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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Hermann Neuwald/ und Henrich Nicolai.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
Dantzig begeben/ allwo er erstlich Diaconus zu
S. Johannis/ hernach an der Pfarrkirchen/ und
zuletzt Pastor an der Catharinen kirchen wor-
den ist. Wovon seine leichpredigt/ die ihm
M. Michael Blankius anno 1628. gehalten/
(Leiptzig 1629) mit mehrern berichtet/ wie
auch Christophorus Hartknoch im 3. buch
der Preußischen kirchen-historie c. VIII. p. 8 12.

2. Er hat aber in diesem seinem amte einen
sehr grossen streit mit etlichen von seinen Colle-
gen,
und hernach mit vielen Theologis bekom-
men/ dessen anlaß und anfang sich also verhält.
Es will zwar D. AEgidius Strauch in seiner
Anfang
des streits
mit ihm.
Historia Ecclesiast. manuscripta sec. XVII.
p.
462. den ursprung dieser sache von Andreae
Osiandri
streitigkeit herfuhren/ weil Rathman-
nus anno
1624. sein buch wider D. Dietericum
dem D. Lucae Osiandro dediciret habe/ der alte
Andreas Osiander aber eben auch die innerliche
krafft des wortes nicht in dem geschriebenen
worte gesuchet/ sondern dasjenige dem selbstän-
digen wort CHristo zugeeignet/ was die Or-
thodox
en dem buchstaben zuschreiben. Dem
sey aber wie ihm wolle/ so können wir hier am
füglichsten denen genauen umständen/ die Hart-
knochius
angiebet/ nachfolgen/ die sich also ver-
halten.

3. Sobald D. Johann Corvinus, sonst Rabe
Von D.
Corvini

zanck
über
Arndts
schrifften/
genant/ anno 1618. Pfarrer zu S. Marien und
zugleich Doctor worden/ hat er nebst seinen con
sort
en mit M. Rathmannen/ Statio, Dilgero,
Blankio, Stolsio
und Richtern über Arndts
schrifften zustreiten angefangen/ und diesen
theuren Lehrer als einen ertz-ketzer verflucht und
verdammet/ wie bey Arnds historie gezeiget
worden. Bald darauff hat er mit M. Rath-
mannen insonderheit einen zanck angefangen/
nachdem er in predigten die Reformirten be-
schuldiget/ als ob sie lehrten/ daß der Chri-
sten kinder ohne erb-sunde geboren wür-
den:
Worüber ihm denn Rathmann auff des-
Und Rath-
manns
predigten.
sen begehren das gegentheil remonstriret/ die-
ses verdreust Corvinum so sehr/ daß er alsbald
auff Rathmannen loßfället/ und ihm beschul-
diget/ als hätte er geprediget/ man könte noch
hier in vollkommener heiligkeit der En-
gel einhergehen/
Item, daß er CHristum
das buch des lebens genennet/ und endlich
daß er den spruch aus Apoc. VII. 14. auff ein
Gottseliges leben gezogen. Das erste leugnete
Rathmann alsbald/ und berieff sich auff das
zeugniß der zuhörer/ das andre gestund und be-
wieß er aus Ezech. III. 3. und der antiquität. Jm
dritten punct erklärete er sich/ daß er den spruch
von der Christen gerechtigkeit offt öffentlich er-
kläret hätte. Unterdessen machet Corvinus
dem allen ungeacht ihn bey dem volck verhast
und verdächtig.

4. Bald darauff fänget Corvinus an wider
Arnds bücher erschrecklich zu fulminiren/ schal-
te ihn und seine vertheidiger vor ketzer/ Rosen-
creutzer/
und verhetzte seine zuhörer wider sie/
wie Hartknoch ausdrücklich p. 800. setzet.
Rathmann hingegen vertheidiget Arndten ne-
benst denen obengenanten/ und sonderlich in
der frage von dem gepredigten worte GOttes/
Dessen
vortrag
vom wort
GOttes.
da erzugleich ausführet/ was das bey dem Pro-
pheten heisse/ des HErrn wort geschahe zu
mir.
Nemlich daß es aus dem innern le-
bendigen wort
geschehen/ welches wunder-
[Spaltenumbruch] bar in ihren hertzen gewürckt hätte. Jm wor-Jahr
MDC.
biß
MDCC.

