Larifari, meinst Du wenn etwas schlecht gelingt und sich gegen den Geist sträubt, das sei ein Zeichen daß man es aufgeben solle? -- da bin ich grade der entgegen¬ gesetzten Meinung, und wenn auch etwas Dir trivial erscheint, so ist deswegen die Sache es gar nicht, son¬ dern Dein Begriff ist nicht gelichtet, an was willst Du Deine Kräfte üben wenn nicht an dem was Dir noch schwer dünkt? -- ich glaube so manches was Du Dir jetzt fremd glaubst würde seine innere Verwand¬ schaft zu Dir geltend machen. -- Du hast Wissenstrieb ohne Beständigkeit, Du willst aber alles zu gleicher Zeit wissen und so weißt Du Keinem Dich ganz hinzugeben und setzest nichts recht durch, das hat mir immer leid an Dir gethan. Dein Eifer und Deine Lust sind keine pe¬ renirenden Pflanzen, sondern leicht verwelkliche Blüthen. Ist es nicht so? -- sieh, darum ist es mir gleich fatal gewesen daß Dein Lehrmeister in der Geschichte Dich verlassen hat, die Begebenheiten unterstützen ordentlich Deinen natürlichen Hang, noch dazu da er so geistreich und so faßlich und -- so liebenswürdig sein soll, -- so nehm ich es ihm übel daß er nicht mehr Interesse an Dir nahm. Übrigens muß ich Deine Ausschweifungen im Lernen wieder tragen; es wurde mir im vor¬ werfenden Ton mitgetheilt, und ich merkte daß meiner
Larifari, meinſt Du wenn etwas ſchlecht gelingt und ſich gegen den Geiſt ſträubt, das ſei ein Zeichen daß man es aufgeben ſolle? — da bin ich grade der entgegen¬ geſetzten Meinung, und wenn auch etwas Dir trivial erſcheint, ſo iſt deswegen die Sache es gar nicht, ſon¬ dern Dein Begriff iſt nicht gelichtet, an was willſt Du Deine Kräfte üben wenn nicht an dem was Dir noch ſchwer dünkt? — ich glaube ſo manches was Du Dir jetzt fremd glaubſt würde ſeine innere Verwand¬ ſchaft zu Dir geltend machen. — Du haſt Wiſſenstrieb ohne Beſtändigkeit, Du willſt aber alles zu gleicher Zeit wiſſen und ſo weißt Du Keinem Dich ganz hinzugeben und ſetzeſt nichts recht durch, das hat mir immer leid an Dir gethan. Dein Eifer und Deine Luſt ſind keine pe¬ renirenden Pflanzen, ſondern leicht verwelkliche Blüthen. Iſt es nicht ſo? — ſieh, darum iſt es mir gleich fatal geweſen daß Dein Lehrmeiſter in der Geſchichte Dich verlaſſen hat, die Begebenheiten unterſtützen ordentlich Deinen natürlichen Hang, noch dazu da er ſo geiſtreich und ſo faßlich und — ſo liebenswürdig ſein ſoll, — ſo nehm ich es ihm übel daß er nicht mehr Intereſſe an Dir nahm. Übrigens muß ich Deine Ausſchweifungen im Lernen wieder tragen; es wurde mir im vor¬ werfenden Ton mitgetheilt, und ich merkte daß meiner
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0211"n="197"/>
Larifari, meinſt Du wenn etwas ſchlecht gelingt und ſich<lb/>
gegen den Geiſt ſträubt, das ſei ein Zeichen daß man<lb/>
es aufgeben ſolle? — da bin ich grade der entgegen¬<lb/>
geſetzten Meinung, und wenn auch etwas Dir trivial<lb/>
erſcheint, ſo iſt deswegen die Sache es gar nicht, ſon¬<lb/>
dern Dein Begriff iſt nicht gelichtet, an was willſt<lb/>
Du Deine Kräfte üben wenn nicht an dem was Dir<lb/>
noch ſchwer dünkt? — ich glaube ſo manches was Du<lb/>
Dir jetzt fremd glaubſt würde ſeine innere Verwand¬<lb/>ſchaft zu Dir geltend machen. — Du haſt Wiſſenstrieb<lb/>
ohne Beſtändigkeit, Du willſt aber alles zu gleicher Zeit<lb/>
wiſſen und ſo weißt Du Keinem Dich ganz hinzugeben<lb/>
und ſetzeſt nichts recht durch, das hat mir immer leid an<lb/>
Dir gethan. Dein Eifer und Deine Luſt ſind keine pe¬<lb/>
renirenden Pflanzen, ſondern leicht verwelkliche Blüthen.<lb/>
Iſt es nicht ſo? —ſieh, darum iſt es mir gleich fatal<lb/>
geweſen daß Dein Lehrmeiſter in der Geſchichte Dich<lb/>
verlaſſen hat, die Begebenheiten unterſtützen ordentlich<lb/>
Deinen natürlichen Hang, noch dazu da er ſo geiſtreich<lb/>
und ſo faßlich und —ſo liebenswürdig ſein ſoll, —ſo<lb/>
nehm ich es ihm übel daß er nicht mehr Intereſſe an<lb/>
Dir nahm. Übrigens muß ich Deine Ausſchweifungen<lb/>
im Lernen wieder tragen; es wurde mir im vor¬<lb/>
werfenden Ton mitgetheilt, und ich merkte daß meiner<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[197/0211]
Larifari, meinſt Du wenn etwas ſchlecht gelingt und ſich
gegen den Geiſt ſträubt, das ſei ein Zeichen daß man
es aufgeben ſolle? — da bin ich grade der entgegen¬
geſetzten Meinung, und wenn auch etwas Dir trivial
erſcheint, ſo iſt deswegen die Sache es gar nicht, ſon¬
dern Dein Begriff iſt nicht gelichtet, an was willſt
Du Deine Kräfte üben wenn nicht an dem was Dir
noch ſchwer dünkt? — ich glaube ſo manches was Du
Dir jetzt fremd glaubſt würde ſeine innere Verwand¬
ſchaft zu Dir geltend machen. — Du haſt Wiſſenstrieb
ohne Beſtändigkeit, Du willſt aber alles zu gleicher Zeit
wiſſen und ſo weißt Du Keinem Dich ganz hinzugeben
und ſetzeſt nichts recht durch, das hat mir immer leid an
Dir gethan. Dein Eifer und Deine Luſt ſind keine pe¬
renirenden Pflanzen, ſondern leicht verwelkliche Blüthen.
Iſt es nicht ſo? — ſieh, darum iſt es mir gleich fatal
geweſen daß Dein Lehrmeiſter in der Geſchichte Dich
verlaſſen hat, die Begebenheiten unterſtützen ordentlich
Deinen natürlichen Hang, noch dazu da er ſo geiſtreich
und ſo faßlich und — ſo liebenswürdig ſein ſoll, — ſo
nehm ich es ihm übel daß er nicht mehr Intereſſe an
Dir nahm. Übrigens muß ich Deine Ausſchweifungen
im Lernen wieder tragen; es wurde mir im vor¬
werfenden Ton mitgetheilt, und ich merkte daß meiner
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/211>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.