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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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oder Zusätze.
[Spaltenumbruch] werden/ im Gebet und Vorbitte/ solche aus dem
Feuer zu rücken/ und/ wo keine Worte hinlan-
gen/ desto emsiger im Verborgenen bey dem
ewigen Liebhaber aller Menschen anzuhalten/
biß die allmächtige lebendigmachende Krafft
seines Geistes ihre Hertzen in die Enge treibe
und ihm gehorsam mache.

46 Eben dieses wünsche ich meines Orts
vor die Autores dieser Disputation und vor alle
ihres Gleichen mit Ernst zu thun/ wie mein Ge-
müthe fernerweit gegen selbige in erbarmen-
dem Mitleiden bleiben wird/ wie auch im Ver-
langen/ sie in Frieden und Liebe vor GOtt und
also von der Qvaal ihrer ungestümen Affecten
befreyet zu sehen.

47 Kein verständiges und erleuchtetes Ge-
müth wird leugnen/ daß ihre gantze Schrifft ein
übel-constituirtes verblendetes und natürlich
verderbtes auch von so vielen argen Paßionen
geplagtes Hertz anzeige. Dieser ihrer inwen-
digen Last und Unruhe werden sie nimmer-
mehr loß werden/ wo sie nicht von ihren Ver-
nunffts-Höhen herunter steigen/ in Busse um-
kehren/ und als einfältige Kinder dem Willen
GOttes gehorsam werden. Diß einige ist ih-
nen nöthig/ daß sie nemlich bloß und allein um
die würckliche Erlösung von ihrer eigenen Ver-
derbniß bekümmert seyn/ und nicht in einem
blossen Wahn und Satz vom Glauben beru-
hen/ sondern mit höchstem Ernst suchen/ die un-
endlichen Verheissungen GOttes in Christo
in der That zu geniessen.

48 Werden sie auff dieses einige Nothwen-
dige alle ihre Sorge/ Mühe/ Studia und Treue
richten/ so wird ihnen bald das Schul-Gezän-
cke und die falsch-berühinte Kunst ein Eckel
werden/ so daß sie alles vergessen/ und vor Koth
und Schaden achten gegen der lebendigen Er-
käntniß JEsu Christi.

49 Solten sie einmal nüchtern werden aus
ihrem ietzigen erschrecklichen Zustand/ so wür-
den sie mit Erstaunen gewahr werden/ wie
greulich der Geist dieser Welt seine elende
Sclaven zu qvälen pflege. Ja/ wie er sie auch
unter dem Schein des Eiffers bey ihrem natür-
lichen Ehrgeitz/ Hochmuth/ und daher entste-
henden Zorn/ Rachgier und Zanck-Sucht um-
treibe/ und ihnen keine friedliche und in GOtt
wahrhafftig-fröliche Stunde gönne. Wie
endlich die Begierden des Fleisches und die ver-
wirrten Bewegungen des Hertzens unter ein-
ander in der armen Seele streiten/ und den
Menschen 1000 mal mehr als alle Hencker pei-
nigen.

50 Sie würden so dann ihr voriges Elend
nicht genug bedauren und beklagen können/ da
sie die von GOtt bloß zu ihrer Bereitung auff
die Ewigkeit geschenckten Tage und Jahre mit
unnützen Neben-Dingen verderbet. Ja/ da
sie an statt der Göttlichen Liebe/ und daher ent-
stehenden seligsten Gemüths-Ruhe mit fal-
schem Eiffer/ Widerspruch/ Verdammung und
Beleidigung anderer Leute sich nur selbst ge-
schadet/ und eine rechte Hölle im Eigenwillen
und Eigen-Liebe geschmecket.

