Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

die Welten des Geistes entdecke. -- Und wie alle Wahr¬
heit Fabel ist, das heißt Gottes-Verheißung in der
körperlosen Geistigkeit der Idee, und wie alle Geschichte
Symbolik ist, das heißt Gottessprache mit dem Men¬
schen Geist, um ihn auf die Wahrheit steuern zu lehren, so
ist denn auch die Geschichte des Kolumbus ein göttlich
Bereden und Berufen des Menschengeistes seine Segel
aufzuspannen und kühn auf jene Welt loszusteuern die
er sich selber weissagend, sehnsüchtig erreichen möchte; --
und die Fabel dieser wahrgewordnen Ahnung ist die
Verheißung daß auch des Menschengeist glücklich lan¬
den werde, wenn er seinen Muth vertraut, denn
wie wollten wir den Muth wecken und erziehen
in uns, vertrauten wir nicht der eingebornen Kraft
-- dem Genius. Was Tugend ist hat keine Grenze,
es umspannt die Himmel, wir können ihm kein Ziel
setzen: so können wir dem Geist kein Ziel setzen,
er ist göttliche Kraft, und dieser vertrauen, das ist
der Geisteskeim der ins Leben tritt. Was aber der
Muth erwirbt, das ist immer Wahrheit, was den
Geist verzagen macht das ist Lüge. -- Verzagtheit im
Geist ist gespensterhaft und macht Furcht. -- Selbst¬
denken
ist der höchste Muth. -- Die meisten Menschen

die Welten des Geiſtes entdecke. — Und wie alle Wahr¬
heit Fabel iſt, das heißt Gottes-Verheißung in der
körperloſen Geiſtigkeit der Idee, und wie alle Geſchichte
Symbolik iſt, das heißt Gottesſprache mit dem Men¬
ſchen Geiſt, um ihn auf die Wahrheit ſteuern zu lehren, ſo
iſt denn auch die Geſchichte des Kolumbus ein göttlich
Bereden und Berufen des Menſchengeiſtes ſeine Segel
aufzuſpannen und kühn auf jene Welt loszuſteuern die
er ſich ſelber weiſſagend, ſehnſüchtig erreichen möchte; —
und die Fabel dieſer wahrgewordnen Ahnung iſt die
Verheißung daß auch des Menſchengeiſt glücklich lan¬
den werde, wenn er ſeinen Muth vertraut, denn
wie wollten wir den Muth wecken und erziehen
in uns, vertrauten wir nicht der eingebornen Kraft
— dem Genius. Was Tugend iſt hat keine Grenze,
es umſpannt die Himmel, wir können ihm kein Ziel
ſetzen: ſo können wir dem Geiſt kein Ziel ſetzen,
er iſt göttliche Kraft, und dieſer vertrauen, das iſt
der Geiſteskeim der ins Leben tritt. Was aber der
Muth erwirbt, das iſt immer Wahrheit, was den
Geiſt verzagen macht das iſt Lüge. — Verzagtheit im
Geiſt iſt geſpenſterhaft und macht Furcht. — Selbſt¬
denken
iſt der höchſte Muth. — Die meiſten Menſchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0176" n="162"/>
die Welten des Gei&#x017F;tes entdecke. &#x2014; Und wie alle Wahr¬<lb/>
heit <hi rendition="#g">Fabel</hi> i&#x017F;t, das heißt Gottes-Verheißung in der<lb/>
körperlo&#x017F;en Gei&#x017F;tigkeit der Idee, und wie alle Ge&#x017F;chichte<lb/>
Symbolik i&#x017F;t, das heißt Gottes&#x017F;prache mit dem Men¬<lb/>
&#x017F;chen Gei&#x017F;t, um ihn auf die Wahrheit &#x017F;teuern zu lehren, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t denn auch die Ge&#x017F;chichte des Kolumbus ein göttlich<lb/>
Bereden und Berufen des Men&#x017F;chengei&#x017F;tes &#x017F;eine Segel<lb/>
aufzu&#x017F;pannen und kühn auf jene Welt loszu&#x017F;teuern die<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;elber wei&#x017F;&#x017F;agend, &#x017F;ehn&#x017F;üchtig erreichen möchte; &#x2014;<lb/>
und die Fabel die&#x017F;er wahrgewordnen Ahnung i&#x017F;t die<lb/>
Verheißung daß auch des Men&#x017F;chengei&#x017F;t glücklich lan¬<lb/>
den werde, wenn er &#x017F;einen Muth vertraut, denn<lb/>
wie wollten wir den Muth wecken und erziehen<lb/>
in uns, vertrauten wir nicht der eingebornen Kraft<lb/>
&#x2014; dem Genius. Was Tugend i&#x017F;t hat keine Grenze,<lb/>
es um&#x017F;pannt die Himmel, wir können ihm kein Ziel<lb/>
&#x017F;etzen: &#x017F;o können wir dem Gei&#x017F;t kein Ziel &#x017F;etzen,<lb/>
er i&#x017F;t göttliche Kraft, und die&#x017F;er vertrauen, das i&#x017F;t<lb/>
der Gei&#x017F;teskeim der ins Leben tritt. Was aber der<lb/>
Muth erwirbt, das i&#x017F;t immer Wahrheit, was den<lb/>
Gei&#x017F;t verzagen macht das i&#x017F;t Lüge. &#x2014; Verzagtheit im<lb/>
Gei&#x017F;t i&#x017F;t ge&#x017F;pen&#x017F;terhaft und macht Furcht. &#x2014; <hi rendition="#g">Selb&#x017F;<lb/>
denken</hi> i&#x017F;t der höch&#x017F;te Muth. &#x2014; Die mei&#x017F;ten Men&#x017F;chen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0176] die Welten des Geiſtes entdecke. — Und wie alle Wahr¬ heit Fabel iſt, das heißt Gottes-Verheißung in der körperloſen Geiſtigkeit der Idee, und wie alle Geſchichte Symbolik iſt, das heißt Gottesſprache mit dem Men¬ ſchen Geiſt, um ihn auf die Wahrheit ſteuern zu lehren, ſo iſt denn auch die Geſchichte des Kolumbus ein göttlich Bereden und Berufen des Menſchengeiſtes ſeine Segel aufzuſpannen und kühn auf jene Welt loszuſteuern die er ſich ſelber weiſſagend, ſehnſüchtig erreichen möchte; — und die Fabel dieſer wahrgewordnen Ahnung iſt die Verheißung daß auch des Menſchengeiſt glücklich lan¬ den werde, wenn er ſeinen Muth vertraut, denn wie wollten wir den Muth wecken und erziehen in uns, vertrauten wir nicht der eingebornen Kraft — dem Genius. Was Tugend iſt hat keine Grenze, es umſpannt die Himmel, wir können ihm kein Ziel ſetzen: ſo können wir dem Geiſt kein Ziel ſetzen, er iſt göttliche Kraft, und dieſer vertrauen, das iſt der Geiſteskeim der ins Leben tritt. Was aber der Muth erwirbt, das iſt immer Wahrheit, was den Geiſt verzagen macht das iſt Lüge. — Verzagtheit im Geiſt iſt geſpenſterhaft und macht Furcht. — Selbſt¬ denken iſt der höchſte Muth. — Die meiſten Menſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/176
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/176>, abgerufen am 21.11.2024.