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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XXVII. Von denen gesichten Annä Vetterin.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
um sie herum/ und sie kunten das kind nicht mit
ihr gebären/ und musten mutter und kind sterben
und ewig verderben lassen; da gedacht ich/ ich
darff diß weib nicht so verderben lassen samt
dem kind/ und machte mich zu dem weib und
gebar mit ihr ein knäblein/ das brachte ich zu
GOtt; ich muste so grosse schmertzen leiden/ als
das weib in der geburt/ mit grossem geschrey;
GOtt sey gebenedeyet und hochgepreiset/ der
mir hat überwinden helffen/ es hat mein blut mit
gekostet; es ist diese geburt nichts anders als des
Sohns GOttes leiden und sterben/ da ich sei-
nem bild muß gleich werden/ sein spott und ge-
richt/ marter und pein/ ist wieder an mir völlig
vollbracht worden; Anspach ist wütend über
mir worden/ sie wissen nicht/ was sie thun/ sie
sind truncken/ ich fand sie so im wirthshauß der
welt. Dieß knäblein aber sind alle seelen der
menschen in der gantzen stadt zusammen verbun-
den/ in eines kindes gestalt mir vorgestellt/ das
hat oben aus dem hertzen müssen geboren wer-
den/ und nicht wie ein leibliches kind durch un-
ten aus der mutter brechen; diß hat eben aus
dem hertzen kommen müssen/ und hat die saure
arbeit mir das blut aus der rechte seiten gepreßt/
und ein Engel/ so im gesicht bey mir war/ der
sprach/ als ich darüber erschrack/ es müste also
seyn/ es würde bald besser werden. Meine toch-
ter/ so ich als ein verlohrnes kind mit meinem
mann gezeuget/ von seinem samen/ und das
knäblein aus dem schwangern weib ist eins; da
bin ich 27. wochen für sie in ketten und banden
gelegen/ biß ich sie beyde zu GOtt gebracht/ und
damit ich für die andern seelen der menschen/ so
das knäblein abgebildet/ desto eifriger betete/
muste mein eignes kind in das buch des lebens
so lange nicht geschrieben seyn/ biß ich über-
wunden und versöhnet; da kamen 2. Engel
vom himmel herab/ schrieben an meines kindes
wiegen; und da ich sie fragte was sie da mach-
ten/ antworteten sie/ sie thäten was sie wolten; da
wurde meine tochter und das knäblein wieder
in das buch des lebens geschrieben; diese beyde
sind nun des Testaments und abbundes anfang
und ende; da ich das knäblein geboren hatte/ ist
der drach/ der teuffel/ zornig über mich worden/
und schoß ein grosses wasser aus den wolcken
nach mir/ und wolte mich ersäuffen/ aber die
erde thät sich auff und verschlange den wasser-
strom; da stieg ich in den graben/ welcher dieß
wasser verschlung/ und schaute/ wie tieff er war;
und er reichte mir biß an die mitte des leibes/
da muste ich fliehen für dem drachen/ und wur-
den mir/ da ich zum fenster hinaus sahe/ viel fe-
dern und gantze flügel darunter gezeigt/ und
stunden etliche männer von Wedelsheim dabey/
die sprachen/ komme zu uns; da nahm ich ein
messer und schnitt die eiserne ketten entzwey/ und
flohe wahrhafftig dahin gen Wedelsheim/
5. meilen von Anspach; wenn ich nicht aus
dem weib das kind geboren hätte/ so
würde jetzt kein mensch mehr selig;
die vo-
rige erlösung hat ein ende/ dann das kind alle
menschen und die seelen aller menschen zu gleich/
so viel 1000. in einem einigen/ zusammen ver-
bunden/ ein knäblein. Freue dich du tochter
Zion/ Anspach/ die du dein kind geboren/
und keinen schmertzen empfunden; ich trete hier
die kelter alleine/ und ist niemand mit mir
gewesen; so wenig ein kind ohne blut sonsten kan
geboren werden/ so wenig auch diese getstliche ge-
burt; nun ist das kind genennet und heist die toch-
[Spaltenumbruch] ter Zion; so spricht der HErr HErr/ gehe hin undJahr
MDC.
biß
MDCC.