[Spaltenumbruch]

51 O ihr verkehrten und blinden Eifferer
insgesammt/ dencket daran/ wie euch vor dem
Feuer-Gerichte GOTTes nimmermehr ent-
schuldigen werde/ daß ihr viel Leute zu Ketzern
gemacht/ oder so viel 1000 Seelen verdammet
habet! Alldieweil bey auffgewachtem Gewis-
sen vor GOtt nichts gelten wird/ als eine neue
Creatur: Diese aber zu erlangen viel mehr
Zeit/ Krafft und Fleiß nöthig ist/ als daß man
etwas von diesen auff schädliche Disputir-
Sucht und Versündigung an GOTT und
Menschen wenden dürffe.

52 Darum eile ein ieder/ der noch klug ist
und sein eigen Wohlseyn liebet/ aus diesem
brennenden Feuer Sodoms/ worinne viel 100
Jahre her so manche arme Seele verdorben ist!
Es ist noch immer vor iederman eine offene
Thüre gegeben/ nemlich Busse und Glauben
an den HERRN JEsum/ dadurch man ins
Reich der Liebe/ des Friedes und der Freuden
auch noch in diesem Leben eingehen mag. Jst
iemand einfältig/ getreu und der Stimme des
allgemeinen Hirtensgehorsam/ so wird er auff-
hören zu sündigen/ und die hinterstellige Zeit
nicht den Lüsten und Gewonheiten des grösten
Hauffens/ sondern dem Willen GOttes leben.
Wobey ihm um Christi willen Ehre und
Schmach/ Annehmung und Verwerffung/
Schade und Nutzen gleich viel gehalten wird/
weil er ein unbeweglich Reich in sich selbst zur
Vergeltung der wenigen Verleugnung em-
pfänget.

53 Jst aber iemand weiter verstockt/ (wie
denn sonderlich von denen Schrifft gelehrten
und Phariseern zu besorgen ist/ Matth. XXI, 31.)
der wird sein Urtheil in seinem gebrandmahlten
Gewissen tragen/ und wird erfahren/ wie ihn
dennoch die Hand GOttes halte/ und seinen
Willen überwältigen werde auff uns unbe-
kandte wiewohl harte und unerträgliche Wei-
se: da denn die Vergeltung desto schwe-
rer fallen möchte/ ie mehr unschuldige See-
len durch die Verlästerung des ewigen
Raths GOTTes/ wie er in allen eröffnet
und vorgeleget wird/ abgehalten und geär-
gert worden.

54 Dahero möchte es auch vor diese Auto-
res
hohe Zeit seyn/ die alte sündliche Natur för-
derlichst abzulegen/ und von neuem gebohren zu
werden; wobey die überschwengliche Erbar-
mung GOttes an Rath und That in dero Her-
tzen nichts wird ermangeln lassen. Jch bin
gewiß/ daß der H. Geist nicht unterlässet in ih-
rem Gewissen ietzo auch/ da sie dieses lesen/ zu
zeugen und sie zu überführen/ daß diß der gute
Wille GOttes an sie sey. Folgen sie nun die-
sem allerseligsten Zug/ so wird sie die ewige Lie-
be ergreiffen/ erleuchten und zu andern Men-
schen machen/ die ihre Lebens-Zeit in dem Ge-
nuß des ewigen Lebens zubringen können.
Denn wer die Stimme Christi in seinem Her-
tzen höret/ wenn er anklopffet (Apoc. III. Jo-
han. X.
) und ihm folget/ dem gibt er alsobald
ewiges Leben/ weil er den Vater kennen lernet
und den er gesand hat/ JESUM CHri-
stum.

55 Zu

oder Zuſaͤtze.
[Spaltenumbruch] werden/ im Gebet und Vorbitte/ ſolche aus dem
Feuer zu ruͤcken/ und/ wo keine Worte hinlan-
gen/ deſto emſiger im Verborgenen bey dem
ewigen Liebhaber aller Menſchen anzuhalten/
biß die allmaͤchtige lebendigmachende Krafft
ſeines Geiſtes ihre Hertzen in die Enge treibe
und ihm gehorſam mache.

