Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

er die Poesie als Gott nicht fassen. -- Gesetz sei
in der Poesie Ideengestalt, der Geist müsse sich in
dieser bewegen, und nicht ihr in den Weg treten,
Gesetz was der Mensch dem Göttlichen anbilden wolle,
ertödte die Ideengestalt, und so könne das Göttliche
sich nicht durch den Menschengeist in seinen Leib bil¬
den. Der Leib sei die Poesie, die Ideengestalt, und
dieser, sei er ergriffen vom tragischen, werde tödtlich
factisch, denn das Göttliche ströme den Mord aus
Worten, die Ideengestalt, die der Leib sei der Poesie,
die morde, -- so sei aber ein Tragisches was Leben
ausströme in der Ideengestalt, -- (Poesie) denn alles
sei Tragisch. -- Denn das Leben im Wort (im Leib)
sei Auferstehung, (lebendig factisch) die blos aus dem
Gemordeten hervorgehe. -- Der Tod sei der Ursprung
des Lebendigen. --

Die Poesie gefangen nehmen wollen im Gesetz,
das sei nur damit der Geist sich schaukle an zwei
Seilen sich haltend, und gebe die Anschauung als ob
er fliege. Aber ein Adler der seinen Flug nicht ab¬
messe -- obschon die eifersüchtige Sonne ihn nieder¬
drücke-- mit geheim arbeitender Seele im höchsten Be¬
wußtsein dem Bewußtsein ausweiche, und so die hei¬

er die Poeſie als Gott nicht faſſen. — Geſetz ſei
in der Poeſie Ideengeſtalt, der Geiſt müſſe ſich in
dieſer bewegen, und nicht ihr in den Weg treten,
Geſetz was der Menſch dem Göttlichen anbilden wolle,
ertödte die Ideengeſtalt, und ſo könne das Göttliche
ſich nicht durch den Menſchengeiſt in ſeinen Leib bil¬
den. Der Leib ſei die Poeſie, die Ideengeſtalt, und
dieſer, ſei er ergriffen vom tragiſchen, werde tödtlich
factiſch, denn das Göttliche ſtröme den Mord aus
Worten, die Ideengeſtalt, die der Leib ſei der Poeſie,
die morde, — ſo ſei aber ein Tragiſches was Leben
ausſtröme in der Ideengeſtalt, — (Poeſie) denn alles
ſei Tragiſch. — Denn das Leben im Wort (im Leib)
ſei Auferſtehung, (lebendig factiſch) die blos aus dem
Gemordeten hervorgehe. — Der Tod ſei der Urſprung
des Lebendigen. —

Die Poeſie gefangen nehmen wollen im Geſetz,
das ſei nur damit der Geiſt ſich ſchaukle an zwei
Seilen ſich haltend, und gebe die Anſchauung als ob
er fliege. Aber ein Adler der ſeinen Flug nicht ab¬
meſſe — obſchon die eiferſüchtige Sonne ihn nieder¬
drücke— mit geheim arbeitender Seele im höchſten Be¬
wußtſein dem Bewußtſein ausweiche, und ſo die hei¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0434" n="418"/>
er die Poe&#x017F;ie als Gott nicht fa&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Ge&#x017F;etz &#x017F;ei<lb/>
in der Poe&#x017F;ie Ideenge&#x017F;talt, der Gei&#x017F;t mü&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich in<lb/>
die&#x017F;er bewegen, und nicht ihr in den Weg treten,<lb/>
Ge&#x017F;etz was der Men&#x017F;ch dem Göttlichen anbilden wolle,<lb/>
ertödte die Ideenge&#x017F;talt, und &#x017F;o könne das Göttliche<lb/>
&#x017F;ich nicht durch den Men&#x017F;chengei&#x017F;t in &#x017F;einen Leib bil¬<lb/>
den. Der Leib &#x017F;ei die Poe&#x017F;ie, die Ideenge&#x017F;talt, und<lb/>
die&#x017F;er, &#x017F;ei er ergriffen vom tragi&#x017F;chen, werde tödtlich<lb/>
facti&#x017F;ch, denn das Göttliche &#x017F;tröme den Mord aus<lb/>
Worten, die Ideenge&#x017F;talt, die der Leib &#x017F;ei der Poe&#x017F;ie,<lb/>
die morde, &#x2014; &#x017F;o &#x017F;ei aber ein Tragi&#x017F;ches was Leben<lb/>
aus&#x017F;tröme in der Ideenge&#x017F;talt, &#x2014; (Poe&#x017F;ie) denn alles<lb/>
&#x017F;ei Tragi&#x017F;ch. &#x2014; Denn das Leben im Wort (im Leib)<lb/>
&#x017F;ei Aufer&#x017F;tehung, (lebendig facti&#x017F;ch) die blos aus dem<lb/>
Gemordeten hervorgehe. &#x2014; Der Tod &#x017F;ei der Ur&#x017F;prung<lb/>
des Lebendigen. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Die Poe&#x017F;ie gefangen nehmen wollen im Ge&#x017F;etz,<lb/>
das &#x017F;ei nur damit der Gei&#x017F;t &#x017F;ich &#x017F;chaukle an zwei<lb/>
Seilen &#x017F;ich haltend, und gebe die An&#x017F;chauung als ob<lb/>
er fliege. Aber ein Adler der &#x017F;einen Flug nicht ab¬<lb/>
me&#x017F;&#x017F;e &#x2014; ob&#x017F;chon die eifer&#x017F;üchtige Sonne ihn nieder¬<lb/>
drücke&#x2014; mit geheim arbeitender Seele im höch&#x017F;ten Be¬<lb/>
wußt&#x017F;ein dem Bewußt&#x017F;ein ausweiche, und &#x017F;o die hei¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[418/0434] er die Poeſie als Gott nicht faſſen. — Geſetz ſei in der Poeſie Ideengeſtalt, der Geiſt müſſe ſich in dieſer bewegen, und nicht ihr in den Weg treten, Geſetz was der Menſch dem Göttlichen anbilden wolle, ertödte die Ideengeſtalt, und ſo könne das Göttliche ſich nicht durch den Menſchengeiſt in ſeinen Leib bil¬ den. Der Leib ſei die Poeſie, die Ideengeſtalt, und dieſer, ſei er ergriffen vom tragiſchen, werde tödtlich factiſch, denn das Göttliche ſtröme den Mord aus Worten, die Ideengeſtalt, die der Leib ſei der Poeſie, die morde, — ſo ſei aber ein Tragiſches was Leben ausſtröme in der Ideengeſtalt, — (Poeſie) denn alles ſei Tragiſch. — Denn das Leben im Wort (im Leib) ſei Auferſtehung, (lebendig factiſch) die blos aus dem Gemordeten hervorgehe. — Der Tod ſei der Urſprung des Lebendigen. — Die Poeſie gefangen nehmen wollen im Geſetz, das ſei nur damit der Geiſt ſich ſchaukle an zwei Seilen ſich haltend, und gebe die Anſchauung als ob er fliege. Aber ein Adler der ſeinen Flug nicht ab¬ meſſe — obſchon die eiferſüchtige Sonne ihn nieder¬ drücke— mit geheim arbeitender Seele im höchſten Be¬ wußtſein dem Bewußtſein ausweiche, und ſo die hei¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/434
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/434>, abgerufen am 29.05.2024.