Anmuth auf dem Eis Schlittschuh laufen", ob das nicht lehren könnt, ohne Selbstverletzung eigner Würde, zwi¬ schen allen Verkehrtheiten mit leichter Grazie sich durch¬ winden; und ob ein wildes Roß bändigen, mit Kälte und Ruhe, nicht auch die Kraft in der Seele weckt den eignen Zorn zu bändigen, und mit Gelassenheit das Gute aus dem Bösen entwicklen in Andern, und zur Selbstbeherrschung in der Gefahr; oder auch eine rasche Flamme der Selbstbesonnenheit, mit der wir einen Entschluß fassen und freudig begrüßen das Hö¬ here, seis auch aus unmündigem Geist ersproßt; und nicht fort und fort die alte Schlangenhaut an¬ beten, die der Götterjüngling, der Genius der über den Zeiten schwebt, längst von sich schleuderte. Ja -- ob überhaupt dies freie Bewegen in der Natur, dies Üben aller Kräfte in ihren Reizungen, so wie es die Glieder ausbildet und stärkt, nicht auch die inneren Seelenkräfte stärkt daß sie zu hoch zu edel für diese erbärmliche Weltschule, der Scheere entwachsen die nicht mehr hinanreicht um sie zurecht zu stutzen; daß sie das kleinliche nicht mehr ertragen sondern übern Haufen stürzen. Eben so wie ich in der einsamen Na¬ tur keinen frage, soll oder soll ich nicht da hinüber sprin¬ gen, sondern mich auf den eignen Trieb verlasse; sollte
Anmuth auf dem Eis Schlittſchuh laufen“, ob das nicht lehren könnt, ohne Selbſtverletzung eigner Würde, zwi¬ ſchen allen Verkehrtheiten mit leichter Grazie ſich durch¬ winden; und ob ein wildes Roß bändigen, mit Kälte und Ruhe, nicht auch die Kraft in der Seele weckt den eignen Zorn zu bändigen, und mit Gelaſſenheit das Gute aus dem Böſen entwicklen in Andern, und zur Selbſtbeherrſchung in der Gefahr; oder auch eine raſche Flamme der Selbſtbeſonnenheit, mit der wir einen Entſchluß faſſen und freudig begrüßen das Hö¬ here, ſeis auch aus unmündigem Geiſt erſproßt; und nicht fort und fort die alte Schlangenhaut an¬ beten, die der Götterjüngling, der Genius der über den Zeiten ſchwebt, längſt von ſich ſchleuderte. Ja — ob überhaupt dies freie Bewegen in der Natur, dies Üben aller Kräfte in ihren Reizungen, ſo wie es die Glieder ausbildet und ſtärkt, nicht auch die inneren Seelenkräfte ſtärkt daß ſie zu hoch zu edel für dieſe erbärmliche Weltſchule, der Scheere entwachſen die nicht mehr hinanreicht um ſie zurecht zu ſtutzen; daß ſie das kleinliche nicht mehr ertragen ſondern übern Haufen ſtürzen. Eben ſo wie ich in der einſamen Na¬ tur keinen frage, ſoll oder ſoll ich nicht da hinüber ſprin¬ gen, ſondern mich auf den eignen Trieb verlaſſe; ſollte
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Anmuth auf dem Eis Schlittſchuh laufen“, ob das nicht
lehren könnt, ohne Selbſtverletzung eigner Würde, zwi¬
ſchen allen Verkehrtheiten mit leichter Grazie ſich durch¬
winden; und ob ein wildes Roß bändigen, mit Kälte
und Ruhe, nicht auch die Kraft in der Seele weckt den
eignen Zorn zu bändigen, und mit Gelaſſenheit das
Gute aus dem Böſen entwicklen in Andern, und
zur Selbſtbeherrſchung in der Gefahr; oder auch eine
raſche Flamme der Selbſtbeſonnenheit, mit der wir
einen Entſchluß faſſen und freudig begrüßen das Hö¬
here, ſeis auch aus unmündigem Geiſt erſproßt;
und nicht fort und fort die alte Schlangenhaut an¬
beten, die der Götterjüngling, der Genius der über
den Zeiten ſchwebt, längſt von ſich ſchleuderte. Ja
— ob überhaupt dies freie Bewegen in der Natur,
dies Üben aller Kräfte in ihren Reizungen, ſo wie
es die Glieder ausbildet und ſtärkt, nicht auch die
inneren Seelenkräfte ſtärkt daß ſie zu hoch zu edel für
dieſe erbärmliche Weltſchule, der Scheere entwachſen die
nicht mehr hinanreicht um ſie zurecht zu ſtutzen; daß
ſie das kleinliche nicht mehr ertragen ſondern übern
Haufen ſtürzen. Eben ſo wie ich in der einſamen Na¬
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gen, ſondern mich auf den eignen Trieb verlaſſe; ſollte
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/97>, abgerufen am 24.11.2024.
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