46 Eben dieſes wuͤnſche ich meines Orts
vor die Autores dieſer Diſputation und vor alle
ihres Gleichen mit Ernſt zu thun/ wie mein Ge-
muͤthe fernerweit gegen ſelbige in erbarmen-
dem Mitleiden bleiben wird/ wie auch im Ver-
langen/ ſie in Frieden und Liebe vor GOtt und
alſo von der Qvaal ihrer ungeſtuͤmen Affecten
befreyet zu ſehen.

47 Kein verſtaͤndiges und erleuchtetes Ge-
muͤth wird leugnen/ daß ihre gantze Schrifft ein
uͤbel-conſtituirtes verblendetes und natuͤrlich
verderbtes auch von ſo vielen argen Paßionen
geplagtes Hertz anzeige. Dieſer ihrer inwen-
digen Laſt und Unruhe werden ſie nimmer-
mehr loß werden/ wo ſie nicht von ihren Ver-
nunffts-Hoͤhen herunter ſteigen/ in Buſſe um-
kehren/ und als einfaͤltige Kinder dem Willen
GOttes gehorſam werden. Diß einige iſt ih-
nen noͤthig/ daß ſie nemlich bloß und allein um
die wuͤrckliche Erloͤſung von ihrer eigenen Ver-
derbniß bekuͤmmert ſeyn/ und nicht in einem
bloſſen Wahn und Satz vom Glauben beru-
hen/ ſondern mit hoͤchſtem Ernſt ſuchen/ die un-
endlichen Verheiſſungen GOttes in Chriſto
in der That zu genieſſen.

48 Werden ſie auff dieſes einige Nothwen-
dige alle ihre Sorge/ Muͤhe/ Studia und Treue
richten/ ſo wird ihnen bald das Schul-Gezaͤn-
cke und die falſch-beruͤhinte Kunſt ein Eckel
werden/ ſo daß ſie alles vergeſſen/ und vor Koth
und Schaden achten gegen der lebendigen Er-
kaͤntniß JEſu Chriſti.

49 Solten ſie einmal nuͤchtern werden aus
ihrem ietzigen erſchrecklichen Zuſtand/ ſo wuͤr-
den ſie mit Erſtaunen gewahr werden/ wie
greulich der Geiſt dieſer Welt ſeine elende
Sclaven zu qvaͤlen pflege. Ja/ wie er ſie auch
unter dem Schein des Eiffers bey ihrem natuͤr-
lichen Ehrgeitz/ Hochmuth/ und daher entſte-
henden Zorn/ Rachgier und Zanck-Sucht um-
treibe/ und ihnen keine friedliche und in GOtt
wahrhafftig-froͤliche Stunde goͤnne. Wie
endlich die Begierden des Fleiſches und die ver-
wirrten Bewegungen des Hertzens unter ein-
ander in der armen Seele ſtreiten/ und den
Menſchen 1000 mal mehr als alle Hencker pei-
nigen.

50 Sie wuͤrden ſo dann ihr voriges Elend
nicht genug bedauren und beklagen koͤnnen/ da
ſie die von GOtt bloß zu ihrer Bereitung auff
die Ewigkeit geſchenckten Tage und Jahre mit
unnuͤtzen Neben-Dingen verderbet. Ja/ da
ſie an ſtatt der Goͤttlichen Liebe/ und daher ent-
ſtehenden ſeligſten Gemuͤths-Ruhe mit fal-
ſchem Eiffer/ Widerſpruch/ Verdammung und
Beleidigung anderer Leute ſich nur ſelbſt ge-
ſchadet/ und eine rechte Hoͤlle im Eigenwillen
und Eigen-Liebe geſchmecket.