sage der tochter Zion/ siehe/ dein König kömmt zu
dir; in mir kömmt er schon zu dir/ ich kehre bey
dir ein und habe lust zu dir/ wiewol du ein
trunckener mann bist und in sünden toll und
voll; ich habe deinem wirth/ der dich gastieret
anno 1662. das kerbholtz lassen abschneiden/
da du soltest bezahlen das gantze gesetz/ und in
den ewigen kercker soltest geworffen werden. Du
elender mann/ du stadt Zion/ ich erbarmete mich
über dich/ und da du soltest verlohren werden/
nahm ich mich deiner hertzlich an/ hub an zu seuf-
tzen und zu weinen/ und deine sünde zu bekennen für
deinem richter JEsus CHristus/ daß er solte hin
gehen zu seinem Vater/ und uns wieder zu gna-
den annehmen und die sünde vergeben. Jch habe
dich/ du elendes Zion/ du in sünd gefallner armer
mann/ wieder erlöset von dem schwartzen hund/
dem teuffel/ ich bin für dich in seinen rachen ge-
steckt mit seel und leib/ auff daß ich wüste/ wo-
von ich dich erlöst hab/ ich habe alle deine schul-
den müssen auff mich nehmen/ biß du frey worde
bist; ich halff dir wieder zu recht/ und gebar aus
dir/ du tochter Zion/ dein kind/ und leide alle dei-
ne schmertzen/ und wasche deine kleider weiß/
wie wolle/ und stürtze die grosse sau von der ho-
hen stiegen/ die dich verklagt/ weil du bist in der
schuld gesteckt. Freue dich meiner/ ich habe sie
gestürtzt/ sie hat müssen fallen; und das kind/ das
sind alle seelen der menschen/ die in den him-
mel verzuckt worden/ ist bey GOTT dem
Vater und dem Sohn geschrieben in das
buch des lebens/ darüber ich für dem drachen
fliehen muste an meinen ort/ da ich solt er-
nehrt werden. Lobsinget/ lobsinget dem gros-
sen König in seinem thron in seiner heiligen
höhe. Ach daß es doch solte aller welt eröffnet
werden; und aller welt zungen JESUM
Christum preisen solten. O glori! O glori!
O herrlichkeit. O ewigkeit! O unbeschreibli-
che freuden werden die seelen haben in dem
schloß des himmels/ da GOTT der Vater
der Fürst ist/ und sein Sohn JEsus Chri-
stus ein König ewig/ und immer ewig/ deß
herrschafft ewig kein ende hat! O/ meine seele
erhebt den HErrn/ und mein geist freuet sich
in dem lebendigen GOTT; wo sind meine
gespielen/ wo sind die betrübten wittben und
reinen keuschen unbefleckten Jungfrauen? O
wie sind sie so dünne gesäet! Last sie zu mir kom-
men/ daß ich ihnen den Bräutigam zeige/ wo
er sich hält und wohnung sucht/ in dem gar-
ten bricht er die rosen ab/ und steckt neue fäch-
ser in dem garten ein. Sein wort last fliessen
und ausgebreitet werden. Hie ist der grosse
König/ kommet und sehet mich/ ärgert euch a-
ber nicht an mir/ daß ich so schwartz bin/ denn
die sonne hat mich so verbrandt; ich bin eine
hindin/ so durch die landdiebe zu boden gehetzet
ist/ allen menschen bin ich ein schauspiel wor-
den; Sie blecken die zähne über mich und
schreyen: Du narr/ du narr! So spricht der
HERR HERR von seiner heiligen Hö-
he/ diß volck heist mich einen narren/ und hat