te GOttes sey im rechten gebrauch die
äusserliche schale nichts anders als die
rede/ die worte und die stimme/ darun-
ter wäre aber die innerliche krafft/ die
uns selig macht. Das innerliche käme im
rechten gebrauch nicht ohne das äusser-
liche/ nemlich ohne äusserliche rede/ wor-
te und stimme/ und wäre doch nicht die
äusserliche rede/ worte und stimme die
innerliche krafft. Demnach müste man
also das gepredigte wort hören/ daß
wirs beyder äusserlichen stimme/ rede/
wort/ buchstaben nicht bleiben liessen/
sondern ein wenig tieffer graben in die-
sen acker/ damit wir das perlein/ die in-
nerliche krafft ergreiffen/ und denn hät-
ten wir recht das wort GOttes em-
pfangen; wenn wir aber bey der äusserli-
chen rede/ stimme und wort blieben/ wür-
den wir dadurch nicht selig werden.

5. Hierüber fängt Corvinus abermal einCorvini
urtheil wi-
der Arnd-
ten.

hefftig dispüt an/ schreibet an viel Universitae-
ten/ und sonderlich nach Königsberg/ daß
Dantzig schon gantz voll Schwenckfel-
der und Rosencreutzer wäre.
Rath-
mann bittet solche nahmhafft zu machen/ kan
es aber nicht erhalten: Corvinus schilt unterdes-
sen öffentlich auf Arndten/ und spricht austrück-
lich: Der teuffel würde dem Arndten den
lohn geben.
Worauff der Rath durch ge-
wisse Commissarios den streit ein wenig stillet/
und verbeut/ Arndtens nicht mehr öffentlich zu
gedencken. Corvinus aber erklärt sich/ er wol-
te wider Arndten schreiben/ worauff M. Dil-
gerus anno
20. seine vertheidigung vor Arnd-
ten auff des Burgemeisters befehl drucken läs-
set: Hingegen haben auch die Wittenberger
M. Johannis Waltheri schrifft wider Arndten
damals nicht wollen publiciren lassen/ vid.
Hartknoch p.
802.

6. Der rechte anfang des RathmannischenHefftig-
keit gegen
Rathman-
nen.

streits aber ist anno 1621. gemacht worden/
da ihn Corvinus aus dem edirten büchlein vom
gnadenreiche CHristi
einen Calvinisten/
Chiliasten/ und Schwenckfelder genannt.
Corvinus heisset das buch auff der cantzel als-
bald eine lose charteque, darinne viel ketzereyen
wären/ schicket auch bald 11. fragen an viel
Universitaeten/ und schreibet/ es wären 7. Pre-
diger in Dantzig Rosencreutzer worden p. 807.
Unterdessen suchet nicht allein Rathmann/ daß
man erstlich den statum quaestionis recht formi-
r
en/ und so dann den ausspruch einer Universi-Und be-
gangenes
unrecht.

tät erwarten möchte/ sondern die Wittenbergi-
schen Theologi selbst antworten Corvino, er sol-
te die sache nicht unter die leute bringen/ biß
Rathmann gehöret und über dem buche confe-
rir
et worden. Nichts destoweniger hat Cor-
vini
anhang noch vor dieser erhaltenen antwort
ausgeschrieben/ Rathmann wäre greulicher
ketzereyen beschuldiget worden. Der RathAcademi-
sche censu-
ren.

schicket die schrifften und acta nach Königsberg/
Rostock/ Jena und Wittenberg. Diese ant-
worten meist wider Rathmannen/ Rostock
aber gar nichts/ wie auch Helmstädt. Rath-
mann beschweret sich über diese censuren/ daß
sie sein büchlein unrichtig tractiret/ wiederwer-
tige meinungen führeten/ auch falsche leh-
ren einschieben/ und andere unbillig verke-

tzern
A. K. H. Dritter Theil. P

Hermann Neuwald/ und Henrich Nicolai.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
Dantzig begeben/ allwo er erſtlich Diaconus zu
S. Johannis/ hernach an der Pfarrkirchen/ und
zuletzt Paſtor an der Catharinen kirchen wor-
den iſt. Wovon ſeine leichpredigt/ die ihm
M. Michaël Blankius anno 1628. gehalten/
(Leiptzig 1629) mit mehrern berichtet/ wie
auch Chriſtophorus Hartknoch im 3. buch
der Preußiſchen kirchen-hiſtorie c. VIII. p. 8 12.

