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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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Frauen doch alle Augenblick, Dich der gemeinsamen
Berathung hingeben und bei Deiner Lebhaftigkeit und
Deinem Talent zum Malerischen seh ich schon den Win¬
ter vergehen, bloß mit Putz wählen und dergleichen, und
die Großmama wird wenig von ihren Schätzen Dir mit¬
theilen können. -- Marburg ist im Gegentheil ein
Nest wo Du ganz als Einsiedler wirst leben können,
zum wenigsten kannst Du keiner Zerstreuung dort aus
gesetzt sein, die Briefe vom Christian versprechen
so viel Gutes für Dich, Du hast lange nicht mit ihm
gelebt; es ist doch auch schön mit ihm, der so viel
großes Genie hat, so reine Begriffe von der Wissen¬
schaft, und so tief und so würdigend mit Dir spricht,
wieder eine Weile zusammen zu sein; ein Bruder wird
oft auch von der Schwester weggerissen durch allerlei
Schicksale, sie begegnen sich vielleicht nicht zum zwei¬
tenmal, so muß man denn einen so glücklichen Zufall
nicht leichtsinnig verscherzen, und im ganzen genommen
welche Lage deucht Dir edler; jene in der winterlichen
Einsamkeit in Marburg in dem engen beschränkten
Kreis, aber mit dem lieben Savigny der so viel höher
sieht wie andre, der Dir dann so nah ist und Deine
Gegenwart auch zu seinen freundlichen erquickenden

Frauen doch alle Augenblick, Dich der gemeinſamen
Berathung hingeben und bei Deiner Lebhaftigkeit und
Deinem Talent zum Maleriſchen ſeh ich ſchon den Win¬
ter vergehen, bloß mit Putz wählen und dergleichen, und
die Großmama wird wenig von ihren Schätzen Dir mit¬
theilen können. — Marburg iſt im Gegentheil ein
Neſt wo Du ganz als Einſiedler wirſt leben können,
zum wenigſten kannſt Du keiner Zerſtreuung dort aus
geſetzt ſein, die Briefe vom Chriſtian verſprechen
ſo viel Gutes für Dich, Du haſt lange nicht mit ihm
gelebt; es iſt doch auch ſchön mit ihm, der ſo viel
großes Genie hat, ſo reine Begriffe von der Wiſſen¬
ſchaft, und ſo tief und ſo würdigend mit Dir ſpricht,
wieder eine Weile zuſammen zu ſein; ein Bruder wird
oft auch von der Schweſter weggeriſſen durch allerlei
Schickſale, ſie begegnen ſich vielleicht nicht zum zwei¬
tenmal, ſo muß man denn einen ſo glücklichen Zufall
nicht leichtſinnig verſcherzen, und im ganzen genommen
welche Lage deucht Dir edler; jene in der winterlichen
Einſamkeit in Marburg in dem engen beſchränkten
Kreis, aber mit dem lieben Savigny der ſo viel höher
ſieht wie andre, der Dir dann ſo nah iſt und Deine
Gegenwart auch zu ſeinen freundlichen erquickenden

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[61/0075] Frauen doch alle Augenblick, Dich der gemeinſamen Berathung hingeben und bei Deiner Lebhaftigkeit und Deinem Talent zum Maleriſchen ſeh ich ſchon den Win¬ ter vergehen, bloß mit Putz wählen und dergleichen, und die Großmama wird wenig von ihren Schätzen Dir mit¬ theilen können. — Marburg iſt im Gegentheil ein Neſt wo Du ganz als Einſiedler wirſt leben können, zum wenigſten kannſt Du keiner Zerſtreuung dort aus geſetzt ſein, die Briefe vom Chriſtian verſprechen ſo viel Gutes für Dich, Du haſt lange nicht mit ihm gelebt; es iſt doch auch ſchön mit ihm, der ſo viel großes Genie hat, ſo reine Begriffe von der Wiſſen¬ ſchaft, und ſo tief und ſo würdigend mit Dir ſpricht, wieder eine Weile zuſammen zu ſein; ein Bruder wird oft auch von der Schweſter weggeriſſen durch allerlei Schickſale, ſie begegnen ſich vielleicht nicht zum zwei¬ tenmal, ſo muß man denn einen ſo glücklichen Zufall nicht leichtſinnig verſcherzen, und im ganzen genommen welche Lage deucht Dir edler; jene in der winterlichen Einſamkeit in Marburg in dem engen beſchränkten Kreis, aber mit dem lieben Savigny der ſo viel höher ſieht wie andre, der Dir dann ſo nah iſt und Deine Gegenwart auch zu ſeinen freundlichen erquickenden

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/75>, abgerufen am 26.11.2024.