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Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

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tum & intimiorem Ecclesiae communionem nicht admittiret werden. Al-
lein das gute/ was an sich selber möglich ist/ das kömmt nicht allezeit zu
wercke/ und pfleget es hingegen wohl zu geschehen/ daß bey dem verfall der
äusserlichen kirchen die noch übrige kirchen-zucht offt gar am unrechten or-
the angewendet wird/ und eh über die frommen als über die bösen gehet.
Was den einwurff betrifft/ daß die entziehung von öffentlicher versamm-
lung und communion vielen zum ärgerniß und bey andern religions-ver-
wandten der Evangelischen kirchen zur beschimpffung gereichete/ so ist der
einwurf vom ärgerniß schon oben beantwortet/ daß es nemlich nur ein scan-
dalum acceptum
sey/ und daß durch eine gebührliche gute vorstellung der
sache von öffentlichen Predigern das daraus entstehende ärgerniß gar wol
könne verhütet werden. Was aber die beschimpffung unserer Evangelischen
kirche bey auswärtigen anlanget/ so entstehet dieselbe nicht daher/ wenn
dasjenige/ was ein öffentliches unrecht ist/ von uns öffentlich gestrafft und
von allen wahren gliedmassen der Evangelischen kirchen ihr mißfallen dar-
über offenbahrlich bezeuget wird; sondern daher erwächset vielmehr die be-
schimpffung/ wenn man das unrecht/ welches doch sonst schon fast
jederman siehet/ wieder die wahrheit und billigkeit noch beschönigen und
bedecken will. Was endlich auch möchte eingewendet werden/ daß man
gleich wol um der bösen willen das von CHristo eingesetzte heilige
Abendmahl nicht gäntzlich hindan setzen/ noch wider
Pauli er-
mahnung die Christliche versamlung verlassen/ noch GOtt dem
HErrn den schuldigen öffentlichen dienst entziehen solte/
abson-
derlich da unter denen communicanten und kirchen-gängern auch noch viele
fromme Christen wären/ von deren gemeinschafft man sich nicht zu entzie-
hen hätte: Dieses beantworte ich solcher gestalt/ daß ich dem einwurff in
thesi gerne recht und beyfall gebe/ in hypothesi aber habe ich unterschiedli-
ches zu regeriren. Erstlich bringet die entziehung von der öffentlichen com-
munion
so gar nicht mit sich/ daß ich um deßwillen das heilige Sacrament
gäntzlich hindan setzen müste/ sondern es stehet mir ja frey/ dasselbige priva-
tim
entweder allein/ wie ich zu Halle gethan/ oder auch mit andern mir be-
kanten frommen Christen durch den dienst eines ordentlichen kirchen-die-
ners nach eingeführter ordnung eben so wohl als publice zu halten; und
wiewohl man sagen möchte/ daß es besser wäre der communion in öffentli-
cher gemeinde beyzuwohnen/ so ist doch dieses von keiner solchen nothwen-
digkeit/ daß es nicht wegen erheblicher gewissens-beschwerde (welche auff
dieser seite mit unter die casus necessitatis zu referiren ist) auch ausser der
gemeine geschehen könte. Zweytens so wird auch durch solche entzie-

hung
K 2

tum & intimiorem Eccleſiæ communionem nicht admittiret werden. Al-
lein das gute/ was an ſich ſelber moͤglich iſt/ das koͤmmt nicht allezeit zu
wercke/ und pfleget es hingegen wohl zu geſchehen/ daß bey dem verfall der
aͤuſſerlichen kirchen die noch uͤbrige kirchen-zucht offt gar am unrechten or-
the angewendet wird/ und eh uͤber die frommen als uͤber die boͤſen gehet.
Was den einwurff betrifft/ daß die entziehung von oͤffentlicher verſamm-
lung und communion vielen zum aͤrgerniß und bey andern religions-ver-
wandten der Evangeliſchen kirchen zur beſchimpffung gereichete/ ſo iſt der
einwuꝛf vom aͤrgerniß ſchon oben beantwortet/ daß es nemlich nur ein ſcan-
dalum acceptum
ſey/ und daß durch eine gebuͤhrliche gute vorſtellung der
ſache von oͤffentlichen Predigern das daraus entſtehende aͤrgerniß gar wol
koͤnne verhuͤtet werden. Was aber die beſchimpffung unſerer Evangeliſchen
kirche bey auswaͤrtigen anlanget/ ſo entſtehet dieſelbe nicht daher/ wenn
dasjenige/ was ein oͤffentliches unrecht iſt/ von uns oͤffentlich geſtrafft und
von allen wahren gliedmaſſen der Evangeliſchen kirchen ihr mißfallen dar-
uͤber offenbahrlich bezeuget wird; ſondern daher erwaͤchſet vielmehr die be-
ſchimpffung/ wenn man das unrecht/ welches doch ſonſt ſchon faſt
jederman ſiehet/ wieder die wahrheit und billigkeit noch beſchoͤnigen und
bedecken will. Was endlich auch moͤchte eingewendet werden/ daß man
gleich wol um der boͤſen willen das von CHriſto eingeſetzte heilige
Abendmahl nicht gaͤntzlich hindan ſetzen/ noch wider
Pauli er-
mahnung die Chriſtliche verſamlung verlaſſen/ noch GOtt dem
HErrn den ſchuldigen oͤffentlichen dienſt entziehen ſolte/
abſon-
derlich da unter denen com̃unicanten und kirchen-gaͤngern auch noch viele
fromme Chriſten waͤren/ von deren gemeinſchafft man ſich nicht zu entzie-
hen haͤtte: Dieſes beantworte ich ſolcher geſtalt/ daß ich dem einwurff in
theſi gerne recht und beyfall gebe/ in hypotheſi aber habe ich unterſchiedli-
ches zu regeriren. Eꝛſtlich bꝛinget die entziehung von deꝛ oͤffentlichen com-
munion
ſo gar nicht mit ſich/ daß ich um deßwillen das heilige Sacrament
gaͤntzlich hindan ſetzen muͤſte/ ſondern es ſtehet mir ja frey/ daſſelbige priva-
tim
entweder allein/ wie ich zu Halle gethan/ oder auch mit andern mir be-
kanten frommen Chriſten durch den dienſt eines ordentlichen kirchen-die-
ners nach eingefuͤhrter ordnung eben ſo wohl als publicè zu halten; und
wiewohl man ſagen moͤchte/ daß es beſſer waͤre der communion in oͤffentli-
cher gemeinde beyzuwohnen/ ſo iſt doch dieſes von keiner ſolchen nothwen-
digkeit/ daß es nicht wegen erheblicher gewiſſens-beſchwerde (welche auff
dieſer ſeite mit unter die caſus neceſſitatis zu referiren iſt) auch auſſer der
gemeine geſchehen koͤnte. Zweytens ſo wird auch durch ſolche entzie-