[Spaltenumbruch]

51 O ihr verkehrten und blinden Eifferer
insgeſammt/ dencket daran/ wie euch vor dem
Feuer-Gerichte GOTTes nimmermehr ent-
ſchuldigen werde/ daß ihr viel Leute zu Ketzern
gemacht/ oder ſo viel 1000 Seelen verdammet
habet! Alldieweil bey auffgewachtem Gewiſ-
ſen vor GOtt nichts gelten wird/ als eine neue
Creatur: Dieſe aber zu erlangen viel mehr
Zeit/ Krafft und Fleiß noͤthig iſt/ als daß man
etwas von dieſen auff ſchaͤdliche Diſputir-
Sucht und Verſuͤndigung an GOTT und
Menſchen wenden duͤrffe.

52 Darum eile ein ieder/ der noch klug iſt
und ſein eigen Wohlſeyn liebet/ aus dieſem
brennenden Feuer Sodoms/ worinne viel 100
Jahre heꝛ ſo manche arme Seele verdorben iſt!
Es iſt noch immer vor iederman eine offene
Thuͤre gegeben/ nemlich Buſſe und Glauben
an den HERRN JEſum/ dadurch man ins
Reich der Liebe/ des Friedes und der Freuden
auch noch in dieſem Leben eingehen mag. Jſt
iemand einfaͤltig/ getreu und der Stimme des
allgemeinen Hirtensgehorſam/ ſo wird er auff-
hoͤren zu ſuͤndigen/ und die hinterſtellige Zeit
nicht den Luͤſten und Gewonheiten des groͤſten
Hauffens/ ſondern dem Willen GOttes leben.
Wobey ihm um Chriſti willen Ehre und
Schmach/ Annehmung und Verwerffung/
Schade und Nutzen gleich viel gehalten wird/
weil er ein unbeweglich Reich in ſich ſelbſt zur
Vergeltung der wenigen Verleugnung em-
pfaͤnget.

53 Jſt aber iemand weiter verſtockt/ (wie
denn ſonderlich von denen Schrifft gelehrten
und Phariſeern zu beſorgen iſt/ Matth. XXI, 31.)
der wird ſein Urtheil in ſeinem gebrandmahlten
Gewiſſen tragen/ und wird erfahren/ wie ihn
dennoch die Hand GOttes halte/ und ſeinen
Willen uͤberwaͤltigen werde auff uns unbe-
kandte wiewohl harte und unertraͤgliche Wei-
ſe: da denn die Vergeltung deſto ſchwe-
rer fallen moͤchte/ ie mehr unſchuldige See-
len durch die Verlaͤſterung des ewigen
Raths GOTTes/ wie er in allen eroͤffnet
und vorgeleget wird/ abgehalten und geaͤr-
gert worden.

54 Dahero moͤchte es auch vor dieſe Auto-
res
hohe Zeit ſeyn/ die alte ſuͤndliche Natur foͤr-
derlichſt abzulegen/ und von neuem gebohren zu
werden; wobey die uͤberſchwengliche Erbar-
mung GOttes an Rath und That in dero Her-
tzen nichts wird ermangeln laſſen. Jch bin
gewiß/ daß der H. Geiſt nicht unterlaͤſſet in ih-
rem Gewiſſen ietzo auch/ da ſie dieſes leſen/ zu
zeugen und ſie zu uͤberfuͤhren/ daß diß der gute
Wille GOttes an ſie ſey. Folgen ſie nun die-
ſem allerſeligſten Zug/ ſo wird ſie die ewige Lie-
be ergreiffen/ erleuchten und zu andern Men-
ſchen machen/ die ihre Lebens-Zeit in dem Ge-
nuß des ewigen Lebens zubringen koͤnnen.
Denn wer die Stimme Chriſti in ſeinem Her-
tzen hoͤret/ wenn er anklopffet (Apoc. III. Jo-
han. X.
) und ihm folget/ dem gibt er alſobald
ewiges Leben/ weil er den Vater kennen lernet
und den er geſand hat/ JESUM CHri-
ſtum.

