die bald einbrechen bald Himmelan steigen, bis zum Wall vom alten zerfallnen Festungsschloß oben auf dem Berg -- über Löcher und Hecken wo nur Kühnheit und Leichtsinn sich hin wagen, und nicht eine menschliche Erscheinung in der Weite umher; -- so recht allein und laut hallend kann ich mit ihr sprechen, es hörts keiner, und jetzt wo ich bekannt schon bin, nickt jeder Strauch mich freundlich an mit den paar braunen Blättern, die ihm der Winterwind noch nicht genommen hat, wenn ich wieder komm und setz mich neben ihn auf die Mauer und schwindelt mir nicht; ach welch Vergnügen zu klettern, wie entzückend die kecke Jugend! -- wenn ich auch manchmal mit geschundnem Knie, wie heut, oder aufgerissnem Arm heimkomm, das fühl ich gar nicht, ja wenn mir recht ist, freuts mich gar! -- Werd hart, sagte der Schmidt im Wald, und schlug das glü¬ hende Eisen auf dem Ambos, das hörte der Thüringer Landgraf und ward hart wie Eisen. -- Werd hart rief ich heut auf der gefährlichen Mauer von der ich hin¬ abglitt, weil ich nicht anders hinunter kommen konnte, und da hat mirs auch gar nicht weh gethan. Werd hart, sagt ich wie ich zur Meline ins Zimmer eintrat, die gar erschrecken wollt als sie die Blutspuren an mei¬ nen Kleidern sah, ich mußte leiden daß sie mich ein
4**
die bald einbrechen bald Himmelan ſteigen, bis zum Wall vom alten zerfallnen Feſtungsſchloß oben auf dem Berg — über Löcher und Hecken wo nur Kühnheit und Leichtſinn ſich hin wagen, und nicht eine menſchliche Erſcheinung in der Weite umher; — ſo recht allein und laut hallend kann ich mit ihr ſprechen, es hörts keiner, und jetzt wo ich bekannt ſchon bin, nickt jeder Strauch mich freundlich an mit den paar braunen Blättern, die ihm der Winterwind noch nicht genommen hat, wenn ich wieder komm und ſetz mich neben ihn auf die Mauer und ſchwindelt mir nicht; ach welch Vergnügen zu klettern, wie entzückend die kecke Jugend! — wenn ich auch manchmal mit geſchundnem Knie, wie heut, oder aufgeriſſnem Arm heimkomm, das fühl ich gar nicht, ja wenn mir recht iſt, freuts mich gar! — Werd hart, ſagte der Schmidt im Wald, und ſchlug das glü¬ hende Eiſen auf dem Ambos, das hörte der Thüringer Landgraf und ward hart wie Eiſen. — Werd hart rief ich heut auf der gefährlichen Mauer von der ich hin¬ abglitt, weil ich nicht anders hinunter kommen konnte, und da hat mirs auch gar nicht weh gethan. Werd hart, ſagt ich wie ich zur Meline ins Zimmer eintrat, die gar erſchrecken wollt als ſie die Blutſpuren an mei¬ nen Kleidern ſah, ich mußte leiden daß ſie mich ein
4**
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0095"n="81"/>
die bald einbrechen bald Himmelan ſteigen, bis zum<lb/>
Wall vom alten zerfallnen Feſtungsſchloß oben auf dem<lb/>
Berg — über Löcher und Hecken wo nur Kühnheit und<lb/>
Leichtſinn ſich hin wagen, und nicht eine menſchliche<lb/>
Erſcheinung in der Weite umher; —ſo recht allein und<lb/>
laut hallend kann ich mit ihr ſprechen, es hörts keiner,<lb/>
und jetzt wo ich bekannt ſchon bin, nickt jeder Strauch<lb/>
mich freundlich an mit den paar braunen Blättern, die<lb/>
ihm der Winterwind noch nicht genommen hat, wenn<lb/>
ich wieder komm und ſetz mich neben ihn auf die Mauer<lb/>
und ſchwindelt mir nicht; ach welch Vergnügen zu<lb/>
klettern, wie entzückend die kecke Jugend! — wenn<lb/>
ich auch manchmal mit geſchundnem Knie, wie heut,<lb/>
oder aufgeriſſnem Arm heimkomm, das fühl ich gar<lb/>
nicht, ja wenn mir recht iſt, freuts mich gar! — Werd<lb/>
hart, ſagte der Schmidt im Wald, und ſchlug das glü¬<lb/>
hende Eiſen auf dem Ambos, das hörte der Thüringer<lb/>
Landgraf und ward hart wie Eiſen. — Werd hart rief<lb/>
ich heut auf der gefährlichen Mauer von der ich hin¬<lb/>
abglitt, weil ich nicht anders hinunter kommen konnte,<lb/>
und da hat mirs auch gar nicht weh gethan. Werd<lb/>
hart, ſagt ich wie ich zur Meline ins Zimmer eintrat,<lb/>
die gar erſchrecken wollt als ſie die Blutſpuren an mei¬<lb/>
nen Kleidern ſah, ich mußte leiden daß ſie mich ein<lb/><fwplace="bottom"type="sig">4**<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[81/0095]
die bald einbrechen bald Himmelan ſteigen, bis zum
Wall vom alten zerfallnen Feſtungsſchloß oben auf dem
Berg — über Löcher und Hecken wo nur Kühnheit und
Leichtſinn ſich hin wagen, und nicht eine menſchliche
Erſcheinung in der Weite umher; — ſo recht allein und
laut hallend kann ich mit ihr ſprechen, es hörts keiner,
und jetzt wo ich bekannt ſchon bin, nickt jeder Strauch
mich freundlich an mit den paar braunen Blättern, die
ihm der Winterwind noch nicht genommen hat, wenn
ich wieder komm und ſetz mich neben ihn auf die Mauer
und ſchwindelt mir nicht; ach welch Vergnügen zu
klettern, wie entzückend die kecke Jugend! — wenn
ich auch manchmal mit geſchundnem Knie, wie heut,
oder aufgeriſſnem Arm heimkomm, das fühl ich gar
nicht, ja wenn mir recht iſt, freuts mich gar! — Werd
hart, ſagte der Schmidt im Wald, und ſchlug das glü¬
hende Eiſen auf dem Ambos, das hörte der Thüringer
Landgraf und ward hart wie Eiſen. — Werd hart rief
ich heut auf der gefährlichen Mauer von der ich hin¬
abglitt, weil ich nicht anders hinunter kommen konnte,
und da hat mirs auch gar nicht weh gethan. Werd
hart, ſagt ich wie ich zur Meline ins Zimmer eintrat,
die gar erſchrecken wollt als ſie die Blutſpuren an mei¬
nen Kleidern ſah, ich mußte leiden daß ſie mich ein
4**
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/95>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.