doch meine gebot und rechte verlassen/ spricht
der grosse König. Jch will meine gebote gehal-
ten haben/ und meines gesetzes wercke gethan/
die dornenhecken und dürren bäume gehören
ins feuer; wo der glaube keine gute früchte
hat/ so ist der mensch lebendig todt; die hunde
müssen draussen bleiben/ ausgespeyet in die
finsternis/ da ewig heulen und zähnklappern

seyn

Th. III. C. XXVII. Von denen geſichten Annaͤ Vetterin.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
um ſie herum/ und ſie kunten das kind nicht mit
ihr gebaͤren/ und muſten mutteꝛ und kind ſterben
und ewig verderben laſſen; da gedacht ich/ ich
darff diß weib nicht ſo verderben laſſen ſamt
dem kind/ und machte mich zu dem weib und
gebar mit ihr ein knaͤblein/ das brachte ich zu
GOtt; ich muſte ſo groſſe ſchmertzen leiden/ als
das weib in der geburt/ mit groſſem geſchrey;
GOtt ſey gebenedeyet und hochgepreiſet/ der
mir hat uͤberwinden helffen/ es hat mein blut mit
gekoſtet; es iſt dieſe geburt nichts anders als des
Sohns GOttes leiden und ſterben/ da ich ſei-
nem bild muß gleich werden/ ſein ſpott und ge-
richt/ marter und pein/ iſt wieder an mir voͤllig
vollbracht worden; Anſpach iſt wuͤtend uͤber
mir worden/ ſie wiſſen nicht/ was ſie thun/ ſie
ſind truncken/ ich fand ſie ſo im wirthshauß der
welt. Dieß knaͤblein aber ſind alle ſeelen der
menſchen in der gantzen ſtadt zuſammen verbun-
den/ in eines kindes geſtalt mir vorgeſtellt/ das
hat oben aus dem hertzen muͤſſen geboren wer-
den/ und nicht wie ein leibliches kind durch un-
ten aus der mutter brechen; diß hat eben aus
dem hertzen kommen muͤſſen/ und hat die ſaure
arbeit mir das blut aus der rechtē ſeiten gepreßt/
und ein Engel/ ſo im geſicht bey mir war/ der
ſprach/ als ich daruͤber erſchrack/ es muͤſte alſo
ſeyn/ es wuͤrde bald beſſer werden. Meine toch-
ter/ ſo ich als ein verlohrnes kind mit meinem
mann gezeuget/ von ſeinem ſamen/ und das
knaͤblein aus dem ſchwangern weib iſt eins; da
bin ich 27. wochen fuͤr ſie in ketten und banden
gelegen/ biß ich ſie beyde zu GOtt gebracht/ und
damit ich fuͤr die andern ſeelen der menſchen/ ſo
das knaͤblein abgebildet/ deſto eifriger betete/
muſte mein eignes kind in das buch des lebens
ſo lange nicht geſchrieben ſeyn/ biß ich uͤber-
wunden und verſoͤhnet; da kamen 2. Engel
vom himmel herab/ ſchrieben an meines kindes
wiegen; und da ich ſie fragte was ſie da mach-
ten/ antwoꝛteten ſie/ ſie thaͤten was ſie wolten; da
wurde meine tochter und das knaͤblein wieder
in das buch des lebens geſchrieben; dieſe beyde
ſind nun des Teſtaments und abbundes anfang
und ende; da ich das knaͤblein geboren hatte/ iſt
der drach/ der teuffel/ zornig uͤber mich worden/
und ſchoß ein groſſes waſſer aus den wolcken
nach mir/ und wolte mich erſaͤuffen/ aber die
erde thaͤt ſich auff und verſchlange den waſſer-
ſtrom; da ſtieg ich in den graben/ welcher dieß
waſſer verſchlung/ und ſchaute/ wie tieff er war;