2. Er hat aber in dieſem ſeinem amte einen
ſehr groſſen ſtreit mit etlichen von ſeinen Colle-
gen,
und hernach mit vielen Theologis bekom-
men/ deſſen anlaß und anfang ſich alſo verhaͤlt.
Es will zwar D. Ægidius Strauch in ſeiner
Anfang
des ſtreits
mit ihm.
Hiſtoria Eccleſiaſt. manuſcripta ſec. XVII.
p.
462. den urſprung dieſer ſache von Andreæ
Oſiandri
ſtreitigkeit herfuhren/ weil Rathman-
nus anno
1624. ſein buch wider D. Dietericum
dem D. Lucæ Oſiandro dediciret habe/ der alte
Andreas Oſiander aber eben auch die innerliche
krafft des wortes nicht in dem geſchriebenen
worte geſuchet/ ſondern dasjenige dem ſelbſtaͤn-
digen wort CHriſto zugeeignet/ was die Or-
thodox
en dem buchſtaben zuſchreiben. Dem
ſey aber wie ihm wolle/ ſo koͤnnen wir hier am
fuͤglichſten denen genauen umſtaͤnden/ die Hart-
knochius
angiebet/ nachfolgen/ die ſich alſo ver-
halten.

3. Sobald D. Johann Corvinus, ſonſt Rabe
Von D.
Corvini

zanck
uͤber
Arndts
ſchrifften/
genant/ anno 1618. Pfarrer zu S. Marien und
zugleich Doctor worden/ hat eꝛ nebſt ſeinen con
ſort
en mit M. Rathmannen/ Statio, Dilgero,
Blankio, Stolſio
und Richtern uͤber Arndts
ſchrifften zuſtreiten angefangen/ und dieſen
theuren Lehrer als einen ertz-ketzer verflucht und
verdammet/ wie bey Arnds hiſtorie gezeiget
worden. Bald darauff hat er mit M. Rath-
mannen inſonderheit einen zanck angefangen/
nachdem er in predigten die Reformirten be-
ſchuldiget/ als ob ſie lehrten/ daß der Chri-
ſten kinder ohne erb-ſunde geboren wuͤr-
den:
Woruͤber ihm denn Rathmann auff deſ-
Und Rath-
manns
predigten.
ſen begehren das gegentheil remonſtriret/ die-
ſes verdreuſt Corvinum ſo ſehr/ daß er alsbald
auff Rathmannen loßfaͤllet/ und ihm beſchul-
diget/ als haͤtte er geprediget/ man koͤnte noch
hier in vollkommener heiligkeit der En-
gel einhergehen/
Item, daß er CHriſtum
das buch des lebens genennet/ und endlich
daß er den ſpruch aus Apoc. VII. 14. auff ein
Gottſeliges leben gezogen. Das erſte leugnete
Rathmann alsbald/ und berieff ſich auff das
zeugniß der zuhoͤrer/ das andre geſtund und be-
wieß er aus Ezech. III. 3. und der antiquitaͤt. Jm
dritten punct erklaͤrete er ſich/ daß er den ſpruch
von der Chriſten gerechtigkeit offt oͤffentlich er-
klaͤret haͤtte. Unterdeſſen machet Corvinus
dem allen ungeacht ihn bey dem volck verhaſt
und verdaͤchtig.

4. Bald darauff faͤnget Corvinus an wider
Arnds buͤcher erſchrecklich zu fulminiren/ ſchal-
te ihn und ſeine vertheidiger vor ketzer/ Roſen-
creutzer/
und verhetzte ſeine zuhoͤrer wider ſie/
wie Hartknoch ausdruͤcklich p. 800. ſetzet.
Rathmann hingegen vertheidiget Arndten ne-
benſt denen obengenanten/ und ſonderlich in
der frage von dem gepredigten worte GOttes/
Deſſen
vortrag
vom wort
GOttes.
da erzugleich ausfuͤhret/ was das bey dem Pro-
pheten heiſſe/ des HErrn wort geſchahe zu
mir.
Nemlich daß es aus dem innern le-
bendigen wort
geſchehen/ welches wunder-
[Spaltenumbruch] bar in ihren hertzen gewuͤrckt haͤtte. Jm wor-Jahr
MDC.
biß
MDCC.