hung
K 2
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[75/0076] tum & intimiorem Eccleſiæ communionem nicht admittiret werden. Al- lein das gute/ was an ſich ſelber moͤglich iſt/ das koͤmmt nicht allezeit zu wercke/ und pfleget es hingegen wohl zu geſchehen/ daß bey dem verfall der aͤuſſerlichen kirchen die noch uͤbrige kirchen-zucht offt gar am unrechten or- the angewendet wird/ und eh uͤber die frommen als uͤber die boͤſen gehet. Was den einwurff betrifft/ daß die entziehung von oͤffentlicher verſamm- lung und communion vielen zum aͤrgerniß und bey andern religions-ver- wandten der Evangeliſchen kirchen zur beſchimpffung gereichete/ ſo iſt der einwuꝛf vom aͤrgerniß ſchon oben beantwortet/ daß es nemlich nur ein ſcan- dalum acceptum ſey/ und daß durch eine gebuͤhrliche gute vorſtellung der ſache von oͤffentlichen Predigern das daraus entſtehende aͤrgerniß gar wol koͤnne verhuͤtet werden. Was aber die beſchimpffung unſerer Evangeliſchen kirche bey auswaͤrtigen anlanget/ ſo entſtehet dieſelbe nicht daher/ wenn dasjenige/ was ein oͤffentliches unrecht iſt/ von uns oͤffentlich geſtrafft und von allen wahren gliedmaſſen der Evangeliſchen kirchen ihr mißfallen dar- uͤber offenbahrlich bezeuget wird; ſondern daher erwaͤchſet vielmehr die be- ſchimpffung/ wenn man das unrecht/ welches doch ſonſt ſchon faſt jederman ſiehet/ wieder die wahrheit und billigkeit noch beſchoͤnigen und bedecken will. Was endlich auch moͤchte eingewendet werden/ daß man gleich wol um der boͤſen willen das von CHriſto eingeſetzte heilige Abendmahl nicht gaͤntzlich hindan ſetzen/ noch wider Pauli er- mahnung die Chriſtliche verſamlung verlaſſen/ noch GOtt dem HErrn den ſchuldigen oͤffentlichen dienſt entziehen ſolte/ abſon- derlich da unter denen com̃unicanten und kirchen-gaͤngern auch noch viele fromme Chriſten waͤren/ von deren gemeinſchafft man ſich nicht zu entzie- hen haͤtte: Dieſes beantworte ich ſolcher geſtalt/ daß ich dem einwurff in theſi gerne recht und beyfall gebe/ in hypotheſi aber habe ich unterſchiedli- ches zu regeriren. Eꝛſtlich bꝛinget die entziehung von deꝛ oͤffentlichen com- munion ſo gar nicht mit ſich/ daß ich um deßwillen das heilige Sacrament gaͤntzlich hindan ſetzen muͤſte/ ſondern es ſtehet mir ja frey/ daſſelbige priva- tim entweder allein/ wie ich zu Halle gethan/ oder auch mit andern mir be- kanten frommen Chriſten durch den dienſt eines ordentlichen kirchen-die- ners nach eingefuͤhrter ordnung eben ſo wohl als publicè zu halten; und wiewohl man ſagen moͤchte/ daß es beſſer waͤre der communion in oͤffentli- cher gemeinde beyzuwohnen/ ſo iſt doch dieſes von keiner ſolchen nothwen- digkeit/ daß es nicht wegen erheblicher gewiſſens-beſchwerde (welche auff dieſer ſeite mit unter die caſus neceſſitatis zu referiren iſt) auch auſſer der gemeine geſchehen koͤnte. Zweytens ſo wird auch durch ſolche entzie- hung K 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/76>, abgerufen am 21.11.2024.