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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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Montag.

Nun kam gestern ein Brief von Elemente an mich
mit feierlichen Mahnungen, doch mein Leben, nicht zu
verscherzen, so innig so herzlich, als wär ich eine Blu¬
menknospe die auf seinem Stamm wüchse und der
Stamm treibt sorglich alle Kräfte dahin daß sie sich
aufthue, aber die Knospe ist so fest daß nicht Regen
und nicht Sonnenschein sie weckt -- was kann ich da?
-- der Christian straft mich mit Worten es sei kein
Ernst in mir, und wenn ich wollte nach Italien reisen,
so sollt ich Winkelmanns Kunstgeschichte studieren; und
Italienisch lernen das hab ich probiert, aber die Kunst¬
geschicht wie sollt ich mit der mich abgeben wenn ich
dran denk daß ich nach Italien reisen sollt. Ei laß
doch alles mit Augen sehen, und wenn ich trunken
bin vor Seligkeit daß dort andre Bäume andre Blu¬
men und Früchte sind, wenn ein schönerer Himmel
über mir wogt, wenn Menschen, Knaben, Jünglinge
die mir verwandter sind im Blut in der Faulheit, als
die kalten deutschen fleißigen Brodstudenten, mir begeg¬
nen auf der Straß mich sanft grüßen, umkehren, mich
noch einmal grüßen, feuriger, -- ei werd ich da noch
das geringste vom Winkelmann, von der alten Geschichte

Montag.

Nun kam geſtern ein Brief von Elemente an mich
mit feierlichen Mahnungen, doch mein Leben, nicht zu
verſcherzen, ſo innig ſo herzlich, als wär ich eine Blu¬
menknospe die auf ſeinem Stamm wüchſe und der
Stamm treibt ſorglich alle Kräfte dahin daß ſie ſich
aufthue, aber die Knospe iſt ſo feſt daß nicht Regen
und nicht Sonnenſchein ſie weckt — was kann ich da?
— der Chriſtian ſtraft mich mit Worten es ſei kein
Ernſt in mir, und wenn ich wollte nach Italien reiſen,
ſo ſollt ich Winkelmanns Kunſtgeſchichte ſtudieren; und
Italieniſch lernen das hab ich probiert, aber die Kunſt¬
geſchicht wie ſollt ich mit der mich abgeben wenn ich
dran denk daß ich nach Italien reiſen ſollt. Ei laß
doch alles mit Augen ſehen, und wenn ich trunken
bin vor Seligkeit daß dort andre Bäume andre Blu¬
men und Früchte ſind, wenn ein ſchönerer Himmel
über mir wogt, wenn Menſchen, Knaben, Jünglinge
die mir verwandter ſind im Blut in der Faulheit, als
die kalten deutſchen fleißigen Brodſtudenten, mir begeg¬
nen auf der Straß mich ſanft grüßen, umkehren, mich
noch einmal grüßen, feuriger, — ei werd ich da noch
das geringſte vom Winkelmann, von der alten Geſchichte

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[109/0123] Montag. Nun kam geſtern ein Brief von Elemente an mich mit feierlichen Mahnungen, doch mein Leben, nicht zu verſcherzen, ſo innig ſo herzlich, als wär ich eine Blu¬ menknospe die auf ſeinem Stamm wüchſe und der Stamm treibt ſorglich alle Kräfte dahin daß ſie ſich aufthue, aber die Knospe iſt ſo feſt daß nicht Regen und nicht Sonnenſchein ſie weckt — was kann ich da? — der Chriſtian ſtraft mich mit Worten es ſei kein Ernſt in mir, und wenn ich wollte nach Italien reiſen, ſo ſollt ich Winkelmanns Kunſtgeſchichte ſtudieren; und Italieniſch lernen das hab ich probiert, aber die Kunſt¬ geſchicht wie ſollt ich mit der mich abgeben wenn ich dran denk daß ich nach Italien reiſen ſollt. Ei laß doch alles mit Augen ſehen, und wenn ich trunken bin vor Seligkeit daß dort andre Bäume andre Blu¬ men und Früchte ſind, wenn ein ſchönerer Himmel über mir wogt, wenn Menſchen, Knaben, Jünglinge die mir verwandter ſind im Blut in der Faulheit, als die kalten deutſchen fleißigen Brodſtudenten, mir begeg¬ nen auf der Straß mich ſanft grüßen, umkehren, mich noch einmal grüßen, feuriger, — ei werd ich da noch das geringſte vom Winkelmann, von der alten Geſchichte

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/123>, abgerufen am 24.11.2024.