und er reichte mir biß an die mitte des leibes/
da muſte ich fliehen fuͤr dem drachen/ und wur-
den mir/ da ich zum fenſter hinaus ſahe/ viel fe-
dern und gantze fluͤgel darunter gezeigt/ und
ſtunden etliche maͤnner von Wedelsheim dabey/
die ſprachen/ komme zu uns; da nahm ich ein
meſſer und ſchnitt die eiſerne ketten entzwey/ und
flohe wahrhafftig dahin gen Wedelsheim/
5. meilen von Anſpach; wenn ich nicht aus
dem weib das kind geboren haͤtte/ ſo
wuͤrde jetzt kein menſch mehr ſelig;
die vo-
rige erloͤſung hat ein ende/ dann das kind alle
menſchen und die ſeelen aller menſchen zu gleich/
ſo viel 1000. in einem einigen/ zuſammen ver-
bunden/ ein knaͤblein. Freue dich du tochter
Zion/ Anſpach/ die du dein kind geboren/
und keinen ſchmertzen empfunden; ich trete hier
die kelter alleine/ und iſt niemand mit mir
geweſen; ſo wenig ein kind ohne blut ſonſten kan
geboren werden/ ſo wenig auch dieſe getſtliche ge-
burt; nun iſt das kind genennet uñ heiſt die toch-
[Spaltenumbruch] ter Zion; ſo ſpricht der HErꝛ HErꝛ/ gehe hin undJahr
MDC.
biß
MDCC.

ſage der tochter Zion/ ſiehe/ dein Koͤnig koͤm̃t zu
dir; in mir koͤmmt er ſchon zu dir/ ich kehre bey
dir ein und habe luſt zu dir/ wiewol du ein
trunckener mann biſt und in ſuͤnden toll und
voll; ich habe deinem wirth/ der dich gaſtieret
anno 1662. das kerbholtz laſſen abſchneiden/
da du ſolteſt bezahlen das gantze geſetz/ und in
den ewigen kercker ſolteſt geworffen werden. Du
elender mann/ du ſtadt Zion/ ich erbarmete mich
uͤber dich/ und da du ſolteſt verlohren werden/
nahm ich mich deiner heꝛtzlich an/ hub an zu ſeuf-
tzen und zu weinen/ uñ deine ſuͤnde zu bekeñen fuͤr
deinem richter JEſus CHriſtus/ daß er ſolte hin
gehen zu ſeinem Vater/ und uns wieder zu gna-
den annehmen und die ſuͤnde vergeben. Jch habe
dich/ du elendes Zion/ du in ſuͤnd gefallner armeꝛ
mann/ wieder erloͤſet von dem ſchwartzen hund/
dem teuffel/ ich bin fuͤr dich in ſeinen rachen ge-
ſteckt mit ſeel und leib/ auff daß ich wuͤſte/ wo-
von ich dich erloͤſt hab/ ich habe alle deine ſchul-
den muͤſſen auff mich nehmen/ biß du frey wordē
biſt; ich halff dir wieder zu recht/ und gebar aus
dir/ du tochter Zion/ dein kind/ und leide alle dei-
ne ſchmertzen/ und waſche deine kleider weiß/
wie wolle/ und ſtuͤrtze die groſſe ſau von der ho-
hen ſtiegen/ die dich verklagt/ weil du biſt in der
ſchuld geſteckt. Freue dich meiner/ ich habe ſie
geſtuͤrtzt/ ſie hat muͤſſen fallen; und das kind/ das
ſind alle ſeelen der menſchen/ die in den him-
mel verzuckt worden/ iſt bey GOTT dem
Vater und dem Sohn geſchrieben in das
buch des lebens/ daruͤber ich fuͤr dem drachen
fliehen muſte an meinen ort/ da ich ſolt er-
nehrt werden. Lobſinget/ lobſinget dem groſ-
ſen Koͤnig in ſeinem thron in ſeiner heiligen
hoͤhe. Ach daß es doch ſolte aller welt eroͤffnet
werden; und aller welt zungen JESUM
Chriſtum preiſen ſolten. O glori! O glori!
