meinen Gespielen mich um den Mond, wenn er sich bergen wollte, und begleitete seine Bahn.
11. Die Vergangenheit war mir dahin, nur der Gegenwart gehörte ich an, eine Sehnsucht war in mir, die ihr Begehren nicht kannte, ich suchte immer, und was ich fand, war nicht das Gesuchte, und seh¬ nend trieb ich mich umher im Unendlichen.
12. Einst ward ich gewahr, daß alle die Wesen, die dem Meer entstiegen waren, wieder zu ihm zurück¬ kehrten, und in wechslenden Formen sich wieder er¬ zeugten. Mich befremdete diese Erscheinung, denn ich hatte von keinem Ende gewußt. Da dachte ich, meine Sehnsucht sei auch zurückzukehren zu der Quelle des Lebens.
13. Und da ich dies dachte und lebendiger fühlte als all mein Bewußtsein, ward plötzlich mein Gemüth wie mit betäubenden Nebeln umfangen. Aber sie schwanden bald, ich schien mir nicht mehr ich, meine Gränzen konnte ich nicht mehr finden, mein Bewußt¬ sein hatte ich überschritten, es war größer, anders, und doch fühlte ich mich in ihm.
14. Erlöset war ich von den engen Schranken meines Wesens und kein einzelner Tropfen mehr, ich war allem wiedergegeben und alles gehörte mir mit an,
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meinen Geſpielen mich um den Mond, wenn er ſich bergen wollte, und begleitete ſeine Bahn.
11. Die Vergangenheit war mir dahin, nur der Gegenwart gehörte ich an, eine Sehnſucht war in mir, die ihr Begehren nicht kannte, ich ſuchte immer, und was ich fand, war nicht das Geſuchte, und ſeh¬ nend trieb ich mich umher im Unendlichen.
12. Einſt ward ich gewahr, daß alle die Weſen, die dem Meer entſtiegen waren, wieder zu ihm zurück¬ kehrten, und in wechslenden Formen ſich wieder er¬ zeugten. Mich befremdete dieſe Erſcheinung, denn ich hatte von keinem Ende gewußt. Da dachte ich, meine Sehnſucht ſei auch zurückzukehren zu der Quelle des Lebens.
13. Und da ich dies dachte und lebendiger fühlte als all mein Bewußtſein, ward plötzlich mein Gemüth wie mit betäubenden Nebeln umfangen. Aber ſie ſchwanden bald, ich ſchien mir nicht mehr ich, meine Gränzen konnte ich nicht mehr finden, mein Bewußt¬ ſein hatte ich überſchritten, es war größer, anders, und doch fühlte ich mich in ihm.
14. Erlöſet war ich von den engen Schranken meines Weſens und kein einzelner Tropfen mehr, ich war allem wiedergegeben und alles gehörte mir mit an,
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meinen Geſpielen mich um den Mond, wenn er ſich
bergen wollte, und begleitete ſeine Bahn.
11. Die Vergangenheit war mir dahin, nur der
Gegenwart gehörte ich an, eine Sehnſucht war in
mir, die ihr Begehren nicht kannte, ich ſuchte immer,
und was ich fand, war nicht das Geſuchte, und ſeh¬
nend trieb ich mich umher im Unendlichen.
12. Einſt ward ich gewahr, daß alle die Weſen,
die dem Meer entſtiegen waren, wieder zu ihm zurück¬
kehrten, und in wechslenden Formen ſich wieder er¬
zeugten. Mich befremdete dieſe Erſcheinung, denn ich
hatte von keinem Ende gewußt. Da dachte ich, meine
Sehnſucht ſei auch zurückzukehren zu der Quelle des
Lebens.
13. Und da ich dies dachte und lebendiger fühlte
als all mein Bewußtſein, ward plötzlich mein Gemüth
wie mit betäubenden Nebeln umfangen. Aber ſie
ſchwanden bald, ich ſchien mir nicht mehr ich, meine
Gränzen konnte ich nicht mehr finden, mein Bewußt¬
ſein hatte ich überſchritten, es war größer, anders, und
doch fühlte ich mich in ihm.
14. Erlöſet war ich von den engen Schranken
meines Weſens und kein einzelner Tropfen mehr, ich
war allem wiedergegeben und alles gehörte mir mit an,
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/43>, abgerufen am 21.11.2024.
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