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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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das Handlen nichts, denn der Gedanke selbst ist Gott,
hingegen Handlen ist nur sich nach Gott richten, wenn
ich also Gott durch mein Denken suche, empfinde erlebe,
wie sollt ich da verlegen sein ums Handlen, ums Re¬
gieren?-- Ei nein! das ging ganz von selbst, ich würd
mich auch keinen Augenblick besinnen, denn wer den
Geist der Wahrheit einathmet wie sollte der ihn nicht
auch aushauchen? -- Nebenabsichten muß der Menschen¬
geist gar nicht haben, er muß eine heilige Richtung ha¬
ben. -- Der Mensch ist sich immer eine Hauptnebenab¬
sicht, drum muß er sich ganz verläugnen sonst erreicht
er sich selber nicht, das lautet zwar ganz verkehrt und
ist doch wahr. Das wahrhafte Ideal des Menschen ist
die lautere Selbstverläugnung, aus ihr auch allein kann
alle Weisheit hervorgehen in allen Handlungen die das
Schicksal erheischt; zu derselben Selbstverläugnung sind
wir berechtigt alle Menschen aufzufordern, denn sei das
Resultat eines solchen Thun was es wolle -- sie hand¬
len in Gott und das ist Religion, und da machs Kreuz,
oder sei Ketzer oder Heid oder Jud. -- -- -- Himmli¬
scher Sinn fürs Unsichtbare Unendliche aus dem allein
die wahre Religion hervorgeht weil dies allein zur
Gottheit führt. -- Das alles fällt mir so ein wenn ich

das Handlen nichts, denn der Gedanke ſelbſt iſt Gott,
hingegen Handlen iſt nur ſich nach Gott richten, wenn
ich alſo Gott durch mein Denken ſuche, empfinde erlebe,
wie ſollt ich da verlegen ſein ums Handlen, ums Re¬
gieren?— Ei nein! das ging ganz von ſelbſt, ich würd
mich auch keinen Augenblick beſinnen, denn wer den
Geiſt der Wahrheit einathmet wie ſollte der ihn nicht
auch aushauchen? — Nebenabſichten muß der Menſchen¬
geiſt gar nicht haben, er muß eine heilige Richtung ha¬
ben. — Der Menſch iſt ſich immer eine Hauptnebenab¬
ſicht, drum muß er ſich ganz verläugnen ſonſt erreicht
er ſich ſelber nicht, das lautet zwar ganz verkehrt und
iſt doch wahr. Das wahrhafte Ideal des Menſchen iſt
die lautere Selbſtverläugnung, aus ihr auch allein kann
alle Weisheit hervorgehen in allen Handlungen die das
Schickſal erheiſcht; zu derſelben Selbſtverläugnung ſind
wir berechtigt alle Menſchen aufzufordern, denn ſei das
Reſultat eines ſolchen Thun was es wolle — ſie hand¬
len in Gott und das iſt Religion, und da machs Kreuz,
oder ſei Ketzer oder Heid oder Jud. — — — Himmli¬
ſcher Sinn fürs Unſichtbare Unendliche aus dem allein
die wahre Religion hervorgeht weil dies allein zur
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[374/0390] das Handlen nichts, denn der Gedanke ſelbſt iſt Gott, hingegen Handlen iſt nur ſich nach Gott richten, wenn ich alſo Gott durch mein Denken ſuche, empfinde erlebe, wie ſollt ich da verlegen ſein ums Handlen, ums Re¬ gieren?— Ei nein! das ging ganz von ſelbſt, ich würd mich auch keinen Augenblick beſinnen, denn wer den Geiſt der Wahrheit einathmet wie ſollte der ihn nicht auch aushauchen? — Nebenabſichten muß der Menſchen¬ geiſt gar nicht haben, er muß eine heilige Richtung ha¬ ben. — Der Menſch iſt ſich immer eine Hauptnebenab¬ ſicht, drum muß er ſich ganz verläugnen ſonſt erreicht er ſich ſelber nicht, das lautet zwar ganz verkehrt und iſt doch wahr. Das wahrhafte Ideal des Menſchen iſt die lautere Selbſtverläugnung, aus ihr auch allein kann alle Weisheit hervorgehen in allen Handlungen die das Schickſal erheiſcht; zu derſelben Selbſtverläugnung ſind wir berechtigt alle Menſchen aufzufordern, denn ſei das Reſultat eines ſolchen Thun was es wolle — ſie hand¬ len in Gott und das iſt Religion, und da machs Kreuz, oder ſei Ketzer oder Heid oder Jud. — — — Himmli¬ ſcher Sinn fürs Unſichtbare Unendliche aus dem allein die wahre Religion hervorgeht weil dies allein zur Gottheit führt. — Das alles fällt mir ſo ein wenn ich

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/390>, abgerufen am 29.05.2024.