mir heute. Unter vielen Witzfaseleien, träumerischem Ge¬ seufze und Betheuerungen, daß er gar nicht mehr der¬ selbe sei, ist es das Einzige was auf Dich Beziehung hat. Weil er Dich immer auffordert, Deine phantasti¬ schen Ahnungen zu sammlen, diese Fabelbruchstücke Dei¬ ner Vergleiche, Deine Weltanschauung in irgend einer Form niederzulegen, so meinte ich wie ein guter Bienen¬ vater Deinen Gedankenschwärmen eine Blumenwiese um¬ her zu bauen, wo Deine Gedanken nur hin und her summen dürfen Honig zu sammlen. Ein glücklicher Schif¬ fer muß guten Fahrwind haben; ich dachte Deine Stu¬ dien sollten wie frischer Morgenwind Dir in die Segel blasen. -- Ich schrieb heute an Clemens, es werde sich nicht thun lassen Deinen Geist wie Most zu keltern und und ihn auf Krüge zu füllen, daß er klarer trinkbarer Wein werde. Wer nicht die Trauben vom Stock ge¬ nießen will, wie Lyaeus der Berauscher, der Sohn zweier Mütter, der aus der Luna geborne, endlich sie reifen lasse, der Vorfechter der Götter, der Rasende; -- und hei¬ lige Bäume pflanzte, heilige Wahrsagungen aussprach.
Der Naturschmelz, der Deinen Briefen und Wesen eingehaucht ist, der meint Clemens, solle in Gedichten oder Märchen aufgefaßt werden können von Dir; -- ich glaubs nicht. In Dich hinein bist Du nicht selbstthätig,
mir heute. Unter vielen Witzfaſeleien, träumeriſchem Ge¬ ſeufze und Betheuerungen, daß er gar nicht mehr der¬ ſelbe ſei, iſt es das Einzige was auf Dich Beziehung hat. Weil er Dich immer auffordert, Deine phantaſti¬ ſchen Ahnungen zu ſammlen, dieſe Fabelbruchſtücke Dei¬ ner Vergleiche, Deine Weltanſchauung in irgend einer Form niederzulegen, ſo meinte ich wie ein guter Bienen¬ vater Deinen Gedankenſchwärmen eine Blumenwieſe um¬ her zu bauen, wo Deine Gedanken nur hin und her ſummen dürfen Honig zu ſammlen. Ein glücklicher Schif¬ fer muß guten Fahrwind haben; ich dachte Deine Stu¬ dien ſollten wie friſcher Morgenwind Dir in die Segel blaſen. — Ich ſchrieb heute an Clemens, es werde ſich nicht thun laſſen Deinen Geiſt wie Moſt zu keltern und und ihn auf Krüge zu füllen, daß er klarer trinkbarer Wein werde. Wer nicht die Trauben vom Stock ge¬ nießen will, wie Lyaeus der Berauſcher, der Sohn zweier Mütter, der aus der Luna geborne, endlich ſie reifen laſſe, der Vorfechter der Götter, der Raſende; — und hei¬ lige Bäume pflanzte, heilige Wahrſagungen ausſprach.
Der Naturſchmelz, der Deinen Briefen und Weſen eingehaucht iſt, der meint Clemens, ſolle in Gedichten oder Märchen aufgefaßt werden können von Dir; — ich glaubs nicht. In Dich hinein biſt Du nicht ſelbſtthätig,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0249"n="233"/>
mir heute. Unter vielen Witzfaſeleien, träumeriſchem Ge¬<lb/>ſeufze und Betheuerungen, daß er gar nicht mehr der¬<lb/>ſelbe ſei, iſt es das Einzige was auf Dich Beziehung<lb/>
hat. Weil er Dich immer auffordert, Deine phantaſti¬<lb/>ſchen Ahnungen zu ſammlen, dieſe Fabelbruchſtücke Dei¬<lb/>
ner Vergleiche, Deine Weltanſchauung in irgend einer<lb/>
Form niederzulegen, ſo meinte ich wie ein guter Bienen¬<lb/>
vater Deinen Gedankenſchwärmen eine Blumenwieſe um¬<lb/>
her zu bauen, wo Deine Gedanken nur hin und her<lb/>ſummen dürfen Honig zu ſammlen. Ein glücklicher Schif¬<lb/>
fer muß guten Fahrwind haben; ich dachte Deine Stu¬<lb/>
dien ſollten wie friſcher Morgenwind Dir in die Segel<lb/>
blaſen. — Ich ſchrieb heute an Clemens, es werde ſich<lb/>
nicht thun laſſen Deinen Geiſt wie Moſt zu keltern und<lb/>
und ihn auf Krüge zu füllen, daß er klarer trinkbarer<lb/>
Wein werde. Wer nicht die Trauben vom Stock ge¬<lb/>
nießen will, wie Lyaeus der Berauſcher, der Sohn<lb/>
zweier Mütter, der aus der Luna geborne, endlich ſie reifen<lb/>
laſſe, der Vorfechter der Götter, der Raſende; — und hei¬<lb/>
lige Bäume pflanzte, heilige Wahrſagungen ausſprach.<lb/></p><p>Der Naturſchmelz, der Deinen Briefen und Weſen<lb/>
eingehaucht iſt, der meint Clemens, ſolle in Gedichten oder<lb/>
Märchen aufgefaßt werden können von Dir; — ich<lb/>
glaubs nicht. In Dich hinein biſt Du nicht ſelbſtthätig,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[233/0249]
mir heute. Unter vielen Witzfaſeleien, träumeriſchem Ge¬
ſeufze und Betheuerungen, daß er gar nicht mehr der¬
ſelbe ſei, iſt es das Einzige was auf Dich Beziehung
hat. Weil er Dich immer auffordert, Deine phantaſti¬
ſchen Ahnungen zu ſammlen, dieſe Fabelbruchſtücke Dei¬
ner Vergleiche, Deine Weltanſchauung in irgend einer
Form niederzulegen, ſo meinte ich wie ein guter Bienen¬
vater Deinen Gedankenſchwärmen eine Blumenwieſe um¬
her zu bauen, wo Deine Gedanken nur hin und her
ſummen dürfen Honig zu ſammlen. Ein glücklicher Schif¬
fer muß guten Fahrwind haben; ich dachte Deine Stu¬
dien ſollten wie friſcher Morgenwind Dir in die Segel
blaſen. — Ich ſchrieb heute an Clemens, es werde ſich
nicht thun laſſen Deinen Geiſt wie Moſt zu keltern und
und ihn auf Krüge zu füllen, daß er klarer trinkbarer
Wein werde. Wer nicht die Trauben vom Stock ge¬
nießen will, wie Lyaeus der Berauſcher, der Sohn
zweier Mütter, der aus der Luna geborne, endlich ſie reifen
laſſe, der Vorfechter der Götter, der Raſende; — und hei¬
lige Bäume pflanzte, heilige Wahrſagungen ausſprach.
Der Naturſchmelz, der Deinen Briefen und Weſen
eingehaucht iſt, der meint Clemens, ſolle in Gedichten oder
Märchen aufgefaßt werden können von Dir; — ich
glaubs nicht. In Dich hinein biſt Du nicht ſelbſtthätig,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/249>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.