Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

meisten Schuhe blieben stecken, die Laternen kamen uns
bald entgegen, die beschwichtigten Esel wurden wieder
heran geführt, und so kamen wir zwar beritten an, aber
in welchem Zustand? -- Alle Strohhüte hatten im Mo¬
rast gelegen. Die Schuhe fehlten, die Damengewande
so naß, als sollten sie zu Statuen Modell stehen, und
die Herren nicht minder; man verfügte sich in die Bä¬
der und kam neugeboren und neugestrählt heraus, ein
Gesammt-Abendthee in Pantoffel und Schlafröcken und
Pudermäntel eingenommen, machte den Beschluß, alles
beschrie des Unfalls Jammer und lachte sich halb todt
drüber. Mstr. Haise, dessen natürliche Haarfarbe jetzt
zu Tag kam, war nicht mehr zu erkennen, aber seine
Schönheit wurde allgemein bewundert, sein braunrothes
Haar stand ihm so viel schöner als der Puder, womit
ers hatte verbergen wollen, daß man schrie: jetzt könne
er erst interessiren, was man vorher für unmöglich
hielt. Wer war vergnügter wie Er, der feierlich dem
Puder abschwor und mit himmlischer Selbstzufriedenheit
bei den Frauen herumspazierte, sich bewundern zu las¬
sen. -- Ich und die Lisett haben noch bis Mitternacht
die Strohhüte renovirt, ich schlug sie alle auf der einen
Seite mit einer Kokarde auf, wenn man nun im Schat¬
ten sein will, so setzt man die Schippe nach vornen,

meiſten Schuhe blieben ſtecken, die Laternen kamen uns
bald entgegen, die beſchwichtigten Eſel wurden wieder
heran geführt, und ſo kamen wir zwar beritten an, aber
in welchem Zuſtand? — Alle Strohhüte hatten im Mo¬
raſt gelegen. Die Schuhe fehlten, die Damengewande
ſo naß, als ſollten ſie zu Statuen Modell ſtehen, und
die Herren nicht minder; man verfügte ſich in die Bä¬
der und kam neugeboren und neugeſtrählt heraus, ein
Geſammt-Abendthee in Pantoffel und Schlafröcken und
Pudermäntel eingenommen, machte den Beſchluß, alles
beſchrie des Unfalls Jammer und lachte ſich halb todt
drüber. Mſtr. Haiſe, deſſen natürliche Haarfarbe jetzt
zu Tag kam, war nicht mehr zu erkennen, aber ſeine
Schönheit wurde allgemein bewundert, ſein braunrothes
Haar ſtand ihm ſo viel ſchöner als der Puder, womit
ers hatte verbergen wollen, daß man ſchrie: jetzt könne
er erſt intereſſiren, was man vorher für unmöglich
hielt. Wer war vergnügter wie Er, der feierlich dem
Puder abſchwor und mit himmliſcher Selbſtzufriedenheit
bei den Frauen herumſpazierte, ſich bewundern zu laſ¬
ſen. — Ich und die Liſett haben noch bis Mitternacht
die Strohhüte renovirt, ich ſchlug ſie alle auf der einen
Seite mit einer Kokarde auf, wenn man nun im Schat¬
ten ſein will, ſo ſetzt man die Schippe nach vornen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0146" n="130"/>
mei&#x017F;ten Schuhe blieben &#x017F;tecken, die Laternen kamen uns<lb/>
bald entgegen, die be&#x017F;chwichtigten E&#x017F;el wurden wieder<lb/>
heran geführt, und &#x017F;o kamen wir zwar beritten an, aber<lb/>
in welchem Zu&#x017F;tand? &#x2014; Alle Strohhüte hatten im Mo¬<lb/>
ra&#x017F;t gelegen. Die Schuhe fehlten, die Damengewande<lb/>
&#x017F;o naß, als &#x017F;ollten &#x017F;ie zu Statuen Modell &#x017F;tehen, und<lb/>
die Herren nicht minder; man verfügte &#x017F;ich in die Bä¬<lb/>
der und kam neugeboren und neuge&#x017F;trählt heraus, ein<lb/>
Ge&#x017F;ammt-Abendthee in Pantoffel und Schlafröcken und<lb/>
Pudermäntel eingenommen, machte den Be&#x017F;chluß, alles<lb/>
be&#x017F;chrie des Unfalls Jammer und lachte &#x017F;ich halb todt<lb/>
drüber. M&#x017F;tr. Hai&#x017F;e, de&#x017F;&#x017F;en natürliche Haarfarbe jetzt<lb/>
zu Tag kam, war nicht mehr zu erkennen, aber &#x017F;eine<lb/>
Schönheit wurde allgemein bewundert, &#x017F;ein braunrothes<lb/>
Haar &#x017F;tand ihm &#x017F;o viel &#x017F;chöner als der Puder, womit<lb/>
ers hatte verbergen wollen, daß man &#x017F;chrie: jetzt könne<lb/>
er er&#x017F;t intere&#x017F;&#x017F;iren, was man vorher für unmöglich<lb/>
hielt. Wer war vergnügter wie Er, der feierlich dem<lb/>
Puder ab&#x017F;chwor und mit himmli&#x017F;cher Selb&#x017F;tzufriedenheit<lb/>
bei den Frauen herum&#x017F;pazierte, &#x017F;ich bewundern zu la&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en. &#x2014; Ich und die Li&#x017F;ett haben noch bis Mitternacht<lb/>
die Strohhüte renovirt, ich &#x017F;chlug &#x017F;ie alle auf der einen<lb/>
Seite mit einer Kokarde auf, wenn man nun im Schat¬<lb/>
ten &#x017F;ein will, &#x017F;o &#x017F;etzt man die Schippe nach vornen,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0146] meiſten Schuhe blieben ſtecken, die Laternen kamen uns bald entgegen, die beſchwichtigten Eſel wurden wieder heran geführt, und ſo kamen wir zwar beritten an, aber in welchem Zuſtand? — Alle Strohhüte hatten im Mo¬ raſt gelegen. Die Schuhe fehlten, die Damengewande ſo naß, als ſollten ſie zu Statuen Modell ſtehen, und die Herren nicht minder; man verfügte ſich in die Bä¬ der und kam neugeboren und neugeſtrählt heraus, ein Geſammt-Abendthee in Pantoffel und Schlafröcken und Pudermäntel eingenommen, machte den Beſchluß, alles beſchrie des Unfalls Jammer und lachte ſich halb todt drüber. Mſtr. Haiſe, deſſen natürliche Haarfarbe jetzt zu Tag kam, war nicht mehr zu erkennen, aber ſeine Schönheit wurde allgemein bewundert, ſein braunrothes Haar ſtand ihm ſo viel ſchöner als der Puder, womit ers hatte verbergen wollen, daß man ſchrie: jetzt könne er erſt intereſſiren, was man vorher für unmöglich hielt. Wer war vergnügter wie Er, der feierlich dem Puder abſchwor und mit himmliſcher Selbſtzufriedenheit bei den Frauen herumſpazierte, ſich bewundern zu laſ¬ ſen. — Ich und die Liſett haben noch bis Mitternacht die Strohhüte renovirt, ich ſchlug ſie alle auf der einen Seite mit einer Kokarde auf, wenn man nun im Schat¬ ten ſein will, ſo ſetzt man die Schippe nach vornen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/146
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/146>, abgerufen am 29.11.2024.