te GOttes ſey im rechten gebrauch die
aͤuſſerliche ſchale nichts anders als die
rede/ die worte und die ſtimme/ darun-
ter waͤre aber die innerliche krafft/ die
uns ſelig macht. Das innerliche kaͤme im
rechten gebrauch nicht ohne das aͤuſſer-
liche/ nemlich ohne aͤuſſerliche rede/ wor-
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aͤuſſerliche rede/ worte und ſtimme die
innerliche krafft. Demnach muͤſte man
alſo das gepredigte wort hoͤren/ daß
wirs beyder aͤuſſerlichen ſtimme/ rede/
wort/ buchſtaben nicht bleiben lieſſen/
ſondern ein wenig tieffer graben in die-
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ten wir recht das wort GOttes em-
pfangen; wenn wir aber bey der aͤuſſerli-
chen rede/ ſtimme und wort blieben/ wuͤr-
den wir dadurch nicht ſelig werden.

5. Hieruͤber faͤngt Corvinus abermal einCorvini
urtheil wi-
der Arnd-
ten.

hefftig diſpüt an/ ſchreibet an viel Univerſitæ-
ten/ und ſonderlich nach Koͤnigsberg/ daß
Dantzig ſchon gantz voll Schwenckfel-
der und Roſencreutzer waͤre.
Rath-
mann bittet ſolche nahmhafft zu machen/ kan
es aber nicht erhalten: Corvinus ſchilt unterdeſ-
ſen oͤffentlich auf Arndten/ und ſpricht austruͤck-
lich: Der teuffel wuͤrde dem Arndten den
lohn geben.
Worauff der Rath durch ge-
wiſſe Commiſſarios den ſtreit ein wenig ſtillet/
und verbeut/ Arndtens nicht mehr oͤffentlich zu
gedencken. Corvinus aber erklaͤrt ſich/ er wol-
te wider Arndten ſchreiben/ worauff M. Dil-
gerus anno
20. ſeine vertheidigung vor Arnd-
ten auff des Burgemeiſters befehl drucken laͤſ-
ſet: Hingegen haben auch die Wittenberger
M. Johannis Waltheri ſchrifft wider Arndten
damals nicht wollen publiciren laſſen/ vid.
Hartknoch p.
802.

6. Der rechte anfang des RathmanniſchenHefftig-
keit gegen
Rathman-
nen.

ſtreits aber iſt anno 1621. gemacht worden/
da ihn Corvinus aus dem edirten buͤchlein vom
gnadenreiche CHriſti
einen Calviniſten/
Chiliaſten/ und Schwenckfelder genannt.
Corvinus heiſſet das buch auff der cantzel als-
bald eine loſe charteque, darinne viel ketzereyen
waͤren/ ſchicket auch bald 11. fragen an viel
Univerſitæten/ und ſchreibet/ es waͤren 7. Pre-
diger in Dantzig Roſencreutzer worden p. 807.
Unterdeſſen ſuchet nicht allein Rathmann/ daß
man erſtlich den ſtatum quæſtionis recht formi-
r
en/ und ſo dann den ausſpruch einer Univerſi-Und be-
gangenes
unrecht.

taͤt erwarten moͤchte/ ſondern die Wittenbergi-
ſchen Theologi ſelbſt antworten Corvino, er ſol-
te die ſache nicht unter die leute bringen/ biß
Rathmann gehoͤret und uͤber dem buche confe-
rir
et worden. Nichts deſtoweniger hat Cor-
vini
anhang noch vor dieſer eꝛhaltenen antwort
ausgeſchrieben/ Rathmann waͤre greulicher
ketzereyen beſchuldiget worden. Der RathAcademi-
ſche cenſu-
ren.