55 Zu
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[23/1179] oder Zuſaͤtze. werden/ im Gebet und Vorbitte/ ſolche aus dem Feuer zu ruͤcken/ und/ wo keine Worte hinlan- gen/ deſto emſiger im Verborgenen bey dem ewigen Liebhaber aller Menſchen anzuhalten/ biß die allmaͤchtige lebendigmachende Krafft ſeines Geiſtes ihre Hertzen in die Enge treibe und ihm gehorſam mache. 46 Eben dieſes wuͤnſche ich meines Orts vor die Autores dieſer Diſputation und vor alle ihres Gleichen mit Ernſt zu thun/ wie mein Ge- muͤthe fernerweit gegen ſelbige in erbarmen- dem Mitleiden bleiben wird/ wie auch im Ver- langen/ ſie in Frieden und Liebe vor GOtt und alſo von der Qvaal ihrer ungeſtuͤmen Affecten befreyet zu ſehen. 47 Kein verſtaͤndiges und erleuchtetes Ge- muͤth wird leugnen/ daß ihre gantze Schrifft ein uͤbel-conſtituirtes verblendetes und natuͤrlich verderbtes auch von ſo vielen argen Paßionen geplagtes Hertz anzeige. Dieſer ihrer inwen- digen Laſt und Unruhe werden ſie nimmer- mehr loß werden/ wo ſie nicht von ihren Ver- nunffts-Hoͤhen herunter ſteigen/ in Buſſe um- kehren/ und als einfaͤltige Kinder dem Willen GOttes gehorſam werden. Diß einige iſt ih- nen noͤthig/ daß ſie nemlich bloß und allein um die wuͤrckliche Erloͤſung von ihrer eigenen Ver- derbniß bekuͤmmert ſeyn/ und nicht in einem bloſſen Wahn und Satz vom Glauben beru- hen/ ſondern mit hoͤchſtem Ernſt ſuchen/ die un- endlichen Verheiſſungen GOttes in Chriſto in der That zu genieſſen. 48 Werden ſie auff dieſes einige Nothwen- dige alle ihre Sorge/ Muͤhe/ Studia und Treue richten/ ſo wird ihnen bald das Schul-Gezaͤn- cke und die falſch-beruͤhinte Kunſt ein Eckel werden/ ſo daß ſie alles vergeſſen/ und vor Koth und Schaden achten gegen der lebendigen Er- kaͤntniß JEſu Chriſti. 49 Solten ſie einmal nuͤchtern werden aus ihrem ietzigen erſchrecklichen Zuſtand/ ſo wuͤr- den ſie mit Erſtaunen gewahr werden/ wie greulich der Geiſt dieſer Welt ſeine elende Sclaven zu qvaͤlen pflege. Ja/ wie er ſie auch unter dem Schein des Eiffers bey ihrem natuͤr- lichen Ehrgeitz/ Hochmuth/ und daher entſte- henden Zorn/ Rachgier und Zanck-Sucht um- treibe/ und ihnen keine friedliche und in GOtt wahrhafftig-froͤliche Stunde goͤnne. Wie endlich die Begierden des Fleiſches und die ver- wirrten Bewegungen des Hertzens unter ein- ander in der armen Seele ſtreiten/ und den Menſchen 1000 mal mehr als alle Hencker pei- nigen. 50 Sie wuͤrden ſo dann ihr voriges Elend nicht genug bedauren und beklagen koͤnnen/ da ſie die von GOtt bloß zu ihrer Bereitung auff die Ewigkeit geſchenckten Tage und Jahre mit unnuͤtzen Neben-Dingen verderbet. Ja/ da ſie an ſtatt der Goͤttlichen Liebe/ und daher ent- ſtehenden ſeligſten Gemuͤths-Ruhe mit fal- ſchem Eiffer/ Widerſpruch/ Verdammung und Beleidigung anderer Leute ſich nur ſelbſt ge- ſchadet/ und eine rechte Hoͤlle im Eigenwillen und Eigen-Liebe geſchmecket. 