Ich ſchrieb
ſie, ohne ſie weiter zu ſpinnen, oder ihren Gehalt zu
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[137/0147] gung. Alle Anſprüche, aller Reiz, alle Leidenſchaft ſoll befriedigt werden, aber nur durch das Göttliche, und ſo nicht der Sklave der Leidenſchaft, ſondern unſerer höheren Natur werden. Wenn ich mich über mich ſelbſt ſtelle und über mein Thun und Treiben, dann kommen mir gleich Ge- danken von denen empfinde ich ſie haben eine beſtimmte Beziehung auf eine beſtimmte Erſcheinung in mir, wie gewiß auch bei den verſchiednen Epochen in dem Pflan- zenleben die Nahrung eine verſchiedne geiſtige Richtung annimmt, daß zum Beiſpiel beim Blühen der Nahrungs- ſtoff, der doch aus denſelben Elementen beſteht, eine in ſich ſelbſt erhöhte geiſtige Verwandlung vornimmt, denn er äußert ſich ja nicht mehr blos vegetirend in dem Leben der Pflanze, ſondern duftend wiſſend in ih- rem Geiſt. Gedanken dieſer Art beglücken mich, wenn ich Frieden mit mir ſchließe und den Schlaf gleichſam annehme als Verſöhnung mit mir ſelbſt; ſo geſtern Abend fühlte ich vor dem Einſchlafen, als ob mich mein Inneres in Liebe aufgenommen habe, und da ſchlief ich die Ruhe bis tief in meine Seele hinein, und wachte von Zeit zu Zeit auf, und hatte Gedanken. Ich ſchrieb ſie, ohne ſie weiter zu ſpinnen, oder ihren Gehalt zu wägen, ja ſelbſt manche, ohne ſie ganz zu verſtehen,

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/147>, abgerufen am 24.11.2024.