O herrlichkeit. O ewigkeit! O unbeſchreibli-
che freuden werden die ſeelen haben in dem
ſchloß des himmels/ da GOTT der Vater
der Fuͤrſt iſt/ und ſein Sohn JEſus Chri-
ſtus ein Koͤnig ewig/ und immer ewig/ deß
herrſchafft ewig kein ende hat! O/ meine ſeele
erhebt den HErrn/ und mein geiſt freuet ſich
in dem lebendigen GOTT; wo ſind meine
geſpielen/ wo ſind die betruͤbten wittben und
reinen keuſchen unbefleckten Jungfrauen? O
wie ſind ſie ſo duͤnne geſaͤet! Laſt ſie zu mir kom-
men/ daß ich ihnen den Braͤutigam zeige/ wo
er ſich haͤlt und wohnung ſucht/ in dem gar-
ten bricht er die roſen ab/ und ſteckt neue faͤch-
ſer in dem garten ein. Sein wort laſt flieſſen
und ausgebreitet werden. Hie iſt der groſſe
Koͤnig/ kommet und ſehet mich/ aͤrgert euch a-
ber nicht an mir/ daß ich ſo ſchwartz bin/ denn
die ſonne hat mich ſo verbrandt; ich bin eine
hindin/ ſo durch die landdiebe zu boden gehetzet
iſt/ allen menſchen bin ich ein ſchauſpiel wor-
den; Sie blecken die zaͤhne uͤber mich und
ſchreyen: Du narr/ du narr! So ſpricht der
HERR HERR von ſeiner heiligen Hoͤ-
he/ diß volck heiſt mich einen narren/ und hat
doch meine gebot und rechte verlaſſen/ ſpricht
der groſſe Koͤnig. Jch will meine gebote gehal-
ten haben/ und meines geſetzes wercke gethan/
die dornenhecken und duͤrren baͤume gehoͤren
ins feuer; wo der glaube keine gute fruͤchte
hat/ ſo iſt der menſch lebendig todt; die hunde
muͤſſen drauſſen bleiben/ ausgeſpeyet in die
finſternis/ da ewig heulen und zaͤhnklappern

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&#x017F;ind alle &#x017F;eelen der men&#x017F;chen/ die in den him-<lb/>
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[276/0288] Th. III. C. XXVII. Von denen geſichten Annaͤ Vetterin. um ſie herum/ und ſie kunten das kind nicht mit ihr gebaͤren/ und muſten mutteꝛ und kind ſterben und ewig verderben laſſen; da gedacht ich/ ich darff diß weib nicht ſo verderben laſſen ſamt dem kind/ und machte mich zu dem weib und gebar mit ihr ein knaͤblein/ das brachte ich zu GOtt; ich muſte ſo groſſe ſchmertzen leiden/ als das weib in der geburt/ mit groſſem geſchrey; GOtt ſey gebenedeyet und hochgepreiſet/ der mir hat uͤberwinden helffen/ es hat mein blut mit gekoſtet; es iſt dieſe geburt nichts anders als des Sohns GOttes leiden und ſterben/ da ich ſei- nem bild muß gleich werden/ ſein ſpott und ge- richt/ marter und pein/ iſt wieder an mir voͤllig vollbracht worden; Anſpach iſt wuͤtend uͤber mir worden/ ſie wiſſen nicht/ was ſie thun/ ſie ſind truncken/ ich fand ſie ſo im wirthshauß der welt. Dieß knaͤblein aber ſind alle ſeelen der menſchen in der gantzen ſtadt zuſammen verbun- den/ in eines kindes geſtalt mir vorgeſtellt/ das hat oben aus dem hertzen muͤſſen geboren wer- den/ und nicht wie ein leibliches kind durch un- ten aus der mutter brechen; diß hat eben aus dem hertzen kommen muͤſſen/ und hat die ſaure