leisen Lüftchen. Ach er macht kein Wesen von der Weisheit, von Gottesgelahrtheit, von Tugend, von Re¬ ligion. -- Ich bin ihm recht wie ich bin, er lacht mich aus wenn ich belehrt sein will und bläst mich an; -- da hast du Weisheit, sagt er. -- Dann spring ich auf und glüh im Gesicht von seinem Hauch -- ich lauf ins Haus, ich denk, wie bin ich doch glücklich! -- ich werf mich auf die Erd mit dem Angesicht und küß die Erde. Das ist mein Gebet -- wie soll ich ihn umfas¬ sen als blos wenn ich die Erde küß? -- Einsam -- bin ich nicht -- ist der Schatz überall, -- die dritte Person in der Gottheit überall; auch im Blumenstrauß vom Gärtner der an meinem Bett steht vom Mond beleuchtet in der Nacht, wenns alles still ist und tief schläft alles, und kein Licht mehr brennt in den Nach¬ barhäusern, da fangen diese bunten Farben das Mond¬ licht auf; -- wenn ich den anseh, dann sag ich: "gelt das ist deine Rede zu mir heiliger Geist, dies Farben¬ spiel in den Blumen?" -- das läugnet er nicht daß ich ihn versteh. Dir kann ichs alles sagen denn durch Dich hab ich ihn fassen gelernt, wenn ich Dir gegen¬ über saß und Du lasest mir vor am Morgen was Du am Abend gedichtet hattest, da sah ich mich immer nach Dem um der Dirs wohl vorbuchstabirt hätt, der
leiſen Lüftchen. Ach er macht kein Weſen von der Weisheit, von Gottesgelahrtheit, von Tugend, von Re¬ ligion. — Ich bin ihm recht wie ich bin, er lacht mich aus wenn ich belehrt ſein will und bläſt mich an; — da haſt du Weisheit, ſagt er. — Dann ſpring ich auf und glüh im Geſicht von ſeinem Hauch — ich lauf ins Haus, ich denk, wie bin ich doch glücklich! — ich werf mich auf die Erd mit dem Angeſicht und küß die Erde. Das iſt mein Gebet — wie ſoll ich ihn umfaſ¬ ſen als blos wenn ich die Erde küß? — Einſam — bin ich nicht — iſt der Schatz überall, — die dritte Perſon in der Gottheit überall; auch im Blumenſtrauß vom Gärtner der an meinem Bett ſteht vom Mond beleuchtet in der Nacht, wenns alles ſtill iſt und tief ſchläft alles, und kein Licht mehr brennt in den Nach¬ barhäuſern, da fangen dieſe bunten Farben das Mond¬ licht auf; — wenn ich den anſeh, dann ſag ich: „gelt das iſt deine Rede zu mir heiliger Geiſt, dies Farben¬ ſpiel in den Blumen?“ — das läugnet er nicht daß ich ihn verſteh. Dir kann ichs alles ſagen denn durch Dich hab ich ihn faſſen gelernt, wenn ich Dir gegen¬ über ſaß und Du laſeſt mir vor am Morgen was Du am Abend gedichtet hatteſt, da ſah ich mich immer nach Dem um der Dirs wohl vorbuchſtabirt hätt, der
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leiſen Lüftchen. Ach er macht kein Weſen von der
Weisheit, von Gottesgelahrtheit, von Tugend, von Re¬
ligion. — Ich bin ihm recht wie ich bin, er lacht mich
aus wenn ich belehrt ſein will und bläſt mich an; —
da haſt du Weisheit, ſagt er. — Dann ſpring ich auf
und glüh im Geſicht von ſeinem Hauch — ich lauf ins
Haus, ich denk, wie bin ich doch glücklich! — ich
werf mich auf die Erd mit dem Angeſicht und küß die
Erde. Das iſt mein Gebet — wie ſoll ich ihn umfaſ¬
ſen als blos wenn ich die Erde küß? — Einſam —
bin ich nicht — iſt der Schatz überall, — die dritte
Perſon in der Gottheit überall; auch im Blumenſtrauß
vom Gärtner der an meinem Bett ſteht vom Mond
beleuchtet in der Nacht, wenns alles ſtill iſt und tief
ſchläft alles, und kein Licht mehr brennt in den Nach¬
barhäuſern, da fangen dieſe bunten Farben das Mond¬
licht auf; — wenn ich den anſeh, dann ſag ich: „gelt
das iſt deine Rede zu mir heiliger Geiſt, dies Farben¬
ſpiel in den Blumen?“ — das läugnet er nicht daß ich
ihn verſteh. Dir kann ichs alles ſagen denn durch
Dich hab ich ihn faſſen gelernt, wenn ich Dir gegen¬
über ſaß und Du laſeſt mir vor am Morgen was Du
am Abend gedichtet hatteſt, da ſah ich mich immer nach
Dem um der Dirs wohl vorbuchſtabirt hätt, der
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/302>, abgerufen am 22.11.2024.
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