ja nur der Eingang, aber Himmel und Erde, im Freien -- in die Weite hinaus -- wo man stumm steht und sieht die Berge sich aufrichten und mit dem Morgen¬ licht sich küssen, und alles Unendliche was da vorgeht, was stumm macht und alle Weisheit überflüssig, denn wie's Kindchen, wenn ihm die Milch zuströmt aus der Mutter Brust, genug damit zu thun hat sie zu schluk¬ ken, mit der Fülle fertig zu werden, so ists auch mit der Natur, sie giebt so vollauf dem Blick, dem Herzen daß es nicht zu Athem kommen kann. -- Aber der Ephraim liegt mir am Herzen daß der jetzt wo die Na¬ tur schläft und nur aufrührische Träume hat, die eisige bergige Straße wandert, wo es so früh Nacht ist und wo er in schlechte Herbergen kommt; aber er sagt er habe einen Tag schon versäumt wegen dem Wetter, und seine Enkel warten alle auf ihn, die würden so schon in großen Sorgen um ihn sein, und das Sturmwetter werde er schon ertragen, er habe es schon mehr mitge¬ macht, und sein Enkel trägt den Bündel. -- Er muß die Kinder sehen; da muß man ihn nicht abwendig ma¬ chen, er sah auch gar nicht sorglich aus. -- Dürft ich nur wie ich wollt, so hätt ich einen bequemen Wagen ihm vor die Thür fahren lassen; und ich hatte Lust dazu, hätt ichs nur heimlich thun können, aber ich fürcht
ja nur der Eingang, aber Himmel und Erde, im Freien — in die Weite hinaus — wo man ſtumm ſteht und ſieht die Berge ſich aufrichten und mit dem Morgen¬ licht ſich küſſen, und alles Unendliche was da vorgeht, was ſtumm macht und alle Weisheit überflüſſig, denn wie's Kindchen, wenn ihm die Milch zuſtrömt aus der Mutter Bruſt, genug damit zu thun hat ſie zu ſchluk¬ ken, mit der Fülle fertig zu werden, ſo iſts auch mit der Natur, ſie giebt ſo vollauf dem Blick, dem Herzen daß es nicht zu Athem kommen kann. — Aber der Ephraim liegt mir am Herzen daß der jetzt wo die Na¬ tur ſchläft und nur aufrühriſche Träume hat, die eiſige bergige Straße wandert, wo es ſo früh Nacht iſt und wo er in ſchlechte Herbergen kommt; aber er ſagt er habe einen Tag ſchon verſäumt wegen dem Wetter, und ſeine Enkel warten alle auf ihn, die würden ſo ſchon in großen Sorgen um ihn ſein, und das Sturmwetter werde er ſchon ertragen, er habe es ſchon mehr mitge¬ macht, und ſein Enkel trägt den Bündel. — Er muß die Kinder ſehen; da muß man ihn nicht abwendig ma¬ chen, er ſah auch gar nicht ſorglich aus. — Dürft ich nur wie ich wollt, ſo hätt ich einen bequemen Wagen ihm vor die Thür fahren laſſen; und ich hatte Luſt dazu, hätt ichs nur heimlich thun können, aber ich fürcht
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ja nur der Eingang, aber Himmel und Erde, im Freien
— in die Weite hinaus — wo man ſtumm ſteht und
ſieht die Berge ſich aufrichten und mit dem Morgen¬
licht ſich küſſen, und alles Unendliche was da vorgeht,
was ſtumm macht und alle Weisheit überflüſſig, denn
wie's Kindchen, wenn ihm die Milch zuſtrömt aus der
Mutter Bruſt, genug damit zu thun hat ſie zu ſchluk¬
ken, mit der Fülle fertig zu werden, ſo iſts auch mit
der Natur, ſie giebt ſo vollauf dem Blick, dem Herzen
daß es nicht zu Athem kommen kann. — Aber der
Ephraim liegt mir am Herzen daß der jetzt wo die Na¬
tur ſchläft und nur aufrühriſche Träume hat, die eiſige
bergige Straße wandert, wo es ſo früh Nacht iſt und
wo er in ſchlechte Herbergen kommt; aber er ſagt er
habe einen Tag ſchon verſäumt wegen dem Wetter, und
ſeine Enkel warten alle auf ihn, die würden ſo ſchon
in großen Sorgen um ihn ſein, und das Sturmwetter
werde er ſchon ertragen, er habe es ſchon mehr mitge¬
macht, und ſein Enkel trägt den Bündel. — Er muß
die Kinder ſehen; da muß man ihn nicht abwendig ma¬
chen, er ſah auch gar nicht ſorglich aus. — Dürft ich
nur wie ich wollt, ſo hätt ich einen bequemen Wagen
ihm vor die Thür fahren laſſen; und ich hatte Luſt
dazu, hätt ichs nur heimlich thun können, aber ich fürcht
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/268>, abgerufen am 24.11.2024.
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