Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

ans End, und die Frau neben mich, es war kaum
groß genug, daß wir Platz hatten, ich mußte recht dicht
an die Frau heranrücken, ich legte meine Hand in ihre
auf ihren Schooß, sie hatte eine so harte Hand, sie
sagt das sind Schwülen vom Graben im Land, denn
hier ist ein felsiger Boden. Du glaubst nicht, wie schön
der Garten in der Sonne lag, denn jetzt ist grade die
reichste Blumenzeit, alles ist doch so schön; wenn die
Natur mit Ordnung bedient wird, gleich ists ein Tem¬
pel, wo ihre Geschöpfe als Gebete aufsteigen, gleich
ists ein Altar, der voll kindlicher Opfergeschenke bela¬
den ist. -- So ist das Gärtchen mir seinen reinlichen
Kieswegen und buchsbaumnen Feldertheilchen; der Buchs¬
baum ist so ein rechter Lebensfreund, von Jahr zu
Jahr umfaßt und schützt er was der Frühling bringt,
es keimt und welkt in seiner Umzäunung und er bleibt
immer der grüne Treue, auch unterm Schnee, das sagt
ich der alten Frau, die sagte, ja das ist wohl wahr, der
Buchsbaum muß alles Schicksal mitmachen. -- Aber
stell Dir doch das hübsche Gärtchen vor, links vom
traubenbewachsnen Haus die Mauer mit Jasmin; ge¬
genüber im Schatten eine recht dichte Laube von Geis¬
blatt, der Eingang zum Haus von beiden Seiten mit
hohen Lilien besetzt. So viel Levkoyen, so viel Ranun¬

ans End, und die Frau neben mich, es war kaum
groß genug, daß wir Platz hatten, ich mußte recht dicht
an die Frau heranrücken, ich legte meine Hand in ihre
auf ihren Schooß, ſie hatte eine ſo harte Hand, ſie
ſagt das ſind Schwülen vom Graben im Land, denn
hier iſt ein felſiger Boden. Du glaubſt nicht, wie ſchön
der Garten in der Sonne lag, denn jetzt iſt grade die
reichſte Blumenzeit, alles iſt doch ſo ſchön; wenn die
Natur mit Ordnung bedient wird, gleich iſts ein Tem¬
pel, wo ihre Geſchöpfe als Gebete aufſteigen, gleich
iſts ein Altar, der voll kindlicher Opfergeſchenke bela¬
den iſt. — So iſt das Gärtchen mir ſeinen reinlichen
Kieswegen und buchsbaumnen Feldertheilchen; der Buchs¬
baum iſt ſo ein rechter Lebensfreund, von Jahr zu
Jahr umfaßt und ſchützt er was der Frühling bringt,
es keimt und welkt in ſeiner Umzäunung und er bleibt
immer der grüne Treue, auch unterm Schnee, das ſagt
ich der alten Frau, die ſagte, ja das iſt wohl wahr, der
Buchsbaum muß alles Schickſal mitmachen. — Aber
ſtell Dir doch das hübſche Gärtchen vor, links vom
traubenbewachsnen Haus die Mauer mit Jasmin; ge¬
genüber im Schatten eine recht dichte Laube von Geis¬
blatt, der Eingang zum Haus von beiden Seiten mit
hohen Lilien beſetzt. So viel Levkoyen, ſo viel Ranun¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0077" n="61"/>
ans End, und die Frau neben mich, es war kaum<lb/>
groß genug, daß wir Platz hatten, ich mußte recht dicht<lb/>
an die Frau heranrücken, ich legte meine Hand in ihre<lb/>
auf ihren Schooß, &#x017F;ie hatte eine &#x017F;o harte Hand, &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;agt das &#x017F;ind Schwülen vom Graben im Land, denn<lb/>
hier i&#x017F;t ein fel&#x017F;iger Boden. Du glaub&#x017F;t nicht, wie &#x017F;chön<lb/>
der Garten in der Sonne lag, denn jetzt i&#x017F;t grade die<lb/>
reich&#x017F;te Blumenzeit, alles i&#x017F;t doch &#x017F;o &#x017F;chön; wenn die<lb/>
Natur mit Ordnung bedient wird, gleich i&#x017F;ts ein Tem¬<lb/>
pel, wo ihre Ge&#x017F;chöpfe als Gebete auf&#x017F;teigen, gleich<lb/>
i&#x017F;ts ein Altar, der voll kindlicher Opferge&#x017F;chenke bela¬<lb/>
den i&#x017F;t. &#x2014; So i&#x017F;t das Gärtchen mir &#x017F;einen reinlichen<lb/>
Kieswegen und buchsbaumnen Feldertheilchen; der Buchs¬<lb/>
baum i&#x017F;t &#x017F;o ein rechter Lebensfreund, von Jahr zu<lb/>
Jahr umfaßt und &#x017F;chützt er was der Frühling bringt,<lb/>
es keimt und welkt in &#x017F;einer Umzäunung und er bleibt<lb/>
immer der grüne Treue, auch unterm Schnee, das &#x017F;agt<lb/>
ich der alten Frau, die &#x017F;agte, ja das i&#x017F;t wohl wahr, der<lb/>
Buchsbaum muß alles Schick&#x017F;al mitmachen. &#x2014; Aber<lb/>
&#x017F;tell Dir doch das hüb&#x017F;che Gärtchen vor, links vom<lb/>
traubenbewachsnen Haus die Mauer mit Jasmin; ge¬<lb/>
genüber im Schatten eine recht dichte Laube von Geis¬<lb/>
blatt, der Eingang zum Haus von beiden Seiten mit<lb/>
hohen Lilien be&#x017F;etzt. So viel Levkoyen, &#x017F;o viel Ranun¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0077] ans End, und die Frau neben mich, es war kaum groß genug, daß wir Platz hatten, ich mußte recht dicht an die Frau heranrücken, ich legte meine Hand in ihre auf ihren Schooß, ſie hatte eine ſo harte Hand, ſie ſagt das ſind Schwülen vom Graben im Land, denn hier iſt ein felſiger Boden. Du glaubſt nicht, wie ſchön der Garten in der Sonne lag, denn jetzt iſt grade die reichſte Blumenzeit, alles iſt doch ſo ſchön; wenn die Natur mit Ordnung bedient wird, gleich iſts ein Tem¬ pel, wo ihre Geſchöpfe als Gebete aufſteigen, gleich iſts ein Altar, der voll kindlicher Opfergeſchenke bela¬ den iſt. — So iſt das Gärtchen mir ſeinen reinlichen Kieswegen und buchsbaumnen Feldertheilchen; der Buchs¬ baum iſt ſo ein rechter Lebensfreund, von Jahr zu Jahr umfaßt und ſchützt er was der Frühling bringt, es keimt und welkt in ſeiner Umzäunung und er bleibt immer der grüne Treue, auch unterm Schnee, das ſagt ich der alten Frau, die ſagte, ja das iſt wohl wahr, der Buchsbaum muß alles Schickſal mitmachen. — Aber ſtell Dir doch das hübſche Gärtchen vor, links vom traubenbewachsnen Haus die Mauer mit Jasmin; ge¬ genüber im Schatten eine recht dichte Laube von Geis¬ blatt, der Eingang zum Haus von beiden Seiten mit hohen Lilien beſetzt. So viel Levkoyen, ſo viel Ranun¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/77
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/77>, abgerufen am 15.05.2024.