Lehrer. Verloren ist nichts, junger Schüler, und in keiner Weise, nur das Auge vermag nicht des Grun¬ des unendliche Folgenkette zu übersehen. Aber willst Du auch dies nicht bedenken, Du kannst doch nicht verloren nennen und dahin, was so mächtig auf Dich wirkt; -- Dein eigen Geschick, die Gegenwart bewegen Dich so heftig nicht, wie das Andenken des großen Kö¬ nigs, lebt er da nicht jetzt noch mächtiger in Dir als die Gegenwart, oder nennst Du nur Leben was im Fleisch und im Sichtbaren fortlebt, und ist Dir dahin und verloren was noch in Gedanken wirkt und da ist? --
Schüler. Wenn es Leben ist, so ist es doch nicht mehr als Schattenleben, dann ist die Erinnerung des Gewesenen mehr als die bleiche Schattenwirklichkeit.
Lehrer. Gegenwart ist ein flüchtiger Augenblick, sie vergeht indem Du sie erlebst, des Lebens Bewußt¬ sein liegt in der Erinnerung, in diesem Sinn nur kannst Du Vergangnes betrachten, gleichviel ob es längst oder eben nur vorging.
Schüler. Du sprichst wahr! -- So lebt denn ein großer Mensch nicht nach seiner Weise in mir fort, sondern nach der meinen. Wie ich ihn aufnehme, wie und ob ich mich seiner erinnern mag? --
Lehrer. Freilich lebt das nur fort in Dir, was
Lehrer. Verloren iſt nichts, junger Schüler, und in keiner Weiſe, nur das Auge vermag nicht des Grun¬ des unendliche Folgenkette zu überſehen. Aber willſt Du auch dies nicht bedenken, Du kannſt doch nicht verloren nennen und dahin, was ſo mächtig auf Dich wirkt; — Dein eigen Geſchick, die Gegenwart bewegen Dich ſo heftig nicht, wie das Andenken des großen Kö¬ nigs, lebt er da nicht jetzt noch mächtiger in Dir als die Gegenwart, oder nennſt Du nur Leben was im Fleiſch und im Sichtbaren fortlebt, und iſt Dir dahin und verloren was noch in Gedanken wirkt und da iſt? —
Schüler. Wenn es Leben iſt, ſo iſt es doch nicht mehr als Schattenleben, dann iſt die Erinnerung des Geweſenen mehr als die bleiche Schattenwirklichkeit.
Lehrer. Gegenwart iſt ein flüchtiger Augenblick, ſie vergeht indem Du ſie erlebſt, des Lebens Bewußt¬ ſein liegt in der Erinnerung, in dieſem Sinn nur kannſt Du Vergangnes betrachten, gleichviel ob es längſt oder eben nur vorging.
Schüler. Du ſprichſt wahr! — So lebt denn ein großer Menſch nicht nach ſeiner Weiſe in mir fort, ſondern nach der meinen. Wie ich ihn aufnehme, wie und ob ich mich ſeiner erinnern mag? —
Lehrer. Freilich lebt das nur fort in Dir, was
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Lehrer. Verloren iſt nichts, junger Schüler, und
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des unendliche Folgenkette zu überſehen. Aber willſt
Du auch dies nicht bedenken, Du kannſt doch nicht
verloren nennen und dahin, was ſo mächtig auf Dich
wirkt; — Dein eigen Geſchick, die Gegenwart bewegen
Dich ſo heftig nicht, wie das Andenken des großen Kö¬
nigs, lebt er da nicht jetzt noch mächtiger in Dir als
die Gegenwart, oder nennſt Du nur Leben was im
Fleiſch und im Sichtbaren fortlebt, und iſt Dir dahin
und verloren was noch in Gedanken wirkt und da iſt? —
Schüler. Wenn es Leben iſt, ſo iſt es doch nicht
mehr als Schattenleben, dann iſt die Erinnerung des
Geweſenen mehr als die bleiche Schattenwirklichkeit.
Lehrer. Gegenwart iſt ein flüchtiger Augenblick,
ſie vergeht indem Du ſie erlebſt, des Lebens Bewußt¬
ſein liegt in der Erinnerung, in dieſem Sinn nur kannſt
Du Vergangnes betrachten, gleichviel ob es längſt oder
eben nur vorging.
Schüler. Du ſprichſt wahr! — So lebt denn ein
großer Menſch nicht nach ſeiner Weiſe in mir fort,
ſondern nach der meinen. Wie ich ihn aufnehme, wie
und ob ich mich ſeiner erinnern mag? —
Lehrer. Freilich lebt das nur fort in Dir, was
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/23>, abgerufen am 31.01.2025.
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