Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Hekate tritt hinter dem Altar hervor.

Hekate. Erodion! trete in den Kreis der Schlange.
(Er thut es: die Schlange verschwindet.) Zu lange, Immor¬
talita, warst du, durch die Macht des Unglaubens und
der Barbarei, von Wenigen gekannt, von Vielen be¬
zweifelt, in diesen engen Kreis gebannt. Ein Orakel,
so alt als die Welt, sagt, der glaubigen Liebe
werde gelingen, dich selbst in dem erebischen Dunkel
zu finden, dich hervorzuziehen und deinen Thron in
ewiger Klarheit, zu gründen, zugänglich für Alle. Diese
Zeit ist nun gekommen, dir, Erodion, bleibt nur noch
etwas zu thun übrig.

Der Schauplatz verwandelt sich in einen Theil der elisaischen
Gärten, die Scene ist matt erleuchtet, man sieht Schatten hin und
wieder irren. Zur Seite ein Fels, im Hintergrund der Styx und
Charons Nachen.

Die Vorigen.

Hekate. Sieh Erodion, diesen Einsturzdrohen¬
den Fels, er ist die unübersteigliche Scheidewand, der
des sterblichen Lebens Reich von dem deiner Gebie¬
terin scheidet, er verwehrt der Sonne ihre Strah¬
len her zu senden, und getrennten Lieben sich wie¬
der zu begegnen. Erodion! versuche es, diesen Fel¬
sen einzustürzen, daß deine Geliebte auf seinen Trüm¬

Hekate tritt hinter dem Altar hervor.

Hekate. Erodion! trete in den Kreis der Schlange.
(Er thut es: die Schlange verſchwindet.) Zu lange, Immor¬
talita, warſt du, durch die Macht des Unglaubens und
der Barbarei, von Wenigen gekannt, von Vielen be¬
zweifelt, in dieſen engen Kreis gebannt. Ein Orakel,
ſo alt als die Welt, ſagt, der glaubigen Liebe
werde gelingen, dich ſelbſt in dem erebiſchen Dunkel
zu finden, dich hervorzuziehen und deinen Thron in
ewiger Klarheit, zu gründen, zugänglich für Alle. Dieſe
Zeit iſt nun gekommen, dir, Erodion, bleibt nur noch
etwas zu thun übrig.

Der Schauplatz verwandelt ſich in einen Theil der eliſaiſchen
Gärten, die Scene iſt matt erleuchtet, man ſieht Schatten hin und
wieder irren. Zur Seite ein Fels, im Hintergrund der Styx und
Charons Nachen.

Die Vorigen.

Hekate. Sieh Erodion, dieſen Einſturzdrohen¬
den Fels, er iſt die unüberſteigliche Scheidewand, der
des ſterblichen Lebens Reich von dem deiner Gebie¬
terin ſcheidet, er verwehrt der Sonne ihre Strah¬
len her zu ſenden, und getrennten Lieben ſich wie¬
der zu begegnen. Erodion! verſuche es, dieſen Fel¬
ſen einzuſtürzen, daß deine Geliebte auf ſeinen Trüm¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0119" n="103"/>
              <p rendition="#c">Hekate tritt hinter dem Altar hervor.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Hekate</hi>. Erodion! trete in den Kreis der Schlange.<lb/>
(Er thut es: die Schlange ver&#x017F;chwindet.) Zu lange, Immor¬<lb/>
talita, war&#x017F;t du, durch die Macht des Unglaubens und<lb/>
der Barbarei, von Wenigen gekannt, von Vielen be¬<lb/>
zweifelt, in die&#x017F;en engen Kreis gebannt. Ein Orakel,<lb/>
&#x017F;o alt als die Welt, &#x017F;agt, der glaubigen Liebe<lb/>
werde gelingen, dich &#x017F;elb&#x017F;t in dem erebi&#x017F;chen Dunkel<lb/>
zu finden, dich hervorzuziehen und deinen Thron in<lb/>
ewiger Klarheit, zu gründen, zugänglich für Alle. Die&#x017F;e<lb/>
Zeit i&#x017F;t nun gekommen, dir, Erodion, bleibt nur noch<lb/>
etwas zu thun übrig.</p><lb/>
              <p>Der Schauplatz verwandelt &#x017F;ich in einen Theil der eli&#x017F;ai&#x017F;chen<lb/>
Gärten, die Scene i&#x017F;t matt erleuchtet, man &#x017F;ieht Schatten hin und<lb/>
wieder irren. Zur Seite ein Fels, im Hintergrund der Styx und<lb/>
Charons Nachen.</p><lb/>
            </div>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#g">Die Vorigen</hi>.<lb/></head>
              <p><hi rendition="#g">Hekate</hi>. Sieh Erodion, die&#x017F;en Ein&#x017F;turzdrohen¬<lb/>
den Fels, er i&#x017F;t die unüber&#x017F;teigliche Scheidewand, der<lb/>
des &#x017F;terblichen Lebens Reich von dem deiner Gebie¬<lb/>
terin &#x017F;cheidet, er verwehrt der Sonne ihre Strah¬<lb/>
len her zu &#x017F;enden, und getrennten Lieben &#x017F;ich wie¬<lb/>
der zu begegnen. Erodion! ver&#x017F;uche es, die&#x017F;en Fel¬<lb/>
&#x017F;en einzu&#x017F;türzen, daß deine Geliebte auf &#x017F;einen Trüm¬<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0119] Hekate tritt hinter dem Altar hervor. Hekate. Erodion! trete in den Kreis der Schlange. (Er thut es: die Schlange verſchwindet.) Zu lange, Immor¬ talita, warſt du, durch die Macht des Unglaubens und der Barbarei, von Wenigen gekannt, von Vielen be¬ zweifelt, in dieſen engen Kreis gebannt. Ein Orakel, ſo alt als die Welt, ſagt, der glaubigen Liebe werde gelingen, dich ſelbſt in dem erebiſchen Dunkel zu finden, dich hervorzuziehen und deinen Thron in ewiger Klarheit, zu gründen, zugänglich für Alle. Dieſe Zeit iſt nun gekommen, dir, Erodion, bleibt nur noch etwas zu thun übrig. Der Schauplatz verwandelt ſich in einen Theil der eliſaiſchen Gärten, die Scene iſt matt erleuchtet, man ſieht Schatten hin und wieder irren. Zur Seite ein Fels, im Hintergrund der Styx und Charons Nachen. Die Vorigen. Hekate. Sieh Erodion, dieſen Einſturzdrohen¬ den Fels, er iſt die unüberſteigliche Scheidewand, der des ſterblichen Lebens Reich von dem deiner Gebie¬ terin ſcheidet, er verwehrt der Sonne ihre Strah¬ len her zu ſenden, und getrennten Lieben ſich wie¬ der zu begegnen. Erodion! verſuche es, dieſen Fel¬ ſen einzuſtürzen, daß deine Geliebte auf ſeinen Trüm¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/119
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/119>, abgerufen am 29.11.2024.