tertruppe bilden, um seinen Rückzug zu decken; ich wurde ausgemerzt von dieser Expedition, weil ich vor Lachen über die unerschöpflichen Witze von Franz un¬ tauglich dazu war. Der Zug rückte aus und drängte sich schon zwischen manchen verwunderten Blick, der auf dem schößlosen Rücken haftete, sie schlichen immer behutsamer heran je näher sie kamen, so schleicht man sacht hinter einem Vogel her, dem man Salz auf dem Schwanz streuen will um ihn fangen zu können, aber er fliegt weg ehe man nah genug kommt; so kam es auch hier, als sie schon ganz nah waren und eben ihn zu haschen meinten, wendete er sich plötzlich um. Ach! ich sprang hinter den Vorhang am Fenster und wickelte mich hinein, und biß in den Vorhang vor Lachvergnü¬ gen, und ging nachher auch fort, denn mir wars zu übermüthig für den Gesellschaftssaal; der Voigt beglei¬ tete mich und erzählte mir, daß die Arrieregarde ihn durchpassiren lassen, sich dann dicht angeschlossen und wie einen vornehmen Staatsgefangenen transportirt bis zum Eingang, dort habe er sich nieder gelassen wo man ihm seine ästhetische Fatalität mittheilte und er sich umgeben von seinen Getreuen zurückzog; jetzt würden sie wohl die ganze Nacht kein Auge zuthun, denn da er bei dem hessischen Hof angestellt sein möchte, so ist
tertruppe bilden, um ſeinen Rückzug zu decken; ich wurde ausgemerzt von dieſer Expedition, weil ich vor Lachen über die unerſchöpflichen Witze von Franz un¬ tauglich dazu war. Der Zug rückte aus und drängte ſich ſchon zwiſchen manchen verwunderten Blick, der auf dem ſchößloſen Rücken haftete, ſie ſchlichen immer behutſamer heran je näher ſie kamen, ſo ſchleicht man ſacht hinter einem Vogel her, dem man Salz auf dem Schwanz ſtreuen will um ihn fangen zu können, aber er fliegt weg ehe man nah genug kommt; ſo kam es auch hier, als ſie ſchon ganz nah waren und eben ihn zu haſchen meinten, wendete er ſich plötzlich um. Ach! ich ſprang hinter den Vorhang am Fenſter und wickelte mich hinein, und biß in den Vorhang vor Lachvergnü¬ gen, und ging nachher auch fort, denn mir wars zu übermüthig für den Geſellſchaftsſaal; der Voigt beglei¬ tete mich und erzählte mir, daß die Arrieregarde ihn durchpaſſiren laſſen, ſich dann dicht angeſchloſſen und wie einen vornehmen Staatsgefangenen transportirt bis zum Eingang, dort habe er ſich nieder gelaſſen wo man ihm ſeine äſthetiſche Fatalität mittheilte und er ſich umgeben von ſeinen Getreuen zurückzog; jetzt würden ſie wohl die ganze Nacht kein Auge zuthun, denn da er bei dem heſſiſchen Hof angeſtellt ſein möchte, ſo iſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0098"n="82"/>
tertruppe bilden, um ſeinen Rückzug zu decken; ich<lb/>
wurde ausgemerzt von dieſer Expedition, weil ich vor<lb/>
Lachen über die unerſchöpflichen Witze von Franz un¬<lb/>
tauglich dazu war. Der Zug rückte aus und drängte<lb/>ſich ſchon zwiſchen manchen verwunderten Blick, der<lb/>
auf dem ſchößloſen Rücken haftete, ſie ſchlichen immer<lb/>
behutſamer heran je näher ſie kamen, ſo ſchleicht man<lb/>ſacht hinter einem Vogel her, dem man Salz auf dem<lb/>
Schwanz ſtreuen will um ihn fangen zu können, aber<lb/>
er fliegt weg ehe man nah genug kommt; ſo kam es<lb/>
auch hier, als ſie ſchon ganz nah waren und eben ihn<lb/>
zu haſchen meinten, wendete er ſich plötzlich um. Ach!<lb/>
ich ſprang hinter den Vorhang am Fenſter und wickelte<lb/>
mich hinein, und biß in den Vorhang vor Lachvergnü¬<lb/>
gen, und ging nachher auch fort, denn mir wars zu<lb/>
übermüthig für den Geſellſchaftsſaal; der Voigt beglei¬<lb/>
tete mich und erzählte mir, daß die Arrieregarde ihn<lb/>
durchpaſſiren laſſen, ſich dann dicht angeſchloſſen und wie<lb/>
einen vornehmen Staatsgefangenen transportirt bis zum<lb/>
Eingang, dort habe er ſich nieder gelaſſen wo man<lb/>
ihm ſeine äſthetiſche Fatalität mittheilte und er ſich<lb/>
umgeben von ſeinen Getreuen zurückzog; jetzt würden<lb/>ſie wohl die ganze Nacht kein Auge zuthun, denn da<lb/>
er bei dem heſſiſchen Hof angeſtellt ſein möchte, ſo iſt<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[82/0098]
tertruppe bilden, um ſeinen Rückzug zu decken; ich
wurde ausgemerzt von dieſer Expedition, weil ich vor
Lachen über die unerſchöpflichen Witze von Franz un¬
tauglich dazu war. Der Zug rückte aus und drängte
ſich ſchon zwiſchen manchen verwunderten Blick, der
auf dem ſchößloſen Rücken haftete, ſie ſchlichen immer
behutſamer heran je näher ſie kamen, ſo ſchleicht man
ſacht hinter einem Vogel her, dem man Salz auf dem
Schwanz ſtreuen will um ihn fangen zu können, aber
er fliegt weg ehe man nah genug kommt; ſo kam es
auch hier, als ſie ſchon ganz nah waren und eben ihn
zu haſchen meinten, wendete er ſich plötzlich um. Ach!
ich ſprang hinter den Vorhang am Fenſter und wickelte
mich hinein, und biß in den Vorhang vor Lachvergnü¬
gen, und ging nachher auch fort, denn mir wars zu
übermüthig für den Geſellſchaftsſaal; der Voigt beglei¬
tete mich und erzählte mir, daß die Arrieregarde ihn
durchpaſſiren laſſen, ſich dann dicht angeſchloſſen und wie
einen vornehmen Staatsgefangenen transportirt bis zum
Eingang, dort habe er ſich nieder gelaſſen wo man
ihm ſeine äſthetiſche Fatalität mittheilte und er ſich
umgeben von ſeinen Getreuen zurückzog; jetzt würden
ſie wohl die ganze Nacht kein Auge zuthun, denn da
er bei dem heſſiſchen Hof angeſtellt ſein möchte, ſo iſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/98>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.