von Mekka am Tage Arafah, dem neunten im letzten Monat des arabischen Jahres, ihre Andacht auf diesem Berge verrichten. Mag denn Clemens wie Adam den Unthieren und Bergklüften von Dir vorpredigen, ich bin zufrieden unterdeß, daß Du mich zum Hüter Deiner ver¬ borgnen Wohnung bestellt hast und mich zum Kerbholz Deiner heimlichen Seligkeiten machst; ich möchte Dir immer still halten, so anmuthig fühle ich mich bemalt und beschrieben von Deinen Erlebnissen, versäume nichts, schreib mir alles, wie wenn es gesungen wär, wo Du auch keinen Ton auslassen darfst, ohne die Harmonie zu zerstücklen, ich werd gewiß still halten und still schweigen. Und die Gedanken "die Dich er¬ götzen, von denen Du wünschest, daß sie wahr sein mö¬ gen, und die von selbst in Dir aufwachsen", willst Du sie nicht auch aufzeichnen für mich? -- Ich warte alle Tage auf Deine Briefe, mir bangt immer du mögest einen Tag überschlagen, bis jetzt warst Du sehr gütig gegen mich -- ich geh mit Zuversicht wenn ich Abends nach Hause komme und fasse den Brief auf meinem Kopfkissen, wo er hingelegt wird von der Magd, im Dunklen, und halt ihn bis Licht kommt -- im Bett lese ich ihn noch einmal, das macht mir gute Gedan¬ ken, ich bin auch jetzt ganz heiter, nur kann ich selbst
von Mekka am Tage Arafah, dem neunten im letzten Monat des arabiſchen Jahres, ihre Andacht auf dieſem Berge verrichten. Mag denn Clemens wie Adam den Unthieren und Bergklüften von Dir vorpredigen, ich bin zufrieden unterdeß, daß Du mich zum Hüter Deiner ver¬ borgnen Wohnung beſtellt haſt und mich zum Kerbholz Deiner heimlichen Seligkeiten machſt; ich möchte Dir immer ſtill halten, ſo anmuthig fühle ich mich bemalt und beſchrieben von Deinen Erlebniſſen, verſäume nichts, ſchreib mir alles, wie wenn es geſungen wär, wo Du auch keinen Ton auslaſſen darfſt, ohne die Harmonie zu zerſtücklen, ich werd gewiß ſtill halten und ſtill ſchweigen. Und die Gedanken „die Dich er¬ götzen, von denen Du wünſcheſt, daß ſie wahr ſein mö¬ gen, und die von ſelbſt in Dir aufwachſen“, willſt Du ſie nicht auch aufzeichnen für mich? — Ich warte alle Tage auf Deine Briefe, mir bangt immer du mögeſt einen Tag überſchlagen, bis jetzt warſt Du ſehr gütig gegen mich — ich geh mit Zuverſicht wenn ich Abends nach Hauſe komme und faſſe den Brief auf meinem Kopfkiſſen, wo er hingelegt wird von der Magd, im Dunklen, und halt ihn bis Licht kommt — im Bett leſe ich ihn noch einmal, das macht mir gute Gedan¬ ken, ich bin auch jetzt ganz heiter, nur kann ich ſelbſt
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[210/0226]
von Mekka am Tage Arafah, dem neunten im letzten
Monat des arabiſchen Jahres, ihre Andacht auf dieſem
Berge verrichten. Mag denn Clemens wie Adam den
Unthieren und Bergklüften von Dir vorpredigen, ich bin
zufrieden unterdeß, daß Du mich zum Hüter Deiner ver¬
borgnen Wohnung beſtellt haſt und mich zum Kerbholz
Deiner heimlichen Seligkeiten machſt; ich möchte Dir
immer ſtill halten, ſo anmuthig fühle ich mich bemalt
und beſchrieben von Deinen Erlebniſſen, verſäume
nichts, ſchreib mir alles, wie wenn es geſungen wär,
wo Du auch keinen Ton auslaſſen darfſt, ohne die
Harmonie zu zerſtücklen, ich werd gewiß ſtill halten
und ſtill ſchweigen. Und die Gedanken „die Dich er¬
götzen, von denen Du wünſcheſt, daß ſie wahr ſein mö¬
gen, und die von ſelbſt in Dir aufwachſen“, willſt Du
ſie nicht auch aufzeichnen für mich? — Ich warte alle
Tage auf Deine Briefe, mir bangt immer du mögeſt
einen Tag überſchlagen, bis jetzt warſt Du ſehr gütig
gegen mich — ich geh mit Zuverſicht wenn ich Abends
nach Hauſe komme und faſſe den Brief auf meinem
Kopfkiſſen, wo er hingelegt wird von der Magd, im
Dunklen, und halt ihn bis Licht kommt — im Bett
leſe ich ihn noch einmal, das macht mir gute Gedan¬
ken, ich bin auch jetzt ganz heiter, nur kann ich ſelbſt
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/226>, abgerufen am 24.11.2024.
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