Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Wipfeln durch, den rothen Himmel glänzen, und wie der
sich verzog in ein dämmerndes Gold, aber ohne Schein
und endlich ein Blau, schweigende Sternchen glitzerten,
und der Pfad lief immer fort im Wald und die Sterne
sahen hoch herab, und keins wagte die Stille zu unter¬
brechen, schweigend, ein Tritt nach dem andern raschelte
durchs Laub. -- Ach, sagt ich, laß uns einen Augen¬
blick ausruhen, Du wirst sehen, dann wird der Wald
auf einmal sich aufthun; ach, sagte die Tonie leise, was wird
das werden, wo kommen wir hin? -- statt zu klagen,
mußte ich laut lachen; -- "um Gotteswillen wie kannst Du
so schaurig lachen, schweig still, es können böse Leute in
der Nähe sein, die uns hören. "Ich meint aber, wenn
wir so sacht redeten und wanderten, das könnt noch
viel gefährlicher sein, und die Tonie ließ sich überreden,
daß ich ein Lied sang. -- Das schallte! -- Das machte
mich so glücklich, und der schweigende Wald, -- und
dann ich wieder, und dann er wieder. Die Tonie hatte
sich auf dem Pfad so gesetzt, um die Richtung nicht zu
verlieren, der wir schon die ganze Zeit gefolgt waren,
ich aber lag rückwärts und sah in die Höh, auf ein¬
mal entdeckte ich, daß der Wald links lichter ward,
und daß der Himmel ganz frei war; ich sagte, dort
müssen wir hin, da sind wir gleich aus dem Wald.

7**

Wipfeln durch, den rothen Himmel glänzen, und wie der
ſich verzog in ein dämmerndes Gold, aber ohne Schein
und endlich ein Blau, ſchweigende Sternchen glitzerten,
und der Pfad lief immer fort im Wald und die Sterne
ſahen hoch herab, und keins wagte die Stille zu unter¬
brechen, ſchweigend, ein Tritt nach dem andern raſchelte
durchs Laub. — Ach, ſagt ich, laß uns einen Augen¬
blick ausruhen, Du wirſt ſehen, dann wird der Wald
auf einmal ſich aufthun; ach, ſagte die Tonie leiſe, was wird
das werden, wo kommen wir hin? — ſtatt zu klagen,
mußte ich laut lachen; — „um Gotteswillen wie kannſt Du
ſo ſchaurig lachen, ſchweig ſtill, es können böſe Leute in
der Nähe ſein, die uns hören. „Ich meint aber, wenn
wir ſo ſacht redeten und wanderten, das könnt noch
viel gefährlicher ſein, und die Tonie ließ ſich überreden,
daß ich ein Lied ſang. — Das ſchallte! — Das machte
mich ſo glücklich, und der ſchweigende Wald, — und
dann ich wieder, und dann er wieder. Die Tonie hatte
ſich auf dem Pfad ſo geſetzt, um die Richtung nicht zu
verlieren, der wir ſchon die ganze Zeit gefolgt waren,
ich aber lag rückwärts und ſah in die Höh, auf ein¬
mal entdeckte ich, daß der Wald links lichter ward,
und daß der Himmel ganz frei war; ich ſagte, dort
müſſen wir hin, da ſind wir gleich aus dem Wald.

7**
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0169" n="153"/>
Wipfeln durch, den rothen Himmel glänzen, und wie der<lb/>
&#x017F;ich verzog in ein dämmerndes Gold, aber ohne Schein<lb/>
und endlich ein Blau, &#x017F;chweigende Sternchen glitzerten,<lb/>
und der Pfad lief immer fort im Wald und die Sterne<lb/>
&#x017F;ahen hoch herab, und keins wagte die Stille zu unter¬<lb/>
brechen, &#x017F;chweigend, ein Tritt nach dem andern ra&#x017F;chelte<lb/>
durchs Laub. &#x2014; Ach, &#x017F;agt ich, laß uns einen Augen¬<lb/>
blick ausruhen, Du wir&#x017F;t &#x017F;ehen, dann wird der Wald<lb/>
auf einmal &#x017F;ich aufthun; ach, &#x017F;agte die Tonie lei&#x017F;e, was wird<lb/>
das werden, wo kommen wir hin? &#x2014; &#x017F;tatt zu klagen,<lb/>
mußte ich laut lachen; &#x2014; &#x201E;um Gotteswillen wie kann&#x017F;t Du<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chaurig lachen, &#x017F;chweig &#x017F;till, es können bö&#x017F;e Leute in<lb/>
der Nähe &#x017F;ein, die uns hören. &#x201E;Ich meint aber, wenn<lb/>
wir &#x017F;o &#x017F;acht redeten und wanderten, das könnt noch<lb/>
viel gefährlicher &#x017F;ein, und die Tonie ließ &#x017F;ich überreden,<lb/>
daß ich ein Lied &#x017F;ang. &#x2014; Das &#x017F;challte! &#x2014; Das machte<lb/>
mich &#x017F;o glücklich, und der &#x017F;chweigende Wald, &#x2014; und<lb/>
dann ich wieder, und dann er wieder. Die Tonie hatte<lb/>
&#x017F;ich auf dem Pfad &#x017F;o ge&#x017F;etzt, um die Richtung nicht zu<lb/>
verlieren, der wir &#x017F;chon die ganze Zeit gefolgt waren,<lb/>
ich aber lag rückwärts und &#x017F;ah in die Höh, auf ein¬<lb/>
mal entdeckte ich, daß der Wald links lichter ward,<lb/>
und daß der Himmel ganz frei war; ich &#x017F;agte, dort<lb/>&#x017F;&#x017F;en wir hin, da &#x017F;ind wir gleich aus dem Wald.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">7**<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0169] Wipfeln durch, den rothen Himmel glänzen, und wie der ſich verzog in ein dämmerndes Gold, aber ohne Schein und endlich ein Blau, ſchweigende Sternchen glitzerten, und der Pfad lief immer fort im Wald und die Sterne ſahen hoch herab, und keins wagte die Stille zu unter¬ brechen, ſchweigend, ein Tritt nach dem andern raſchelte durchs Laub. — Ach, ſagt ich, laß uns einen Augen¬ blick ausruhen, Du wirſt ſehen, dann wird der Wald auf einmal ſich aufthun; ach, ſagte die Tonie leiſe, was wird das werden, wo kommen wir hin? — ſtatt zu klagen, mußte ich laut lachen; — „um Gotteswillen wie kannſt Du ſo ſchaurig lachen, ſchweig ſtill, es können böſe Leute in der Nähe ſein, die uns hören. „Ich meint aber, wenn wir ſo ſacht redeten und wanderten, das könnt noch viel gefährlicher ſein, und die Tonie ließ ſich überreden, daß ich ein Lied ſang. — Das ſchallte! — Das machte mich ſo glücklich, und der ſchweigende Wald, — und dann ich wieder, und dann er wieder. Die Tonie hatte ſich auf dem Pfad ſo geſetzt, um die Richtung nicht zu verlieren, der wir ſchon die ganze Zeit gefolgt waren, ich aber lag rückwärts und ſah in die Höh, auf ein¬ mal entdeckte ich, daß der Wald links lichter ward, und daß der Himmel ganz frei war; ich ſagte, dort müſſen wir hin, da ſind wir gleich aus dem Wald. 7**

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/169
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/169>, abgerufen am 15.05.2024.