arbeit mir das blut aus der rechtē ſeiten gepreßt/ und ein Engel/ ſo im geſicht bey mir war/ der ſprach/ als ich daruͤber erſchrack/ es muͤſte alſo ſeyn/ es wuͤrde bald beſſer werden. Meine toch- ter/ ſo ich als ein verlohrnes kind mit meinem mann gezeuget/ von ſeinem ſamen/ und das knaͤblein aus dem ſchwangern weib iſt eins; da bin ich 27. wochen fuͤr ſie in ketten und banden gelegen/ biß ich ſie beyde zu GOtt gebracht/ und damit ich fuͤr die andern ſeelen der menſchen/ ſo das knaͤblein abgebildet/ deſto eifriger betete/ muſte mein eignes kind in das buch des lebens ſo lange nicht geſchrieben ſeyn/ biß ich uͤber- wunden und verſoͤhnet; da kamen 2. Engel vom himmel herab/ ſchrieben an meines kindes wiegen; und da ich ſie fragte was ſie da mach- ten/ antwoꝛteten ſie/ ſie thaͤten was ſie wolten; da wurde meine tochter und das knaͤblein wieder in das buch des lebens geſchrieben; dieſe beyde ſind nun des Teſtaments und abbundes anfang und ende; da ich das knaͤblein geboren hatte/ iſt der drach/ der teuffel/ zornig uͤber mich worden/ und ſchoß ein groſſes waſſer aus den wolcken nach mir/ und wolte mich erſaͤuffen/ aber die erde thaͤt ſich auff und verſchlange den waſſer- ſtrom; da ſtieg ich in den graben/ welcher dieß waſſer verſchlung/ und ſchaute/ wie tieff er war; und er reichte mir biß an die mitte des leibes/ da muſte ich fliehen fuͤr dem drachen/ und wur- den mir/ da ich zum fenſter hinaus ſahe/ viel fe- dern und gantze fluͤgel darunter gezeigt/ und ſtunden etliche maͤnner von Wedelsheim dabey/ die ſprachen/ komme zu uns; da nahm ich ein meſſer und ſchnitt die eiſerne ketten entzwey/ und flohe wahrhafftig dahin gen Wedelsheim/ 5. meilen von Anſpach; wenn ich nicht aus dem weib das kind geboren haͤtte/ ſo wuͤrde jetzt kein menſch mehr ſelig; die vo- rige erloͤſung hat ein ende/ dann das kind alle menſchen und die ſeelen aller menſchen zu gleich/ ſo viel 1000. in einem einigen/ zuſammen ver- bunden/ ein knaͤblein. Freue dich du tochter Zion/ Anſpach/ die du dein kind geboren/ und keinen ſchmertzen empfunden; ich trete hier die kelter alleine/ und iſt niemand mit mir geweſen; ſo wenig ein kind ohne blut ſonſten kan geboren werden/ ſo wenig auch dieſe getſtliche ge- burt; nun iſt das kind genennet uñ heiſt die toch- ter Zion; ſo ſpricht der HErꝛ HErꝛ/ gehe hin und ſage der tochter Zion/ ſiehe/ dein Koͤnig koͤm̃t zu dir; in mir koͤmmt er ſchon zu dir/ ich kehre bey dir ein und habe luſt zu dir/ wiewol du ein trunckener mann biſt und in ſuͤnden toll und voll; ich habe deinem wirth/ der dich gaſtieret anno 1662. das kerbholtz laſſen abſchneiden/ da du ſolteſt bezahlen das gantze geſetz/ und in den ewigen kercker ſolteſt geworffen werden. Du elender mann/ du ſtadt Zion/ ich erbarmete mich uͤber dich/ und da du ſolteſt verlohren werden/ nahm ich mich deiner heꝛtzlich an/ hub an zu ſeuf- tzen und zu weinen/ uñ deine ſuͤnde