ſchicket die ſchrifften und acta nach Koͤnigsberg/
Roſtock/ Jena und Wittenberg. Dieſe ant-
worten meiſt wider Rathmannen/ Roſtock
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mann beſchweret ſich uͤber dieſe cenſuren/ daß
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A. K. H. Dritter Theil. P
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[113/0125] Hermann Neuwald/ und Henrich Nicolai. Dantzig begeben/ allwo er erſtlich Diaconus zu S. Johannis/ hernach an der Pfarrkirchen/ und zuletzt Paſtor an der Catharinen kirchen wor- den iſt. Wovon ſeine leichpredigt/ die ihm M. Michaël Blankius anno 1628. gehalten/ (Leiptzig 1629) mit mehrern berichtet/ wie auch Chriſtophorus Hartknoch im 3. buch der Preußiſchen kirchen-hiſtorie c. VIII. p. 8 12. Jahr MDC. biß MDCC. 2. Er hat aber in dieſem ſeinem amte einen ſehr groſſen ſtreit mit etlichen von ſeinen Colle- gen, und hernach mit vielen Theologis bekom- men/ deſſen anlaß und anfang ſich alſo verhaͤlt. Es will zwar D. Ægidius Strauch in ſeiner Hiſtoria Eccleſiaſt. manuſcripta ſec. XVII. p. 462. den urſprung dieſer ſache von Andreæ Oſiandri ſtreitigkeit herfuhren/ weil Rathman- nus anno 1624. ſein buch wider D. Dietericum dem D. Lucæ Oſiandro dediciret habe/ der alte Andreas Oſiander aber eben auch die innerliche krafft des wortes nicht in dem geſchriebenen worte geſuchet/ ſondern dasjenige dem ſelbſtaͤn- digen wort CHriſto zugeeignet/ was die Or- thodoxen dem buchſtaben zuſchreiben. Dem ſey aber wie ihm wolle/ ſo koͤnnen wir hier am fuͤglichſten denen genauen umſtaͤnden/ die Hart- knochius angiebet/ nachfolgen/ die ſich alſo ver- halten. Anfang des ſtreits mit ihm. 3. Sobald D. Johann Corvinus, ſonſt Rabe genant/ anno 1618. Pfarrer zu S. Marien und zugleich Doctor worden/ hat eꝛ nebſt ſeinen con ſorten mit M. Rathmannen/ Statio, Dilgero, Blankio, Stolſio und Richtern uͤber Arndts ſchrifften zuſtreiten angefangen/ und dieſen theuren Lehrer als einen ertz-ketzer verflucht und verdammet/ wie bey Arnds hiſtorie gezeiget worden. Bald darauff hat er mit M. Rath- mannen inſonderheit einen zanck angefangen/ nachdem er in predigten die Reformirten be- ſchuldiget/ als ob ſie lehrten/ daß der Chri- ſten kinder ohne erb-ſunde geboren wuͤr- den: Woruͤber ihm denn Rathmann auff deſ- ſen begehren das gegentheil remonſtriret/ die- ſes verdreuſt Corvinum ſo ſehr/ daß er alsbald auff Rathmannen loßfaͤllet/ und ihm beſchul- diget/ als haͤtte er geprediget/ man koͤnte noch hier in vollkommener heiligkeit der En- gel einhergehen/ Item, daß er CHriſtum das buch des lebens genennet/ und endlich daß er den ſpruch aus Apoc. VII. 14. auff ein Gottſeliges leben gezogen. Das erſte leugnete Rathmann alsbald/ und berieff ſich auff das zeugniß der zuhoͤrer/ das andre geſtund und be- wieß er aus Ezech. III. 3. und der antiquitaͤt. Jm dritten punct erklaͤrete er ſich/ daß er den ſpruch von der Chriſten gerechtigkeit offt oͤffentlich er- klaͤret haͤtte. Unterdeſſen machet Corvinus dem allen ungeacht ihn bey dem volck verhaſt und verdaͤchtig. Von D. Corvini zanck uͤber Arndts ſchrifften/ Und Rath- manns predigten. 