Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

bitte wenn Du keinen besondern Werth darauf legst,
ich hab mehr dergleichen von Dir, und da Dein Wi¬
derwille gegen Philosophie dich hindert ihrer zu achten,
so möchte ich diese Bruchstücke Deiner Studien wider
Willen
, beisammen bewahren, vielleicht werden sie Dir
mit der Zeit interessanter. Siegwart, ein Roman der
Vergangenheit fand ich auf dem Klavier das Tintenfaß
draufliegend, ein Glück daß es nur wenig Tinte mehr
enthielt, doch wirst Du Deine Mondschein-Composition
über die es seine Fluth ergoß, schwerlich mehr entziffern.
Es rappelte was in einer kleinen Schachtel auf dem
Fensterbrett, ich war neugierig sie aufzumachen, da flo¬
gen zwei Schmetterlinge heraus die Du als Puppen
hineingesetzt hattest, ich hab sie mit der Liesbet auf den
Altan gejagt, wo sie in den blühenden Bohnen ihren
ersten Hunger stillten. Unter Deinem Bett fegte die
Liesbet Karl den Zwölften und die Bibel hervor, und auch
-- einen Lederhandschuh, der an keiner Dame Hand
gehört, mit einem französischen Gedicht darin, dieser
Handschuh scheint unter Deinem Kopfkissen gelegen zu
haben, ich wüßte nicht daß Du Dich damit abgiebst
französische Gedichte im alten Styl zu machen, der Par¬
füm des Handschuh ist sehr angenehm und erinnert mich,
und macht mir immer heller im Kopf, und jeden Au¬

bitte wenn Du keinen beſondern Werth darauf legſt,
ich hab mehr dergleichen von Dir, und da Dein Wi¬
derwille gegen Philoſophie dich hindert ihrer zu achten,
ſo möchte ich dieſe Bruchſtücke Deiner Studien wider
Willen
, beiſammen bewahren, vielleicht werden ſie Dir
mit der Zeit intereſſanter. Siegwart, ein Roman der
Vergangenheit fand ich auf dem Klavier das Tintenfaß
draufliegend, ein Glück daß es nur wenig Tinte mehr
enthielt, doch wirſt Du Deine Mondſchein-Compoſition
über die es ſeine Fluth ergoß, ſchwerlich mehr entziffern.
Es rappelte was in einer kleinen Schachtel auf dem
Fenſterbrett, ich war neugierig ſie aufzumachen, da flo¬
gen zwei Schmetterlinge heraus die Du als Puppen
hineingeſetzt hatteſt, ich hab ſie mit der Liesbet auf den
Altan gejagt, wo ſie in den blühenden Bohnen ihren
erſten Hunger ſtillten. Unter Deinem Bett fegte die
Liesbet Karl den Zwölften und die Bibel hervor, und auch
— einen Lederhandſchuh, der an keiner Dame Hand
gehört, mit einem franzöſiſchen Gedicht darin, dieſer
Handſchuh ſcheint unter Deinem Kopfkiſſen gelegen zu
haben, ich wüßte nicht daß Du Dich damit abgiebſt
franzöſiſche Gedichte im alten Styl zu machen, der Par¬
füm des Handſchuh iſt ſehr angenehm und erinnert mich,
und macht mir immer heller im Kopf, und jeden Au¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0039" n="23"/>
bitte wenn Du keinen be&#x017F;ondern Werth darauf leg&#x017F;t,<lb/>
ich hab mehr dergleichen von Dir, und da Dein Wi¬<lb/>
derwille gegen Philo&#x017F;ophie dich hindert ihrer zu achten,<lb/>
&#x017F;o möchte ich die&#x017F;e Bruch&#x017F;tücke Deiner <hi rendition="#g">Studien wider<lb/>
Willen</hi>, bei&#x017F;ammen bewahren, vielleicht werden &#x017F;ie Dir<lb/>
mit der Zeit intere&#x017F;&#x017F;anter. Siegwart, ein Roman der<lb/>
Vergangenheit fand ich auf dem Klavier das Tintenfaß<lb/>
draufliegend, ein Glück daß es nur wenig Tinte mehr<lb/>
enthielt, doch wir&#x017F;t Du Deine Mond&#x017F;chein-Compo&#x017F;ition<lb/>
über die es &#x017F;eine Fluth ergoß, &#x017F;chwerlich mehr entziffern.<lb/>
Es rappelte was in einer kleinen Schachtel auf dem<lb/>
Fen&#x017F;terbrett, ich war neugierig &#x017F;ie aufzumachen, da flo¬<lb/>
gen zwei Schmetterlinge heraus die Du als Puppen<lb/>
hineinge&#x017F;etzt hatte&#x017F;t, ich hab &#x017F;ie mit der Liesbet auf den<lb/>
Altan gejagt, wo &#x017F;ie in den blühenden Bohnen ihren<lb/>
er&#x017F;ten Hunger &#x017F;tillten. Unter Deinem Bett fegte die<lb/>
Liesbet Karl den Zwölften und die Bibel hervor, und auch<lb/>
&#x2014; einen Lederhand&#x017F;chuh, der an keiner Dame Hand<lb/>
gehört, mit einem franzö&#x017F;i&#x017F;chen Gedicht darin, die&#x017F;er<lb/>
Hand&#x017F;chuh &#x017F;cheint unter Deinem Kopfki&#x017F;&#x017F;en gelegen zu<lb/>
haben, ich wüßte nicht daß Du Dich damit abgieb&#x017F;t<lb/>
franzö&#x017F;i&#x017F;che Gedichte im alten Styl zu machen, der Par¬<lb/>
füm des Hand&#x017F;chuh i&#x017F;t &#x017F;ehr angenehm und erinnert mich,<lb/>
und macht mir immer heller im Kopf, und jeden Au¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0039] bitte wenn Du keinen beſondern Werth darauf legſt, ich hab mehr dergleichen von Dir, und da Dein Wi¬ derwille gegen Philoſophie dich hindert ihrer zu achten, ſo möchte ich dieſe Bruchſtücke Deiner Studien wider Willen, beiſammen bewahren, vielleicht werden ſie Dir mit der Zeit intereſſanter. Siegwart, ein Roman der Vergangenheit fand ich auf dem Klavier das Tintenfaß draufliegend, ein Glück daß es nur wenig Tinte mehr enthielt, doch wirſt Du Deine Mondſchein-Compoſition über die es ſeine Fluth ergoß, ſchwerlich mehr entziffern. Es rappelte was in einer kleinen Schachtel auf dem Fenſterbrett, ich war neugierig ſie aufzumachen, da flo¬ gen zwei Schmetterlinge heraus die Du als Puppen hineingeſetzt hatteſt, ich hab ſie mit der Liesbet auf den Altan gejagt, wo ſie in den blühenden Bohnen ihren erſten Hunger ſtillten. Unter Deinem Bett fegte die Liesbet Karl den Zwölften und die Bibel hervor, und auch — einen Lederhandſchuh, der an keiner Dame Hand gehört, mit einem franzöſiſchen Gedicht darin, dieſer Handſchuh ſcheint unter Deinem Kopfkiſſen gelegen zu haben, ich wüßte nicht daß Du Dich damit abgiebſt franzöſiſche Gedichte im alten Styl zu machen, der Par¬ füm des Handſchuh iſt ſehr angenehm und erinnert mich, und macht mir immer heller im Kopf, und jeden Au¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/39
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/39>, abgerufen am 21.11.2024.