zu bekeñen fuͤr deinem richter JEſus CHriſtus/ daß er ſolte hin gehen zu ſeinem Vater/ und uns wieder zu gna- den annehmen und die ſuͤnde vergeben. Jch habe dich/ du elendes Zion/ du in ſuͤnd gefallner armeꝛ mann/ wieder erloͤſet von dem ſchwartzen hund/ dem teuffel/ ich bin fuͤr dich in ſeinen rachen ge- ſteckt mit ſeel und leib/ auff daß ich wuͤſte/ wo- von ich dich erloͤſt hab/ ich habe alle deine ſchul- den muͤſſen auff mich nehmen/ biß du frey wordē biſt; ich halff dir wieder zu recht/ und gebar aus dir/ du tochter Zion/ dein kind/ und leide alle dei- ne ſchmertzen/ und waſche deine kleider weiß/ wie wolle/ und ſtuͤrtze die groſſe ſau von der ho- hen ſtiegen/ die dich verklagt/ weil du biſt in der ſchuld geſteckt. Freue dich meiner/ ich habe ſie geſtuͤrtzt/ ſie hat muͤſſen fallen; und das kind/ das ſind alle ſeelen der menſchen/ die in den him- mel verzuckt worden/ iſt bey GOTT dem Vater und dem Sohn geſchrieben in das buch des lebens/ daruͤber ich fuͤr dem drachen fliehen muſte an meinen ort/ da ich ſolt er- nehrt werden. Lobſinget/ lobſinget dem groſ- ſen Koͤnig in ſeinem thron in ſeiner heiligen hoͤhe. Ach daß es doch ſolte aller welt eroͤffnet werden; und aller welt zungen JESUM Chriſtum preiſen ſolten. O glori! O glori! O herrlichkeit. O ewigkeit! O unbeſchreibli- che freuden werden die ſeelen haben in dem ſchloß des himmels/ da GOTT der Vater der Fuͤrſt iſt/ und ſein Sohn JEſus Chri- ſtus ein Koͤnig ewig/ und immer ewig/ deß herrſchafft ewig kein ende hat! O/ meine ſeele erhebt den HErrn/ und mein geiſt freuet ſich in dem lebendigen GOTT; wo ſind meine geſpielen/ wo ſind die betruͤbten wittben und reinen keuſchen unbefleckten Jungfrauen? O wie ſind ſie ſo duͤnne geſaͤet! Laſt ſie zu mir kom- men/ daß ich ihnen den Braͤutigam zeige/ wo er ſich haͤlt und wohnung ſucht/ in dem gar- ten bricht er die roſen ab/ und ſteckt neue faͤch- ſer in dem garten ein. Sein wort laſt flieſſen und ausgebreitet werden. Hie iſt der groſſe Koͤnig/ kommet und ſehet mich/ aͤrgert euch a- ber nicht an mir/ daß ich ſo ſchwartz bin/ denn die ſonne hat mich ſo verbrandt; ich bin eine hindin/ ſo durch die landdiebe zu boden gehetzet iſt/ allen menſchen bin ich ein ſchauſpiel wor- den; Sie blecken die zaͤhne uͤber mich und ſchreyen: Du narr/ du narr! So ſpricht der HERR HERR von ſeiner heiligen Hoͤ- he/ diß volck heiſt mich einen narren/ und hat doch meine gebot und rechte verlaſſen/ ſpricht der groſſe Koͤnig. Jch will meine gebote gehal- ten haben/ und meines geſetzes wercke gethan/ die dornenhecken und duͤrren baͤume gehoͤren ins feuer; wo der glaube keine gute fruͤchte hat/ ſo iſt der menſch lebendig todt; die hunde muͤſſen drauſſen bleiben/ ausgeſpeyet in die finſternis/ da ewig heulen und zaͤhnklappern ſeyn Jahr MDC. biß MDCC. Jahr MDC. biß MDCC.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/288>, abgerufen am 22.12.2024.