4. Bald darauff faͤnget Corvinus an wider Arnds buͤcher erſchrecklich zu fulminiren/ ſchal- te ihn und ſeine vertheidiger vor ketzer/ Roſen- creutzer/ und verhetzte ſeine zuhoͤrer wider ſie/ wie Hartknoch ausdruͤcklich p. 800. ſetzet. Rathmann hingegen vertheidiget Arndten ne- benſt denen obengenanten/ und ſonderlich in der frage von dem gepredigten worte GOttes/ da erzugleich ausfuͤhret/ was das bey dem Pro- pheten heiſſe/ des HErrn wort geſchahe zu mir. Nemlich daß es aus dem innern le- bendigen wort geſchehen/ welches wunder- bar in ihren hertzen gewuͤrckt haͤtte. Jm wor- te GOttes ſey im rechten gebrauch die aͤuſſerliche ſchale nichts anders als die rede/ die worte und die ſtimme/ darun- ter waͤre aber die innerliche krafft/ die uns ſelig macht. Das innerliche kaͤme im rechten gebrauch nicht ohne das aͤuſſer- liche/ nemlich ohne aͤuſſerliche rede/ wor- te und ſtimme/ und waͤre doch nicht die aͤuſſerliche rede/ worte und ſtimme die innerliche krafft. Demnach muͤſte man alſo das gepredigte wort hoͤren/ daß wirs beyder aͤuſſerlichen ſtimme/ rede/ wort/ buchſtaben nicht bleiben lieſſen/ ſondern ein wenig tieffer graben in die- ſen acker/ damit wir das perlein/ die in- nerliche krafft ergreiffen/ und denn haͤt- ten wir recht das wort GOttes em- pfangen; wenn wir aber bey der aͤuſſerli- chen rede/ ſtimme und wort blieben/ wuͤr- den wir dadurch nicht ſelig werden. Deſſen vortrag vom wort GOttes. 5. Hieruͤber faͤngt Corvinus abermal ein hefftig diſpüt an/ ſchreibet an viel Univerſitæ- ten/ und ſonderlich nach Koͤnigsberg/ daß Dantzig ſchon gantz voll Schwenckfel- der und Roſencreutzer waͤre. Rath- mann bittet ſolche nahmhafft zu machen/ kan es aber nicht erhalten: Corvinus ſchilt unterdeſ- ſen oͤffentlich auf Arndten/ und ſpricht austruͤck- lich: Der teuffel wuͤrde dem Arndten den lohn geben. Worauff der Rath durch ge- wiſſe Commiſſarios den ſtreit ein wenig ſtillet/ und verbeut/ Arndtens nicht mehr oͤffentlich zu gedencken. Corvinus aber erklaͤrt ſich/ er wol- te wider Arndten ſchreiben/ worauff M. Dil- gerus anno 20. ſeine vertheidigung vor Arnd- ten auff des Burgemeiſters befehl drucken laͤſ- ſet: Hingegen haben auch die Wittenberger M. Johannis Waltheri ſchrifft wider Arndten damals nicht wollen publiciren laſſen/ vid. Hartknoch p. 802. Corvini urtheil wi- der Arnd- ten. 6. Der rechte anfang des Rathmanniſchen ſtreits aber iſt anno 1621. gemacht worden/ da ihn Corvinus aus dem edirten buͤchlein vom gnadenreiche CHriſti einen Calviniſten/ Chiliaſten/ und Schwenckfelder genannt. Corvinus heiſſet das buch auff der cantzel als- bald eine loſe charteque, darinne viel ketzereyen waͤren/ ſchicket auch bald 11. fragen an viel Univerſitæten/ und ſchreibet/ es waͤren 7. Pre- diger in Dantzig Roſencreutzer worden p. 807. Unterdeſſen ſuchet nicht allein Rathmann/ daß man erſtlich den ſtatum quæſtionis recht formi- ren/ und ſo dann den ausſpruch einer Univerſi- taͤt erwarten moͤchte/ ſondern die Wittenbergi- ſchen Theologi ſelbſt antworten Corvino, er ſol- te die ſache nicht unter die leute bringen/ biß Rathmann gehoͤret und uͤber dem buche confe- riret worden. Nichts deſtoweniger hat Cor- vini anhang noch vor dieſer eꝛhaltenen antwort ausgeſchrieben/ Rathmann waͤre greulicher ketzereyen beſchuldiget worden. Der Rath ſchicket die ſchrifften und acta nach Koͤnigsberg/ Roſtock/ Jena und Wittenberg. Dieſe ant- worten meiſt wider Rathmannen/ Roſtock aber gar nichts/ wie auch Helmſtaͤdt. Rath- mann beſchweret ſich uͤber dieſe cenſuren/ daß ſie ſein buͤchlein unrichtig tractiret/ wiederwer- tige meinungen fuͤhreten/ auch falſche leh- ren einſchieben/ und andere unbillig verke- tzern Hefftig- keit gegen Rathman- nen. Und be- gangenes unrecht. Academi- ſche cenſu- ren. A. K. H. Dritter Theil. P

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/125>, abgerufen am 22.12.2024.