wie er ihre Färbung ihr Erschließen bemerkt, wie er ih¬ nen das bischen Licht ökonomisch austheilt daß keins zu kurz kommt, und dabei geht als sein altes ledernes Kolleg, was er nun schon im einundzwanzigsten Jahr jährlich zweimal den Studenten vorträgt, mit herab¬ hängenden Ohren den gewohnten Weg zur Mühle, ob ein gesunder Menschenverstand es aushält dies immer und immer das Erlernte Erstudierte durchzukauen? -- Nein einmal muß es aufhören und einer möcht wohl lieber aufs ewige Leben verzichten als ewig das Erlernte wieder den Nachkommen mittheilen; so muß man es denn einmal abdanken nicht wahr! -- sollte man den alten Satz mit in die Ewigkeit zu nehmen gedenken? mit Nichten so wenig wie den Tressenrock die Staatsperück die Ordensbänder die Titel die Ehrenämter, man fühlt recht gut daß sich solches Zeug vor Gott nicht schickt, aber wie der Geist übereinstimme mit der Natur, die seine Freundin seine Geliebte ist, wie er in ihr und durch sie sich entwickelt hat, das ist vor Gott alles. Wenn denn alles Wissen, Haben, übergehen muß in Nichtwissen, Nichthaben, was hats denn auf sich daß ich gleich alles verdampfen lasse.
Wissen ist Handwerker sein, aber Wissend sein, ist Wachsthum der Seele Leben des Geistes mit ihr in der
5**
wie er ihre Färbung ihr Erſchließen bemerkt, wie er ih¬ nen das bischen Licht ökonomiſch austheilt daß keins zu kurz kommt, und dabei geht als ſein altes ledernes Kolleg, was er nun ſchon im einundzwanzigſten Jahr jährlich zweimal den Studenten vorträgt, mit herab¬ hängenden Ohren den gewohnten Weg zur Mühle, ob ein geſunder Menſchenverſtand es aushält dies immer und immer das Erlernte Erſtudierte durchzukauen? — Nein einmal muß es aufhören und einer möcht wohl lieber aufs ewige Leben verzichten als ewig das Erlernte wieder den Nachkommen mittheilen; ſo muß man es denn einmal abdanken nicht wahr! — ſollte man den alten Satz mit in die Ewigkeit zu nehmen gedenken? mit Nichten ſo wenig wie den Treſſenrock die Staatsperück die Ordensbänder die Titel die Ehrenämter, man fühlt recht gut daß ſich ſolches Zeug vor Gott nicht ſchickt, aber wie der Geiſt übereinſtimme mit der Natur, die ſeine Freundin ſeine Geliebte iſt, wie er in ihr und durch ſie ſich entwickelt hat, das iſt vor Gott alles. Wenn denn alles Wiſſen, Haben, übergehen muß in Nichtwiſſen, Nichthaben, was hats denn auf ſich daß ich gleich alles verdampfen laſſe.
Wiſſen iſt Handwerker ſein, aber Wiſſend ſein, iſt Wachsthum der Seele Leben des Geiſtes mit ihr in der
5**
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0119"n="105"/>
wie er ihre Färbung ihr Erſchließen bemerkt, wie er ih¬<lb/>
nen das bischen Licht ökonomiſch austheilt daß keins<lb/>
zu kurz kommt, und dabei geht als ſein altes ledernes<lb/>
Kolleg, was er nun ſchon im einundzwanzigſten Jahr<lb/>
jährlich zweimal den Studenten vorträgt, mit herab¬<lb/>
hängenden Ohren den gewohnten Weg zur Mühle, ob<lb/>
ein geſunder Menſchenverſtand es aushält dies immer<lb/>
und immer das Erlernte Erſtudierte durchzukauen? —<lb/>
Nein einmal muß es aufhören und einer möcht<lb/>
wohl lieber aufs ewige Leben verzichten als ewig<lb/>
das Erlernte wieder den Nachkommen mittheilen; ſo<lb/>
muß man es denn einmal abdanken nicht wahr! —<lb/>ſollte man den alten Satz mit in die Ewigkeit zu<lb/>
nehmen gedenken? mit Nichten ſo wenig wie den<lb/>
Treſſenrock die Staatsperück die Ordensbänder die<lb/>
Titel die Ehrenämter, man fühlt recht gut daß ſich<lb/>ſolches Zeug vor Gott nicht ſchickt, aber wie der Geiſt<lb/>
übereinſtimme mit der Natur, die ſeine Freundin ſeine<lb/>
Geliebte iſt, wie er in ihr und durch ſie ſich entwickelt<lb/>
hat, das iſt vor Gott alles. Wenn denn alles Wiſſen,<lb/>
Haben, übergehen muß in Nichtwiſſen, Nichthaben, was<lb/>
hats denn auf ſich daß ich gleich alles verdampfen laſſe.<lb/></p><p>Wiſſen iſt Handwerker ſein, aber Wiſſend ſein, iſt<lb/>
Wachsthum der Seele Leben des Geiſtes mit ihr in der<lb/><fwplace="bottom"type="sig">5**<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[105/0119]
wie er ihre Färbung ihr Erſchließen bemerkt, wie er ih¬
nen das bischen Licht ökonomiſch austheilt daß keins
zu kurz kommt, und dabei geht als ſein altes ledernes
Kolleg, was er nun ſchon im einundzwanzigſten Jahr
jährlich zweimal den Studenten vorträgt, mit herab¬
hängenden Ohren den gewohnten Weg zur Mühle, ob
ein geſunder Menſchenverſtand es aushält dies immer
und immer das Erlernte Erſtudierte durchzukauen? —
Nein einmal muß es aufhören und einer möcht
wohl lieber aufs ewige Leben verzichten als ewig
das Erlernte wieder den Nachkommen mittheilen; ſo
muß man es denn einmal abdanken nicht wahr! —
ſollte man den alten Satz mit in die Ewigkeit zu
nehmen gedenken? mit Nichten ſo wenig wie den
Treſſenrock die Staatsperück die Ordensbänder die
Titel die Ehrenämter, man fühlt recht gut daß ſich
ſolches Zeug vor Gott nicht ſchickt, aber wie der Geiſt
übereinſtimme mit der Natur, die ſeine Freundin ſeine
Geliebte iſt, wie er in ihr und durch ſie ſich entwickelt
hat, das iſt vor Gott alles. Wenn denn alles Wiſſen,
Haben, übergehen muß in Nichtwiſſen, Nichthaben, was
hats denn auf ſich daß ich gleich alles verdampfen laſſe.
Wiſſen iſt Handwerker ſein, aber Wiſſend ſein, iſt
Wachsthum der Seele Leben des Geiſtes mit ihr in der
5**
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/119>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.