51 O ihr verkehrten und blinden Eifferer insgeſammt/ dencket daran/ wie euch vor dem Feuer-Gerichte GOTTes nimmermehr ent- ſchuldigen werde/ daß ihr viel Leute zu Ketzern gemacht/ oder ſo viel 1000 Seelen verdammet habet! Alldieweil bey auffgewachtem Gewiſ- ſen vor GOtt nichts gelten wird/ als eine neue Creatur: Dieſe aber zu erlangen viel mehr Zeit/ Krafft und Fleiß noͤthig iſt/ als daß man etwas von dieſen auff ſchaͤdliche Diſputir- Sucht und Verſuͤndigung an GOTT und Menſchen wenden duͤrffe. 52 Darum eile ein ieder/ der noch klug iſt und ſein eigen Wohlſeyn liebet/ aus dieſem brennenden Feuer Sodoms/ worinne viel 100 Jahre heꝛ ſo manche arme Seele verdorben iſt! Es iſt noch immer vor iederman eine offene Thuͤre gegeben/ nemlich Buſſe und Glauben an den HERRN JEſum/ dadurch man ins Reich der Liebe/ des Friedes und der Freuden auch noch in dieſem Leben eingehen mag. Jſt iemand einfaͤltig/ getreu und der Stimme des allgemeinen Hirtensgehorſam/ ſo wird er auff- hoͤren zu ſuͤndigen/ und die hinterſtellige Zeit nicht den Luͤſten und Gewonheiten des groͤſten Hauffens/ ſondern dem Willen GOttes leben. Wobey ihm um Chriſti willen Ehre und Schmach/ Annehmung und Verwerffung/ Schade und Nutzen gleich viel gehalten wird/ weil er ein unbeweglich Reich in ſich ſelbſt zur Vergeltung der wenigen Verleugnung em- pfaͤnget. 53 Jſt aber iemand weiter verſtockt/ (wie denn ſonderlich von denen Schrifft gelehrten und Phariſeern zu beſorgen iſt/ Matth. XXI, 31.) der wird ſein Urtheil in ſeinem gebrandmahlten Gewiſſen tragen/ und wird erfahren/ wie ihn dennoch die Hand GOttes halte/ und ſeinen Willen uͤberwaͤltigen werde auff uns unbe- kandte wiewohl harte und unertraͤgliche Wei- ſe: da denn die Vergeltung deſto ſchwe- rer fallen moͤchte/ ie mehr unſchuldige See- len durch die Verlaͤſterung des ewigen Raths GOTTes/ wie er in allen eroͤffnet und vorgeleget wird/ abgehalten und geaͤr- gert worden. 54 Dahero moͤchte es auch vor dieſe Auto- res hohe Zeit ſeyn/ die alte ſuͤndliche Natur foͤr- derlichſt abzulegen/ und von neuem gebohren zu werden; wobey die uͤberſchwengliche Erbar- mung GOttes an Rath und That in dero Her- tzen nichts wird ermangeln laſſen. Jch bin gewiß/ daß der H. Geiſt nicht unterlaͤſſet in ih- rem Gewiſſen ietzo auch/ da ſie dieſes leſen/ zu zeugen und ſie zu uͤberfuͤhren/ daß diß der gute Wille GOttes an ſie ſey. Folgen ſie nun die- ſem allerſeligſten Zug/ ſo wird ſie die ewige Lie- be ergreiffen/ erleuchten und zu andern Men- ſchen machen/ die ihre Lebens-Zeit in dem Ge- nuß des ewigen Lebens zubringen koͤnnen. Denn wer die Stimme Chriſti in ſeinem Her- tzen hoͤret/ wenn er anklopffet (Apoc. III. Jo- han. X.) und ihm folget/ dem gibt er alſobald ewiges Leben/ weil er den Vater kennen lernet und den er geſand hat/ JESUM CHri- ſtum. 55 Zu

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/1179>, abgerufen am 22.12.2024.