[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.rei des Witzes zu heiteren Gedichten. -- Die Küsse, die rei des Witzes zu heiteren Gedichten. — Die Küſſe, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0222" n="212"/> rei des Witzes zu heiteren Gedichten. — Die Küſſe, die<lb/> Seufzer, Thränen und Lächeln jagen und necken einan-<lb/> der nicht mehr, es iſt feierliche Stille, es iſt feierliche<lb/> Wehmuth, die mich ganz durchgreift. In meiner Bruſt<lb/> ordnen ſich die Harmonieen, die Tonarten löſen ſich von<lb/> einander, jede fühlt die Organe ihrer Verwandtſchaften<lb/> in ſich mächtig und was ſie vermag. So iſt es in<lb/> meiner Bruſt, weil ich's wage mich vor Dich zu ſtellen,<lb/> mitten in Deinen Weg, den Du eilend durchjagſt, und<lb/> Dich zu fragen: Kennſt Du mich noch? — die außer<lb/> Dir niemand kennt? — Siehe in mitten dieſer Bruſt<lb/> ſteht der reine Kelch der Liebe, gefüllt bis zum Rand<lb/> mit herbem Trank, mit bitteren Thränen ſchmerzlichen<lb/> Entbehrens. Wenn die Harmonieen übergehen in ein-<lb/> ander dann wird der Kelch erſchüttert, dann ſtrömen die<lb/> Thränen; ſie fließen Dir, der Du die Todtenopfer liebſt,<lb/> der Du ſagteſt: „<hi rendition="#g">Unſterblich ſein, um nach dem<lb/> Tode tauſendfach in jedem Buſen zu erwa-<lb/> chen</hi>.“ Ja! damals wollte ich: allein in meinem Bu-<lb/> ſen ſollteſt Du erwachen; und es iſt wahr geworden<lb/> und dicht hinter mir und Dir iſt das Leben abgeſchloſ-<lb/> ſen. Ach ich bin Deiner heiligen Gegenwart nicht ge-<lb/> wachſen, ich wage zu viel und ſtürze zuſammen und<lb/> ſehne mich nach einer Bruſt die lebt unter den Leben-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0222]
rei des Witzes zu heiteren Gedichten. — Die Küſſe, die
Seufzer, Thränen und Lächeln jagen und necken einan-
der nicht mehr, es iſt feierliche Stille, es iſt feierliche
Wehmuth, die mich ganz durchgreift. In meiner Bruſt
ordnen ſich die Harmonieen, die Tonarten löſen ſich von
einander, jede fühlt die Organe ihrer Verwandtſchaften
in ſich mächtig und was ſie vermag. So iſt es in
meiner Bruſt, weil ich's wage mich vor Dich zu ſtellen,
mitten in Deinen Weg, den Du eilend durchjagſt, und
Dich zu fragen: Kennſt Du mich noch? — die außer
Dir niemand kennt? — Siehe in mitten dieſer Bruſt
ſteht der reine Kelch der Liebe, gefüllt bis zum Rand
mit herbem Trank, mit bitteren Thränen ſchmerzlichen
Entbehrens. Wenn die Harmonieen übergehen in ein-
ander dann wird der Kelch erſchüttert, dann ſtrömen die
Thränen; ſie fließen Dir, der Du die Todtenopfer liebſt,
der Du ſagteſt: „Unſterblich ſein, um nach dem
Tode tauſendfach in jedem Buſen zu erwa-
chen.“ Ja! damals wollte ich: allein in meinem Bu-
ſen ſollteſt Du erwachen; und es iſt wahr geworden
und dicht hinter mir und Dir iſt das Leben abgeſchloſ-
ſen. Ach ich bin Deiner heiligen Gegenwart nicht ge-
wachſen, ich wage zu viel und ſtürze zuſammen und
ſehne mich nach einer Bruſt die lebt unter den Leben-
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