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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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Fetzen, und Du stehst an ihrem End, und ist nicht mehr
eine Spur davon, und da willst Du Dich mit zerreißen?
aber der Trieb zu blühen ist erst dann wahre Geistes¬
eingebung, wenn jene Scheinblüthe Dich nicht mehr
täuscht, wenn Du die Blüthe ganz aus Dir selbst er¬
zeugst, dann will ich sagen: ja, Du bist der Geist des
Frühlings, -- aber muthlos das Leben verwerfen ist
nicht Jugendgeist, -- ach ich fühle wohl daß ich hier
weit mehr Recht hab wie Du und daß ich Dir Trotz
bieten kann; aber ich weiß auch daß Du die tiefere
Geisteswahrheit die in meinem Vergleich liegt, deutli¬
cher wahrnimmst als ich, und daß Du gewiß Gewalti¬
geres ahnest als ich begreife. Es geht immer so zwi¬
schen unseren vertrauungsvollen Reden daß ich stottere
und daß Du mir dann reiner begreiflich machst was
ich wollte. -- Mir steht hier nur der Jude vor Augen,
der über die sinkende Blüthe der Eltern hinaus, die
schweren Lebensbedingungen erfüllt, jeden mühevollen
Weg zur Erhaltung der Enkel macht, keinen Tag mehr
als den seinen verlebt, nicht um sich selber sich küm¬
mert, in der Tagshitze zu den Seinen hinwandernd,
sich mühsam beugt, um die Brosamen zu sammeln
auf dem Weg und sie den verwaisten Kindern zu brin¬

Fetzen, und Du ſtehſt an ihrem End, und iſt nicht mehr
eine Spur davon, und da willſt Du Dich mit zerreißen?
aber der Trieb zu blühen iſt erſt dann wahre Geiſtes¬
eingebung, wenn jene Scheinblüthe Dich nicht mehr
täuſcht, wenn Du die Blüthe ganz aus Dir ſelbſt er¬
zeugſt, dann will ich ſagen: ja, Du biſt der Geiſt des
Frühlings, — aber muthlos das Leben verwerfen iſt
nicht Jugendgeiſt, — ach ich fühle wohl daß ich hier
weit mehr Recht hab wie Du und daß ich Dir Trotz
bieten kann; aber ich weiß auch daß Du die tiefere
Geiſteswahrheit die in meinem Vergleich liegt, deutli¬
cher wahrnimmſt als ich, und daß Du gewiß Gewalti¬
geres ahneſt als ich begreife. Es geht immer ſo zwi¬
ſchen unſeren vertrauungsvollen Reden daß ich ſtottere
und daß Du mir dann reiner begreiflich machſt was
ich wollte. — Mir ſteht hier nur der Jude vor Augen,
der über die ſinkende Blüthe der Eltern hinaus, die
ſchweren Lebensbedingungen erfüllt, jeden mühevollen
Weg zur Erhaltung der Enkel macht, keinen Tag mehr
als den ſeinen verlebt, nicht um ſich ſelber ſich küm¬
mert, in der Tagshitze zu den Seinen hinwandernd,
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[231/0245] Fetzen, und Du ſtehſt an ihrem End, und iſt nicht mehr eine Spur davon, und da willſt Du Dich mit zerreißen? aber der Trieb zu blühen iſt erſt dann wahre Geiſtes¬ eingebung, wenn jene Scheinblüthe Dich nicht mehr täuſcht, wenn Du die Blüthe ganz aus Dir ſelbſt er¬ zeugſt, dann will ich ſagen: ja, Du biſt der Geiſt des Frühlings, — aber muthlos das Leben verwerfen iſt nicht Jugendgeiſt, — ach ich fühle wohl daß ich hier weit mehr Recht hab wie Du und daß ich Dir Trotz bieten kann; aber ich weiß auch daß Du die tiefere Geiſteswahrheit die in meinem Vergleich liegt, deutli¬ cher wahrnimmſt als ich, und daß Du gewiß Gewalti¬ geres ahneſt als ich begreife. Es geht immer ſo zwi¬ ſchen unſeren vertrauungsvollen Reden daß ich ſtottere und daß Du mir dann reiner begreiflich machſt was ich wollte. — Mir ſteht hier nur der Jude vor Augen, der über die ſinkende Blüthe der Eltern hinaus, die ſchweren Lebensbedingungen erfüllt, jeden mühevollen Weg zur Erhaltung der Enkel macht, keinen Tag mehr als den ſeinen verlebt, nicht um ſich ſelber ſich küm¬ mert, in der Tagshitze zu den Seinen hinwandernd, ſich mühſam beugt, um die Broſamen zu ſammeln auf dem Weg und ſie den verwaiſten Kindern zu brin¬

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/245>, abgerufen am 21.11.2024.